Leberschäden durch Übergewicht: Erste Therapie in Aussicht
Bei starkem Übergewicht kann sich Fett in der Leber ansammeln. Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von einer nicht-alkoholischen Fettleber – die weltweit häufigste chronische Lebererkrankung und Hauptursache für Lebertransplantationen. Abgesehen von Lebensstil-Änderungen gibt es keine Behandlung gegen die Fettleber. Ein amerikanisches Forschungsteam entdeckte nun einen vielversprechenden Ansatz zur Therapie.
Forschende des Cincinnati Children’s Hospital Medical Care (USA) entdeckten eine mögliche Behandlung zur Verhinderung von Leberschäden bei stark übergewichtigen Personen. Der Arbeitsgruppe zufolge kann sich das Lebergewebe durch die Fettablagerungen so verändern, dass es auto-aggressive Immunzellen anlockt, wodurch Leberschäden entstehen. Durch die Hemmung bestimmter genetischer Aktivitäten könnte dies verhindert werden. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Cell Metabolism“ vorgestellt.
Eingeschränkte Behandlungsoptionen bei Fettleber
Die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) wird in erster Linie durch verschiedene Methoden zur Gewichtskontrolle behandelt: Diät- und Bewegungsprogramme, Medikamente mit begrenztem Nutzen, bariatrische Chirurgie und ähnliches. Bei fortgeschrittener Fettleber können solche Maßnahmen oftmals nicht mehr helfen.
Auto-aggressive Zellen des Immunsystems zerstören die Leber
Lange war unklar, warum die Leber durch die Fettablagerungen zunehmend zerstört wird. Erst kürzlich zeigte eine weitere Studie im Fachjournal „Nature“, dass auto-aggressive Zellen des Immunsystems für die Zerstörung der Leber verantwortlich sind (siehe: Fettleber-Hepatitis: Killerzellen des eigenen Immunsystems zerstören die Leber).
Fettablagerungen in der Leber locken Immunzellen an
Dies bestätigte sich auch in der aktuellen Studie. Das Forschungsteam berichtet, dass durch übermäßige Fettablagerungen in der Leber die Mikroumgebung des Organs verändert werden kann. Durch die Veränderung werden hochspezifische Populationen von Immun-T-Zellen in die Leber gelockt. Diese sogenannten ihTh17-Zellen lösen dann übermäßige Entzündungen und lebensbedrohliche Leberschäden aus.
Übergewicht als direkter Auslöser identifiziert
Durch eine Reihe von Experimenten mit menschlichen Geweben sowie mit Zellen von Mäusen fand die Arbeitsgruppe heraus, dass eine vorliegende Adipositas zu einer übermäßigen Expression der Gene CXCL10 und CXCR3 führt. Diese abnorme Aktivität locke die Immunzellen vom Typ ihTh17 in die Leber, die dort Leberzellen wahllos zerstören. Die hierdurch entstehenden Entzündungsreaktionen locken weitere Immunzellen in das Organ.
Die Forschenden suchten nun nach Wegen, diesen Kreislauf der Zerstörung zu durchbrechen. Bei genveränderten Mäusen, bei denen die übermäßige Expression der CXCR3-Gene unterbunden wurde, entstanden deutlich weniger Leberschäden bei vorliegendem Übergewicht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leiten daraus ab, dass die Aktivität entlang des CXCR3-Wegs entscheidend für den Krankheitsprozess zu sein scheint.
Gleicher Mechanismus in menschlichen Leberzellen
Bei dem Abgleich an menschlichem Gewebe zeigte sich, dass viele Schlüsselgene und molekulare Aktivitäten, die bei den Mäusen identifiziert wurden, auch in menschlichen Leberzellen nachgewiesen werden konnten. „Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, dass ihTh17-Zellen eine wichtige Komponente in der komplexen Welt der NAFLD-Pathogenese darstellen“, bestätigt der korrespondierende Studienautor Senad Divanovic.
„Mehr darüber zu erfahren, wie die Funktion der ihTh17-Zellen und ihre Interaktion mit den Leberzellen und dem Immunsystem reguliert werden, könnte zu neuen Therapien führen, um die durch NAFLD verursachten Schäden zu reduzieren“, so Divanovic.
Therapie steckt noch in den Kinderschuhen
Die Forschenden halten es zwar für unwahrscheinlich, dass Gen-Manipulation beim Menschen in absehbarer Zeit eine akzeptable Behandlungsoption für Fettleber werden wird, dennoch gäbe es andere Wege, um die Aktivität der Gene zu blockieren. Medikamente, die dazu in der Lage sind, müssten vorher noch eingehender untersucht und in klinischen Studien getestet werden.
„Wenn wir die unerwünschten Entzündungsreaktionen, die mit NAFLD einhergehen, gezielt modulieren können, sind wir möglicherweise in der Lage, die Leberschäden zu lindern und das Überleben und die Gesundheit von Menschen mit NAFLD zu verbessern“, resümiert Divanovic. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Maria E.Moreno-Fernande, Daniel A.Gile, Jarren R.Oates, et al.: PKM2-dependent metabolic skewing of hepatic Th17 cells regulates pathogenesis of non-alcoholic fatty liver disease; in: Cell Metabolism, 2021, sciencedirect.com
- Cincinnati Children's Hospital Medical Care: Research reveals potential treatment to prevent obesity-driven liver damage (veröffentlicht: 17.05.2021), eurekalert.org
Wichtiger Hinweis:
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