COVID-19-Therapie mit Genesenen-Plasma und Vitamin D?
Zwar wird bereits seit Beginn der Pandemie weltweit an wirksamen Medikamenten gegen die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Krankheit COVID-19 geforscht, doch ein wirklicher Durchbruch ist hier bislang nicht gelungen. Hoffnungen werden zum Teil in Behandlungen mit Blutplasma von Genesenen gesetzt. Auch die Gabe von Vitamin D wird als mögliche Hilfe bei der Therapie diskutiert. Doch neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass diese Therapieansätze wenig bis gar nicht wirksam sind.
Vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie wurden in zahlreichen Kliniken COVID-19-Erkrankte auch mit dem Blutplasma von wieder genesenen Corona-Patientinnen und -Patienten behandelt. Zudem wurde in Fachkreisen auch die Vitamin-D-Supplementierung als Therapieansatz diskutiert. Doch leider zeigen die systematischen Übersichtsarbeiten für beide Therapien wenig bis keine Wirksamkeit. Zur Plasmatherapie gibt es inzwischen belastbare Evidenz, während die Studienlage für Vitamin D derzeit noch sehr unsicher ist.
Suche nach wirksamen Therapien
Wie das Forschungsnetzwerk Cochrane in einer aktuellen Mitteilung schreibt, kommen die Impfungen gegen COVID-19 in vielen Ländern gut voran. Weniger erfreulich hingegen verläuft bisher die Suche nach wirksamen Therapien für COVID-19-Patientinnen und -Patienten.
Die Zahl von mehr oder minder plausiblen Ansätzen ist laut den Fachleuten schwer zu überschauen, die Ergebnisse aus mitunter wenig zuverlässigen Studien widersprechen sich oft.
Den Angaben zufolge hat sich das Evidenz-Ökosystem CEOsys, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierter Forschungsverbund von 20 deutschen Unikliniken, an dem auch Cochrane beteiligt ist, zum Ziel gesetzt, die Ergebnisse der stetig wachsenden Zahl von klinischen Studien zusammenzufassen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von CEOsys sichten und bewerten alle verfügbaren Studienergebnisse und erstellen engmaschig aktualisierte Evidenzsynthesen, die den aktuellen Stand der Forschung wiedergeben. Diese Evidenzsynthesen von CEOsys sind Grundlage für zahlreiche Empfehlungen der deutschen S3-Leitlinie für die stationäre Therapie von COVID-19.
Diese Arbeit aus CEOsys geht jetzt auch in eine Serie von voraussichtlich zehn Cochrane Reviews zu Ansätzen der COVID-19-Therapie ein, die in den kommenden Wochen erscheinen sollen. Den Anfang machen Reviews zu Rekonvaleszenten-Plasma sowie Vitamin D.
Rekonvaleszenten-Plasma
Zunächst erschien am 20. Mai die inzwischen vierte Aktualisierung des Cochrane Reviews zur Wirkung von sogenanntem Rekonvaleszenten-Plasma. Dabei handelt es sich um das Blutplasma von Spendenden, die von COVID-19 genesen sind.
Es enthält Antikörper gegen SARS-CoV-2 und könnte dem Immunsystem von kranken Empfängerinnen und Empfängern beim Kampf gegen das Virus helfen, so die Hoffnung. Allerdings bestätigt die im Review zusammengefasste Evidenz aus inzwischen neun randomisierten kontrollierten Studien von hoher Vertrauenswürdigkeit mit über 12.000 Teilnehmenden dies nicht:
„Es ist zwar bedauerlich, aber umso wichtiger zu wissen: Rekonvaleszenten-Plasma ist keine wirksame Therapie für Patienten die aufgrund der Schwere ihrer COVID-19 Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden“, erklärt die Hauptautorin des Reviews, Vanessa Piechotta von der Uniklinik Köln und Cochrane Haematology.
In einem Interview auf dem deutschsprachigen Cochrane-Blog „Wissen Was Wirkt“ sagt die Expertin aber auch: „Einen kompletten Schlussstrich können wir unter das Thema Plasma-Therapie noch nicht ziehen, denn wir müssen noch einige verbleibende Unsicherheiten klären.“
Vitamin-D-Supplementierung
Der ebenfalls von Cochrane Haematology erstellte neue Cochrane Review zur Wirksamkeit einer Vitamin-D-Supplementierung zur Behandlung von COVID-19 erschien am 24. Mai.
Der Ansatz beruht vor allem auf der Beobachtung, dass COVID-19-Erkrankte häufig geringe Vitamin-D-Spiegel aufweisen. Es ist jedoch umstritten, ob es sich dabei um einen ursächlichen Zusammenhang handelt.
Die Ergebnisse des aktuellen Reviews fallen weit weniger eindeutig aus. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass es derzeit keine ausreichende Evidenz gebe, um den Nutzen und Schaden einer Vitamin-D-Supplementierung zur Behandlung von COVID-19 zu bestimmen.
Allerdings fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Reihe von noch laufenden Studien, die schon bald eine bessere Beurteilung dieses Ansatz erlauben könnten. Diese werden dann in die schon bald geplanten Updates des Reviews eingehen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cochrane Deutschland: COVID-19-Therapie: Cochrane Reviews zu Rekonvaleszenten-Plasma und Vitamin D, (Abruf: 08.06.2021), Cochrane Deutschland
- Vanessa Piechotta, Claire Iannizzi, Khai Li Chai, Sarah J Valk, Catherine Kimber, Elena Dorando, Ina Monsef, Erica M Wood, Abigail A Lamikanra, David J Roberts, Zoe McQuilten, Cynthia So-Osman, Lise J Estcourt, Nicole Skoetz: Convalescent plasma or hyperimmune immunoglobulin for people with COVID‐19: a living systematic review; in: Cochrane Libary, (veröffentlicht: 20.05.2021), Cochrane Libary
- Cochrane Deutschland: Blog Wissen Was Wirkt: COVID-19-Therapie mit Rekonvaleszenten-Plasma: Keine Wirkung bei schwereren Verläufen, (Abruf: 08.06.2021), Wissen Was Wirkt
- Julia Kristin Stroehlein, Julia Wallqvist, Claire Iannizzi, Agata Mikolajewska, Maria-Inti Metzendorf, Carina Benstoem, Patrick Meybohm, Marie Becker, Nicole Skoetz, Miriam Stegemann, Vanessa Piechotta: Vitamin D supplementation for the treatment of COVID‐19: a living systematic review; in: Cochrane Libary, (veröffentlicht: 24.05.2021), Cochrane Libary
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.