Corona-Pandemie: Beginn der nächsten große Impf-Etappe
Während bereits über 50 Millionen Impfdosen in Deutschland verspritzt wurden, warten Millionen Menschen noch auf einen Impftermin. Trotz Fortschritten bei der Durchimpfung müssen sich einige Personengruppen noch etwas gedulden. Ab 7. Juni wird die Impfkampagne ausgeweitet – dann wird die Priorisierung aufgehoben und alle Menschen ab 12 Jahren dürfen sich impfen lassen. Wie lange wird es dauern, bis alle durch sind? Fachleute geben eine Einschätzung.
Gut fünf Monate ist es her, dass die erste Spritze gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in Deutschland gesetzt wurde. Nach reichlich Ärger und Frust zu Beginn haben die Impfungen immer mehr Fahrt aufgenommen. Jetzt startet die nächste große Etappe: Am Montag, den 7. Juni 2021 fallen für Millionen Menschen Hindernisse weg, an begehrte Termine zu kommen. Dann endet die Priorisierung, die einen Vorrang für besonders gefährdete Gruppen sichern sollte. Zugleich wird das Impfnetz noch größer, und Beschäftigte können sich auch direkt über die Firma impfen lassen. Gesundheitsfachleute bitten trotzdem um etwas Geduld.
Was ändert sich ab Montag genau?
Am 7. Juni tritt eine geänderte Impfverordnung in Kraft, in der keine feste Reihenfolge nach „höchster“, „hoher“ und „erhöhter“ Priorität mehr steht. Im Entwurf hieß es erläuternd: „Ein Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 besteht für alle Personen, unabhängig von ihrem Alter, ihres Gesundheitszustandes sowie ihrer beruflichen Tätigkeit und eines damit zusammenhängenden signifikant erhöhten Risikos für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf.“ Die Länder können die Priorisierung für ihre regionalen Impfzentren zwar noch beibehalten, wenn sie wollen. In den Praxen ist sie aber passé. Und generell gilt: der Anspruch für alle besteht „im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe“.
Können sich ab Montag alle impfen lassen?
Theoretisch ja – doch für die allermeisten dürfte es noch Wochen bis zur Impfung dauern. Tatsächlich können sich nun aber alle um Termine bemühen, die dann über den Sommer hinweg eingetaktet werden sollen. Denn die Impfstoffmengen nehmen zwar zu, geliefert wird aber weiter nur nach und nach. Laut Prognosen der Hersteller sollen kommende Woche fast 2,6 Millionen Dosen des Präparats von Biontech/Pfizer an die Praxen gehen, dazu gut 300.000 von Astrazeneca und 514.000 von Johnson & Johnson. Daneben sollen die Impfzentren 2,5 Millionen Dosen bekommen. Die Öffnung für alle fällt allerdings in eine Phase, in der gerade sehr viele Zweitimpfungen mit dafür reservierten Dosen laufen.
Spahn: „Seien Sie im Zweifel sauer auf mich!“
Nach dem Start auf breiter Front nach Ostern sind 75.000 Haus- und Facharztpraxen dabei, darunter künftig auch etwa 2.000 Privatärzte. Schon vor der offiziellen Impf-Freigabe für alle gab es vielerorts großen Andrang und überlastete Praxisteams. Ärztinnen, Ärzte und Politik bitten daher um Nachsicht und Geduld. „Wenn Sie unbedingt sauer sein wollen, weil es vielleicht nicht gleich beim ersten Anruf klappt, dann seien Sie im Zweifel sauer auf mich“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Jeder wird geimpft werden, aber nicht sofort“, heißt es auch bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Praxen sollen nun täglich auch die Zahl der Geimpften unter 18 Jahre melden, neben denen, die über 60 sind.
Was ist mit Impfungen für Kinder?
Auch alle Kinder ab zwölf Jahren können sich nun impfen lassen. Das Biontech-Präparat ist dafür europaweit zugelassen. Doch es dürfte in Deutschland vorerst keine generelle Empfehlung dazu geben. Mitglieder der Ständigen Impfkommission (Stiko) hatten schon gesagt: Es fehlten noch Daten, um das Risiko von CIVUD-19 bei Kindern exakt gegen das mögliche Risiko einer Impfung abwägen zu können. Erwartet wird für die kommenden Tage aber eine eingeschränkte Empfehlung der Stiko – etwa erstmal für Kinder mit Vorerkrankungen.
Hängt der Schulbesuch nach den Sommerferien von einer Impfung ab?
Nein. Spahn betont, eine Impfung der Kinder solle eine individuelle Entscheidung der Betroffenen und ihrer Eltern und Ärzte sein. „Wir werden definitiv keine verpflichtenden Impfungen haben, auch nicht an Schulen oder Kindergärten.“ Als Kriterien für eine Impfentscheidung nannte der Minister Vorerkrankungen, die persönliche und familiäre Situation, und Risiken auf eine COVID-19-Infektion. Ziel ist, bis Ende August allen Kindern ab 12 Jahren Impfungen anzubieten.
Wie wollen die Betriebsärzte loslegen?
Für Beschäftigte sollen nun auch Impfungen in tausenden Unternehmen möglich sein. Mehr als 6.000 Betriebsärztinnen und -ärzte haben Impfstoff geordert, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. In der ersten Woche sollen sie 702.000 Dosen bekommen. Damit kämen nun „nicht mehr die Menschen zum Impfstoff, sondern der Impfstoff kommt zu den Menschen“, formulierte es der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Impfen lassen können sich so auch viele, die sich nicht extra um Termine kümmern wollen.
Wie schnell geht es nun mit der Immunität in Deutschland?
Bundesregierung und Robert Koch-Institut (RKI) erwarten, dass es noch Wochen dauert, bis so viele Menschen einen Immunschutz haben, dass die Corona-Beschränkungen weitgehend aufgehoben werden können. RKI-Präsident Lothar Wieler lobt den Impffortschritt. Doch er betont auch: „Um weitgehend auf Maßnahmen verzichten zu können, müssen aber mehr als 80 Prozent der Menschen in unserem Land einen Impf- oder Immunschutz haben – entweder durch eine vollständige Impfung oder durch eine Infektion plus Impfung.“ Und den vollen Impfschutz hat derzeit erst etwa jeder Fünfte. (vb/Quelle: Sascha Meyer und Basil Wegener, dpa)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Paul-Ehrlich-Institut: COVID-19-Impfstoffe (Abruf: 04.06.2021), pei.de
- Bundesministerium für Gesundheit: Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) (Stand: 01.06.2021), bundesanzeiger.de
- Kassenärztliche Bundesvereinigung: Impfzertifikate und Wegfall der Priorisierung: Was sich ab 7. Juni ändert - BMG veröffentlicht Coronavirus-Impfverordnung (veröffentlicht: 02.06.2021), kbv.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.