Forschung: Neue Viren- und Bakterienstämme entdeckt
Derzeit halten das Coronavirus SARS-CoV-2 und die durch das Virus ausgelöste Erkrankung COVID-19 die ganze Welt in Atem. Doch auch zahlreiche weitere Krankheitserreger können Infektionskrankheiten verursachen. Ein Forschungsteam hat nun Tausende neue Viren- und Bakterienstämme entdeckt.
Laut einer aktuellen Mitteilung hat eine gemeinsame Mikrobiom-Studie des Instituts für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik des Universitätsklinikums Tübingen und der Weill Cornell Graduate School in New York weltweit Tausende neue Bakterien und Viren entdeckt. Mit der Erforschung dieser Proben können die Forschenden, die dem internationalen MetaSUB-Konsortium angehören, antibiotikaresistente Stämme identifizieren und neue Medikamente entwickeln.
Proben aus U-Bahn-Stationen und Krankenhäusern
Im Rahmen der dreijährigen Studie entdeckten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des internationalen Konsortiums Metagonomics und Metadesign of Subways and Urban Biomes (MetaSUB) 10.928 Viren- und 748 Bakterienstämme, die noch in keiner Referenzdatenbank verzeichnet sind.
Das Forschungsteam um Daniela Bezdan (Universitätsklinikum Tübingen) und David Denko (Weill Cornell Graduate School New York) sammelte in 60 Städten 32 verschiedener Länder mehr als 5.000 Proben aus dicht besiedelten U-Bahn-Stationen, Bahnhöfen und Krankenhäusern, um diese durch Next-Generation Sequencing, einer Methode zur Sequenzierung von DNA, zu analysieren.
Mithilfe der erforschten Mikrobenproben, sogenannten Mikrobiomen, hoffen die Fachleute mehr über Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen zu erfahren, die unter den Menschen leben.
„Obwohl weitere Forschung notwendig ist, zeigen diese Daten den Wert und das Potenzial der Mikrobiomkartierung und -überwachung sowie die Erkenntnisse, die sie Ärzten, Wissenschaftlern und Beamten des öffentlichen Gesundheitswesens liefern können“, erläutert Daniela Bezdan.
Die Studienergebnisse wurden vor kurzem in der Fachzeitschrift „Cell“ publiziert. Eine ergänzende Publikation erschien im Fachjournal „Microbiome“.
Stadtspezifische Mischung aus seltenen Bakterien
Laut der Mitteilung ergab die groß angelegte Probenahme eine stadtspezifische Mischung aus seltenen Bakterienarten, die ein einzigartiges Mikrobiom bilden, das es den Forscherinnen und Forschern ermöglichte, mit etwa 90-prozentiger Genauigkeit vorherzusagen, wo eine Person lebt – nur durch Sequenzierung der DNA auf ihren Schuhen.
Es wurde festgestellt, dass viele Faktoren das Mikrobiom einer Stadt beeinflussen, darunter die Gesamtbevölkerung und Bevölkerungsdichte, die Höhenlage, die Nähe zum Meer sowie das Klima. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über diese unterschiedlichen Signaturen könnten zukünftige forensische Studien ermöglichen.
„Ein Mikrobiom enthält ein molekulares Echo des Ortes, an dem es gesammelt wurde. Eine Küstenprobe kann salzliebende Mikroben enthalten, während eine Probe aus einer dicht besiedelten Stadt eine auffallende Artenvielfalt aufweisen kann“, sagt Dr. Danko.
Identifikation von antibiotikaresistenten Stämmen
Den Forschenden zufolge können diese neuen Erkenntnisse zur Identifikation von antibiotikaresistenten Stämmen beitragen.
Die Vorhersage von Antibiotikaresistenzen allein aus genetischen Sequenzen ist eine Herausforderung, doch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren in der Lage, einige mit Resistenzen in Verbindung stehende Gene zu kartieren, ihre Häufigkeit zu bestimmen und ihre Fähigkeit zur Übertragung der Resistenzen zu bestätigen.
Dabei zeigte sich, dass einige Städte mehr Resistenzgene aufweisen als andere und es somit für einige dieser Gene stadtspezifische Signaturen gibt.
Weil viele der derzeitig verwendeten Antibiotika und Medikamente aus mikrobieller Quelle gewonnen werden, soll die Erforschung der von den Mikroben hergestellten Moleküle und Proteine dabei helfen, weitere Moleküle und neue Antibiotika zu entdecken. Diese haben laut den Fachleuten das Potenzial, zur Entwicklung neuer Medikamente als auch Laborwerkzeuge und -ansätze beizutragen.
Virenarten wie das Coronavirus SARS-CoV-2 konnten mit der DNA-Analysemethoden dieser Studie nicht erkannt werden. „In zukünftigen Studien“, so erklärt Daniela Bezdan aber, „werden wir neben der DNA auch die RNA untersuchen, um RNA-Viren wie SARS-CoV-2 in städtischen Umgebungen von mehr als 50 Ländern weltweit nachweisen zu können.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Tübingen: Internationale Studie entdeckt neue Viren- und Bakterienstämme, (Abruf: 29.05.2021), Universitätsklinikum Tübingen
- David Danko, Daniela Bezdan et. al.: A global metagenomic map of urban microbiomes and antimicrobial resistance; in: Cell, (veröffentlicht: 26.05.2021), Cell
- M. H. Y. Leung, X. Tong, K. O. Bøifot, D. Bezdan, et.al.: Characterization of the public transit air microbiome and resistome reveals geographical specificity; in: Microbiome, (veröffentlicht: 26.05.2021), Microbiome
Wichtiger Hinweis:
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