Risikofaktoren für frühe Darmkrebs-Entwicklung
Rund jede achte Krebserkrankung betrifft den Darm. Typischerweise sind vor allem ältere Menschen von Darmkrebs betroffenen – über die Hälfte der Erkrankten in Deutschland sind über 70 Jahre alt. Daten aus den USA, Kanada, Japan und Australien zeigen, dass bei immer mehr Menschen vor dem 50. Lebensjahr Darmkrebs diagnostiziert wird. In einer aktuellen Studie wurden nun erstmals nicht-genetische Risikofaktoren für das frühe Auftreten von Darmkrebs ermittelt.
Ein amerikanisches Forschungsteam analysierte anhand der Daten von über 60.000 Personen die größten nicht genetischen Risikofaktoren für die Entstehung von Darmkrebs. Dabei verglichen sie die Lebensstile von an Darmkrebs erkrankten Personen mit denen von gesunden Menschen. Besonderes Augenmerk wurde auf die frühe Entstehung der Krankheit gelegt. Insbesondere vier Faktoren vielen dabei deutlich ins Gewicht. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „JNCI Cancer Spectrum“ der Oxford University Press vorgestellt.
Starker Anstieg von Darmkrebs
In den USA hat sich das Auftreten von Darmkrebs im Frühstadium zwischen den Jahren 1992 und 2013 annähernd verdoppelt. Die Inzidenz stieg in diesem Zeitraum von 8,6 auf 13,1 Fälle pro 100.000 Einwohner. Einer von zehn Betroffenen ist unter 50 Jahre alt. Ein ähnlicher Anstieg wurde auch in Studien aus Kanada, Australien und Japan beobachtet, vor allem bei Menschen, die seit den 1960er Jahren geboren wurden.
Die Forschenden bezeichnen die Zunahme von Darmkrebs im Frühstadium bei Menschen unter 50 Jahren als „besorgniserregend“. Die Krankheit nimmt häufiger einen schlechten Verlauf, wenn sie bei jüngeren Menschen diagnostiziert wird.
Veränderte Ernährungsgewohnheiten
Ab den 1960er Jahren haben sich die Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen stark verändert. Der Verzehr von Obst und Gemüse ist im Allgemeinen zurückgegangen, gleichzeitig stieg seitdem der Verzehr von hochverarbeiteten Produkten wie Fleischerzeugnissen, Pizza, Fertiggerichten und gezuckerten Softdrinks. Gegenüber der früher gängigen Ernährungsweise ist diese Art der Ernährung geprägt durch eine niedrigere Zufuhr von Ballaststoffen, Folsäure und Kalzium.
Welche Lebensstil-Faktoren begünstigen Darmkrebs?
Wie sich die veränderte Ernährung sowie veränderte Lebensstile auf die Entstehung von Darmkrebs auswirken, haben die Forschenden in der aktuellen Studie untersucht. Hierfür verglichen sie die Daten von 3.767 Darmkrebs-Betroffenen unter 50 Jahren mit 4.049 Personen einer Kontrollgruppe. Darüber hinaus verglich das Team 23.437 Darmkrebsfälle von Personen über 50 Jahren mit den Daten von 35.311 älteren Menschen ohne Darmkrebs.
Aus früheren Forschungen ging bereits hervor, dass folgende Faktoren das Risiko für Darmkrebs erhöhen:
- hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch,
- geringer Verzehr von Gemüse und Zitrusfrüchten,
- hoher Body-Mass-Index (BMI),
- sitzende Lebensweise,
- hoher Alkoholkonsum,
- Rauchen,
- das Vorliegen einer Diabetes-Erkrankung.
Risikofaktoren für Darmkrebs unter 50 Jahren
In der aktuellen Studie wurden die bekannten Risikofaktoren erneut bestätigt. Darüber hinaus zeigte das Team, welche vier Risikofaktoren besonders stark mit der Entstehung von Darmkrebs vor dem 50. Lebensjahr verbunden sind:
- hoher Konsum von rotem Fleisch,
- niedriges Bildungsniveau,
- starker Alkoholkonsum,
- geringe Aufnahme von Ballaststoffen.
Mehrere andere Risikofaktoren waren mit dem frühen Auftreten von Darmkrebs verbunden, wenn auch schwächer. Dazu zählten beispielsweise eine Vorgeschichte von Diabetes sowie eine geringe Aufnahme von Folsäure und Kalzium.
Übergewicht und Rauchen nicht mit frühem Darmkrebs verbunden
Unerwarteterweise war weder das Rauchen noch ein hoher BMI mit dem Auftreten von Darmkrebs vor dem 50. Lebensjahr assoziiert. Diese Faktoren scheinen erst nach dem 50. Lebensjahr stärker ins Gewicht zu fallen.
Größte Studie über Risikofaktoren für frühen Darmkrebs
„Diese erste groß angelegte Studie zu nicht-genetischen Risikofaktoren für Darmkrebs im Frühstadium liefert die erste Grundlage für eine gezielte Identifizierung derjenigen, die am meisten gefährdet sind“, resümiert Forschungsleiter Richard Hayes. Die Kenntnis der Risikofaktoren seien unbedingt notwendig, um die steigende Belastung durch diese Krankheit zu mindern. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Alexi N Archambault, Yi Lin, Jihyoun Jeon, et al.: Nongenetic Determinants of Risk for Early-Onset Colorectal Cancer; in: JNCI Cancer Spectrum, 2021, academic.oup.com
- Oxford University Press: Red meat intake, poor education linked to colorectal cancer (veröffentlich: 20.05.2021), eurekalert.org
- Robert Koch-Institut: Darmkrebs - Krebsregisterdaten (Abruf: 20.05.2021), krebsdaten.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.