Nebenwirkungen bei Glukokortikoiden abmildern
Cortison, beziehungsweise Glukokortikoide, gehören hierzulande zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Bei Autoimmunerkrankungen, Allergien und Entzündungen kann eine Behandlung mit Cortison regelrecht Wunder wirken. Doch so stark die Wirkung auch sein mag, fürchten viele Betroffene die ebenfalls starken Nebenwirkungen. Expertinnen und Experten fassen zusammen, wie unerwünschte Effekte bei der Einnahme von Cortison durch einfache Maßnahmen reduziert werden können.
Fachleute der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) berichten auf der gemeinsamen Online-Pressekonferenz am Mittwoch, den 16. Juni 2021, wie sich häufige Nebenwirkungen bei der Einnahme von Glukokortikoiden verringern lassen.
Aufklärung kann Nebenwirkungen reduzieren
„Mondgesicht“, Gewichtszunahme, Osteoporose und Thrombosen sind Beispiele für gefürchtete Nebenwirkungen bei der längeren Einnahme von Cortison. Wie die Expertinnen und Experten der Fachgesellschaften verdeutlichen,lassen sich viele dieser Nebenwirkungen abmildern. Voraussetzung dafür sei ein Grundwissen über die Abläufe rund um das Stresshormon Cortisol im Körper.
Cortison zählt zu den am häufigsten verordneten Medikamenten
Allein das bekannteste Cortison-Präparat eines Herstellers mit dem Wirkstoff Prednisolon lag mit rund 3,5 Millionen Verordnungen bei gesetzlich Krankenversicherten im Jahr 2019 auf Platz 24 der am häufigsten verordneten Medikamente in Deutschland. Prednisolon ist ein synthetisch hergestelltes Glukokortikoid, das dem körpereigenen Stress-Hormon Cortisol nachempfunden ist, welches in den Nebennieren gebildet wird.
Glukokortikoide wirken deutlich stärker als Cortisol
Abhängig von der Darreichungsform wirkt Prednisolon jedoch vier- bis fünfmal stärker als das natürliche Hormon. Das Glukokortikoid Dexamethason wirkt sogar bis zu 30-mal stärker. „Dies ist wichtig zu wissen, wenn man über diese Substanzgruppe spricht“, betont Professor Dr. med. Stephan Petersenn, der ab 1. Juli 2021 die Aufgabe des zukünftigen Mediensprechers der DGE übernimmt.
Über- und Unterversorgung erkennen
Ebenso wichtig sei die Kenntnis der Symptome sowohl einer Über- als auch Unterversorgung mit Glukokortikoiden. „Hier können wir viel von Krankheitsbildern lernen, die mit einer Erhöhung oder Verringerung des Cortisolspiegels einhergehen“, verdeutlicht Petersenn. Das sogenannte Cushing-Syndrom, das unter anderem zu dem gefürchteten Aufschwemmen des Körpers bei gleichzeitigem Muskelverlust führt, stehe beispielsweise mit einem Zuviel an Cortisol in Verbindung.
Ein Mangel an Cortisol, der beispielsweise Folge einer Schwächung der Nebennierenrinde sein kann, äußere sich häufig durch einen dramatischen Leistungsverlust, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Müdigkeit und das Gefühl von Unterzuckerung. „Diese mitunter drastischen Folgen für den Körper lehren uns, auch Über- und Unterversorgung mit Glukokortikoiden im Rahmen einer Therapie frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls gegenzusteuern“, unterstreicht Petersenn.
Cortisol hat einen eigenen Tagesrhythmus
Wichtig sei auch zu wissen, dass der Cortisolspiegel einen eigenen Tagesrhythmus hat. So ist er morgens am höchsten, bei Ruhe fällt der Spielgel und bei seelischem und körperlichen Stress steigt er an. „Sobald Patienten mit einem körpereigenen Mangel an Cortisol, beispielsweise Fieber und Gliederschmerzen bekommen, kann die Dosis zu niedrig sein“, so Petersenn. Betroffene, die länger Glukokortikoide einnehmen oder an einer Störung der Produktion leiden, sollten den Fachleuten zufolge deshalb genau über diese Symptome, aber auch das tägliche Auf und Ab dieses Hormons geschult werden.
So ließe sich das persönliche Befinden besser einordnen und gegebenenfalls könne so eine Unter- oder Überversorgung verhindert werden. „Eine große Hilfe bei der Schulung kann hier die Unterstützung durch speziell weitergebildete qualifizierte Endokrinologie-Assistenten DGE sein“, berichtet Petersenn. Die Weiterbildung wurde von der DGE zur Unterstützung der Arbeit von Endokrinologinnen und Endokrinologen entwickelt.
Bei Glukokortikoid-Therapie mit Vitamin D unterstützen
Ebenso raten die Fachleute den Ärztinnen und Ärzten dazu, eine Glukokortikoid-Therapie mit der Gabe von Vitamin D zu begleiten. „Dem Risiko, eine Osteoporose zu entwickeln, können wir mit einer täglichen Gabe von 1000 I.E. Vitamin D und je nach Situation mit zusätzlichen knochenschützenden Medikamenten begegnen“, sagt Petersenn.
Thrombosegefahr durch Gerinnungshemmer senken
„Der Thrombosegefahr lässt sich bei besonders gefährdeten Patienten mit einer klassischen Antikoagulations-Therapie vorbeugen“, fügt der baldige DGE-Pressesprecher hinzu. Unter einer Antikoagulations-Therapie versteht man die Hemmung der Blutgerinnung durch Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten.
Gute Kenntnis auf beiden Seiten kann Nebenwirkungen reduzieren
„Kenntnisreich und verantwortungsvoll angewendet, kann die Therapie mit Glukokortikoiden eine segensreiche und Lebens(qualität) rettende Maßnahme bei völlig verschiedenen Erkrankungen sein“, ergänzt der derzeitige DGE-Pressesprecher Professor Dr. med. Matthias Weber. Doch sowohl Angestellte im Gesundheitsbereich als auch Patinnen und Patienten müssen gut über die Bedingungen der Einnahme Bescheid wissen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Cortisontherapie: Von der Natur lernen und Nebenwirkungen verringern (veröffentlicht: 15.06.2021), deutsche-diabetes-gesellschaft.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.