Neue Möglichkeiten zur Behandlung von COVID-19 in Aussicht
In einer aktuellen Untersuchung wurden 200 bereits zugelassene Arzneimittel identifiziert, welche voraussichtlich gegen COVID-19 wirksam sind. Von diesen Medikamenten werden derzeit aber lediglich 40 in klinischen Studien getestet. Einer Vielzahl an Optionen zur Behandlung von COVID-19 wird demnach bisher keine Beachtung geschenkt.
Durch eine Kombination aus computergestützter Biologie und maschinellem Lernen entwickelten Fachleute unter Beteiligung der international hoch anerkannten University of Cambridge eine umfassende Übersicht der Proteine, welche an der SARS-CoV-2-Infektion beteiligt sind. Diese bezog Proteine mit ein, welche dem Virus helfen, in die Wirtszelle einzudringen, und auch solche, die als Folge der Infektion entstehen. So konnten bereits bestehende Medikamente identifiziert werden, welche sich potenziell zur Behandlung von COVID-19 eignen. Die Ergebnisse der Untersuchung können in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Science Advances“ nachgelesen werden.
Knapp 2.000 Medikamente wurden untersucht
Das Team hat mit Hilfe von Computermodellen ein virtuelles Screening von fast 2.000 zugelassenen Medikamenten durchgeführt und dabei tatsächlich 200 Medikamente identifiziert, welche auch gegen COVID-19 wirksam sein könnten. Vierzig dieser Medikamente sind bereits in der klinischen Erprobung.
„Indem wir uns Tausende von Proteinen angesehen haben, die bei der SARS-CoV-2-Infektion eine Rolle spielen – sei es aktiv oder als Folge der Infektion – waren wir in der Lage, ein Netzwerk zu erstellen, welches die Beziehung zwischen diesen Proteinen aufdeckt“, erläutert Studienautor Professor Tony Kouzarides von der University of Cambridge. Durch die Untersuchung konnten Schlüsselproteine identifiziert werden, welche an der Infektion beteiligt sind, sowie biologische Pfade, die von Medikamenten angegriffen werden könnten.
Neue Waffen im Kampf gegen COVID-19
„Wir haben dann die neuesten Techniken des maschinellen Lernens und der Computermodellierung eingesetzt, um 200 zugelassene Medikamente zu identifizieren, die uns bei der Behandlung von COVID-19 helfen könnten. Von diesen waren 160 bisher nicht mit dieser Infektion in Verbindung gebracht worden. Dies könnte uns viele weitere Waffen für unser Arsenal geben, um das Virus zu bekämpfen“, fügt der Experte in einer Pressemitteilung der University of Cambridge hinzu.
Die Medikamente wurden schließlich durch eine sogenannte künstliche neuronale Netzwerkanalyse nach der übergeordneten Rolle ihrer Ziele bei der SARS-CoV-2-Infektion klassifiziert: Medikamente, welche auf die virale Replikation abzielen, und Arzneimittel, die auf die Immunantwort abzielen.
Sulfasalazin und Proguanil hervorzuheben
Dann nahmen die Fachleute eine Teilmenge der Medikamente, welche an der Virusreplikation beteiligt sind, und testeten sie mit Zelllinien, die von Menschen und nicht-menschlichen Primaten stammen. Besonders hervorzuheben seien dabei zwei Wirkstoffe: Sulfasalazin (zur Behandlung von Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn) und Proguanil (ein Malariamedikament), betonen die Forschenden.
Das Team konnte nachweisen, dass diese Wirkstoffe die Replikation von SARS-CoV-2 in den Zellen verringerten, was ihre Verwendung zur Vorbeugung einer Infektion oder zur Behandlung von COVID-19 möglich erscheinen lässt.
„Unsere Studie hat uns unerwartete Informationen über die Mechanismen geliefert, die COVID-19 zugrunde liegen, und hat uns einige vielversprechende Medikamente geliefert, die entweder zur Behandlung oder zur Verhinderung einer Infektion eingesetzt werden könnten. Nachdem wir einen datengesteuerten Ansatz verfolgten – im Wesentlichen erlaubten wir künstlich intelligenten Algorithmen, Datensätze abzufragen – haben wir dann unsere Ergebnisse im Labor validiert, was die Leistungsfähigkeit unseres Ansatzes bestätigt“, erklärt Studienautor Dr. Namshik Han von der University of Cambridge in einer Pressemitteilung.
Nutzen auch bei neuen SARS-CoV-2-Varianten
„Wir hoffen, dass diese Ressource an potenziellen Wirkstoffen die Entwicklung neuer Medikamente gegen COVID-19 beschleunigen wird (und) glauben, dass unser Ansatz nützlich sein wird, um schnell auf neue Varianten von SARS-CoV2 und andere neue Krankheitserreger zu reagieren, die zukünftige Pandemien auslösen könnten“, fügt der Fachmann hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Cambridge: Scientists identify 160 new drugs that could be repurposed against COVID-19 (veröffentlicht 30.06.2021), University of Cambridge
- Namshik Han, Woochang Hwang, Konstantinos Tzelepis, Patrick Schmerer, Eliza Yankova et al.: Identification of SARS-CoV-2–induced pathways reveals drug repurposing strategies, in Science Advances (veröffentlicht 30.06.2021), Science Advances
Wichtiger Hinweis:
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