Was tun bei Schnitten und Wunden?
Die Dermatologin Dr. Shilpi Khetarpal von der Cleveland Clinic erklärt nachfolgend, was zur Narbenbildung führt und wie verhindert werden kann, dass sich unschöne Narben auf der Haut bilden.
Was ist eine Narbe?
Narben entstehen durch das Zerreißen der Dermis, also der unteren Hautschicht, die reich an Kollagen ist. Durch jede Verletzung der Dermis ist es möglich, dass sich Narben bilden, betont die Expertin.
Verletzungen verändern die Haut
„Wenn wir eine Narbe oder eine Verletzung in unserer Haut haben, löst das eine Wundheilungsreaktion aus, die gerade genug Kollagen bilden kann, oder etwas weniger als ausreichend oder ein bisschen mehr“, so Dr. Khetarpal. Dies führt dazu, dass die Haut in diesem Bereich immer anders sein wird, als es die ursprüngliche Haut war.
Ältere Menschen anfälliger für Narbenbildung
Der Körper verliert mit zunehmendem Alter Kollagen. Dies bedeutet, dass ältere Menschen anfälliger für Narbenbildung sind als es bei Kindern der Fall ist. Die Wahrscheinlichkeit, ob eine Wunde letztendlich vernarbt, hängt auch davon ab, welcher Teil des Körpers betroffen ist und wie viel Blut zu ihm zirkuliert, erläutert die Medizinerin.
Stark durchblutete Bereiche heilen schneller
„Das Gesicht und die Kopfhaut heilen am schnellsten, weil sie am stärksten durchblutet sind, aber eine Schnittwunde am Fuß, die nicht so gut durchblutet ist, kann Wochen brauchen, um zu heilen“, so Dr. Khetarpal.
Was für Narben gibt es?
Die ideale Narbenbildung ist laut der Expertin lediglich minimal und leicht, wobei Narben grundsätzlich verschiedene Formen annehmen können. So gibt es:
- atrophische dellenartige Narben, welche beispielsweise durch Akne oder Windpocken entstehen, wenn die Haut nicht genug Kollagen regenerieren kann, um das ursprüngliche Gewebe zu ersetzen,
- hypertrophe Narben, die eher dick und häufig rötlich sind und im Bereich der ursprünglichen Verletzung auftreten,
- keloide Narben, welche sich als dicke Narben über die ursprüngliche Verletzung hinaus erstrecken und entstehen, wenn die Haut bei dem Versuch, sich selbst zu reparieren, zu viel Kollagen bildet.
Es gibt Menschen, welche eine genetische Veranlagung für keloide Narben aufweisen und beispielweise trete diese Form von Narben bei farbigen Menschen häufiger auf als bei anderen Bevölkerungsgruppen, fügt die Dermatologin hinzu.
Wie lässt sich die Bildung von Narben verhindern?
Was ist zu tun, wenn man sich geschnitten hat und die Bildung einer Narbe verhindern möchte? Dazu erklärt die Medizinerin, dass zunächst eine Entzündung oder ein weiteres Trauma für die Haut minimiert werden sollte, indem:
- die Wunde gereinigt wird, sobald eine Verletzung aufgetreten ist – betroffene Stellen sollten mit Wasser und Seife gesäubert werden, um so Bakterien zu entfernen und eine Infektion zu verhindern;
- die Narbe möglichst feucht und bedeckt gehalten werden – hierfür kann Vaseline verwendet werden, bevor die Wunde verbunden wird;
- Bewegung des betroffenen Bereichs minimiert wird, denn jede Bewegung wirkt sich negativ auf die Wundheilung aus, so dass die Narben breiter oder dicker ausfallen können – die Wunde sollte Zeit zum Heilen haben und der verletzte Bereich geschont werden;
- keinesfalls an dem entstandenen Schorf herumgekratzt wird, da diese Kruste quasi den natürlichen Verband der Haut darstellt – wird am Schorf gekratzt, verlängert sich dadurch die Verletzung und die Heilung wird erschwert (Baumwollhandschuhe können gegen Kratzen im Schlaf Abhilfe schaffen).
Verhindern Cremes und Salben Narben?
Sogenannte Silikon-Narbenfolien können helfen, neue Narben besser zu verhindern, allerdings nur, wenn sie in den ersten Wochen nach einer Verletzung verwendet werden. Es sei außerdem nicht nötig, dass spezielle, dafür vorgesehene Cremes auf die Narben aufgetragen werden, so Dr. Khetarpal. Denn es sei der Akt des Einmassierens dieser Creme (oder einer einfachen Feuchtigkeitscreme), der den größten Einfluss auf die Heilung haben kann.
Narben im ersten Jahr massieren
Nach Heilung der akuten Wunde hat es sich als hilfreich erwiesen, die Narbe täglich ein paar Minuten lang sanft zu massieren. „Dies hilft dabei, das Narbengewebe aufzubrechen, wenn die Narbe zu dick geworden ist“, erklärt die Dermatologin in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic.
Narben können verschiedene Phasen durchlaufen
Der vollständige Prozess des Narbenaufbaus dauere ein Jahr. Während dieser Zeit könne die Narbe verschiedene Phasen des Aussehens durchlaufen: röter oder dunkler, dicker oder strukturierter. Aber sobald die Ein-Jahres-Marke erreicht wurde, ist es laut der Medizinerin unwahrscheinlich, dass sich die Narbe von alleine stark verändert. Nach einem Jahr werden topische Medikamente nichts mehr bewirken, fügt die Expertin hinzu.
Darum ist frühzeitiges Eingreifen so wichtig
In der Vergangenheit wurde von betroffenen Menschen teilweise erklärt, sie sollten ihre Wunde zunächst ein Jahr heilen lassen und sich gegebenenfalls ärztlich beraten lassen, wenn das Ergebnis der Narbenbildung nicht zufriedenstellend ist. Dr. Khetarapal erklärt hierzu, dass diese Ratschläge nicht mehr zeitgemäß seien. DIe Heilung einer Narbe könne durch Fachleute besser beeinflusst werden, wenn diese sich eher früher als später einschalten.
Es sei tatsächlich möglich, durch frühes Eingreifen zu beeinflussen, wie eine Narbe heilt, anstatt darauf zu warten, dass sie heilt und dann zu versuchen, sie durch eine Behandlung zu optimieren. Bereits eine Woche nach einer erlittenen Verletzung (oder sobald die Fäden gezogen sind, falls vorhanden) können Möglichkeiten zur Minimierung der Narbe, wie beispielsweise Laser und Microneedling, eingesetzt werden. Diese lösen eine kontrollierte Wundreaktion aus und können das Erscheinungsbild von Narben um 50 bis 60 Prozent reduzieren, so die Dermatologin der Cleveland Clinic. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: How to Prevent Scarring (veröffentlicht 18.05.2021), Cleveland Clinic
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.