Delta-Variante überschwemmt USA
Die sogenannte Delta-Variante von SARS-CoV-2 wird für den Wiederanstieg der COVID-19-Fälle in Großbritannien verantwortlich gemacht und auch in anderen Ländern steigt deren Anteil an den Infektionen. Der Mikrobiologe Dr. Daniel Rhoads von der Cleveland Clinic informiert über Virusmutationen und welche Gefahr von ihnen ausgeht.
Mutationen und neue Varianten sind keine Überraschung
Die spezielle Variante des COVID-19 verursachenden Virus ist auch in den Vereinigten Staaten auf dem Vormarsch, was nach Ansicht des Experten zwar besorgniserregend, aber nicht überraschend ist. Eine solche Entwicklung sei zu erwarten gewesen und bereits zuvor bei der Ausbreitung der sogenannten Alpha-Variante (B.1.1.7) war eine schnele Ausbreitung in den USA festzustellen. Die Alpha-Variante habe heute einen Anteil von rund 70 Prozent an den COVID-19-Fällen in den USA.
Was ist die Delta-Variante?
Neue Varianten von COVID-19 haben großen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie. Die Variante, welche jetzt auf der ganzen Welt für besondere Besorgnis sorgt, wird als Delta-Variante (B.1.617.2) bezeichnet. Sie ist infektiöser als die ursprüngliche SARS-CoV-2-Variante und wird aktuell zum Beispiel in Großbritannien für einen Anstieg der Erkrankungen verantwortlich gemacht. Der Stamm wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO als besorgniserregende Variante eingestuft, wobei davon ausgegangen wird, dass er bis zu 60 Prozent leichter zu übertragen ist, als der ursprüngliche Stamm von SARS-CoV-2.
Erste Daten deuten darauf hin, dass genau diese Variante eine große Rolle bei dem enormen Anstieg von Erkrankungen durch COVID-19 spielt. Außerdem gehen Fachleute davon aus, dass diese Variante auch zu den hohen Zahlen von Todesfällen in Indien im Frühjahr beigetragen haben könnte.
In den USA stuften die Centers for Disease Prevention and Control (CDC) die Delta-Variante kürzlich ebenfalls als eine besorgniserregende Variante ein, weil auch in den Vereinigten Staaten die Anzahl der Fälle immer weiter zunimmt. Im Mai waren noch 2,5 Prozent der Fälle in den USA auf die neue Variante zurückzuführen. Mitte Juni lag die Anzahl laut dem National Institute of Health aber schon bei mindestens sechs Prozent.
Mutationen von Viren sind normal
Die Vorstellung, dass ein Virus mutiert, mag zwar beängstigend klingen, sei aber eigentlich ganz normal, da Viren ständig mutieren, so der Experte. Dies treffe besonders auf Viren zu, welche RNA als genetisches Material enthalten, wie beispielsweise Coronaviren und Influenzaviren.
Alle Viren bestehen aus einem sogenannten Bündel von genetischem Material, entweder DNA oder RNA. Diese Bündel ist von einer schützenden Hülle aus Proteinen umhüllt. Wenn ein Virus in den menschlichen Körper gelangt, was normalerweise durch den Mund oder die Nase geschieht, setzt es sich an einer der Zellen im Körper fest. Daraufhin dringt DNA oder RNA des Virus in Zellen ein. Dort erschafft es Kopien von sich selbst, welche dann wiederum andere Zellen im Körper infizieren.
Wird das Virus nicht rechtzeitig vom Immunsystem vernichtet, kann es ausreichend Zellen infizieren, wodurch die betroffene Person krank wird. Es kann vorkommen, dass es bei dem oben genannten Kopiervorgang zu einem Fehler kommt. Dies wird dann als Mutation bezeichnet, erläutert der Fachmann.
Mutationen können Viren stärker oder schwächer machen
Die Mutationen fallen meist so klein aus, dass sie die Funktionsweise des Virus nicht wesentlich beeinflussen. In manchen Fällen machen sie das mutierte Virus sogar schwächer, so Dr. Rhoads. Ab und zu hilft eine solche Mutation aber leider auch dem Virus, sich selbst zu kopieren oder leichter in menschliche Zellen einzudringen.
„Wenn diese vorteilhaften genetischen Fehler bei der Replikation des Virus enthalten sind, werden sie weitergegeben und werden schließlich Teil des normalen Genoms des Virus”, erklärt der Experte. Solche Mutationen haben sich im Laufe der Zeit angehäuft, wodurch neue Varianten eines Virusstamms entstanden sind.
Am Anfang dieses Jahres gab es bereits Berichte über weitere SARS-Cov-2-Varianten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien, in verschiedenen Teilen der Welt immer dominanter wurden. Jede dieser Varianten wies ihre eigene Reihe von Mutationen auf, trotzdem fiel auf, dass alle ausnahmslos kleine Veränderungen an Teilen des Spike-Proteins aufwiesen, das dem Coronavirus hilft, sich an unsere Zellen zu heften.
„Das ist besorgniserregend, weil es bedeutet, dass sich das Virus leichter verbreiten könnte”, erläutert Dr. Rhoads in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic. Es sei allerdings schwer abzuschätzen, welchen Einfluss neue Varianten auf die Pandemie haben, da viele Faktoren dazu beitragen, wie schnell sich ein Virus ausbreitet – einschließlich des menschlichen Verhaltens.
Delta-Variante für fast 70 Prozent Erkrankungen verantwortlich
Die Alpha-Variante (B.1.1.7) ist nach Aussage des Experten so besorgniserregend, weil sie mittlerweile für fast 70 Prozent aller Erkrankungen in den USA verantwortlich ist. Die Variante aus Brasilien (P.1) mache indes nur elf Prozent der Fälle in den USA aus.
Pfizer Impfstoff hoch wirksam bei Delta-Variante
Es gebe aber auch positive Nachrichten: Eine Studie aus England zeigt beispielsweise, dass der Impfstoff von Pfizer immer noch hochwirksam (88 Prozent) gegen symptomatische Erkrankungen durch die Delta-Variante ist und erfreulicherweise können die neuen Varianten außerdem mit den aktuellen Tests nachgewiesen werden, so der Fachmann. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: What to Know About the Latest COVID-19 Variant and Other Coronavirus Mutations (veröffentlicht 22.06.2021), Cleveland Clinic
- Public Health England: Vaccines highly effective against B.1.617.2 variant after 2 doses (veröffentlicht 22.05.2021), Public Health England
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.