Durchbruch bei der Behandlung von Hirntumoren?
In einer aktuellen Studie wurden bei Hirnkrebs erstmals lymphknotenartige Strukturen in der Nähe von Tumoren identifiziert, welche aktiviert werden können, wodurch diese anfangen den Tumor anzugreifen. Es ist bereits in einem Modell gelungen, durch eine Immuntherapie die Bildung dieser Strukturen zu verstärken.
Die neue Entdeckung von Forschenden unter Beteiligung von Fachleuten der Uppsala University (Schweden) deutet auf neue Möglichkeiten hin, durch welche die Anti-Tumor-Reaktion des Immunsystems reguliert werden können. Die entsprechende Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.
Warum sind Hirntumore so schwer zu behandeln?
Gliom ist die Bezeichnung für einen tödlichen Hirntumor. Ein Grund, warum diese Hirntumore generell sehr schwer zu behandeln sind, ist, dass das menschliche Immunsystem, welches speziell dafür ausgelegt ist, fremde Zellen einschließlich Krebszellen zu erkennen und zu zerstören, aufgrund von vorhandenen Barrieren, die das Gehirn umgebenen, die Stelle des Tumors nicht leicht erreichen kann, so das Team.
Um einen sich bereits entwickelnden Tumor zu bekämpfen, müssen zunächst sogenannte Killer-Immunzellen (beispielsweise T-Lymphozyten) in den Lymphknoten aktiviert und vorbereitet werden. Dann können sie zur Stelle des Tumors reisen und dort die vorhandenen Krebszellen effektiv abtöten, erläutern die Fachleute. Durch die Barrieren um das Gehirn werde es für die T-Lymphozyten oft schwierig, den Tumor zu erreichen.
Was sind tertiäre lymphoide Strukturen?
„Es war extrem aufregend, zum ersten Mal das Vorhandensein von lymphknotenähnlichen Strukturen bei Gliompatienten zu entdecken. Diese Strukturen sind als tertiäre lymphoide Strukturen (TLS) bekannt und werden bei gesunden Personen nicht gefunden. Sie besitzen alle Komponenten, die zur Unterstützung der Lymphozytenaktivierung vor Ort benötigt werden, was bedeutet, dass sie einen positiven Effekt auf die Anti-Tumor-Immunantwort haben könnten”, erläutert Studienautorin Alessandra Vaccaro von der Uppsala University in Schweden.
Immuntherapie induzierte Bildung von TLS
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die Bildung von TLS im Gehirn durch eine Art von Immuntherapie bei Gliom in sich tragenden Mäusen induziert werden kann. Wurden diese Tiere mit immunstimulierenden Antikörpern mit der Bezeichnung αCD40 behandelt, war dies mit einer verstärkten Bildung von TLS verbunden, die immer in der Nähe von Tumoren auftrat, so das Team.
„Die Erkenntnis, dass Immuntherapien die Bildung von tertiären lymphoiden Strukturen im Gehirn modulieren können, bietet spannende Möglichkeiten, neue Wege zur Regulierung der Anti-Tumor-Immunantwort bei Gliomen zu finden”, erklärt Studienleiterin Anna Dimberg, welche ebenfalls an der Uppsala University tätig ist, in einer Pressemitteilung.
Vielfältige Effekte einer αCD40-Therapie
αCD40 werde derzeit bereits in einer Reihe von klinischen Studien zur Behandlung von Hirntumoren untersucht, berichten die Forschenden. Bei der jetzt veröffentlichten Untersuchung wurde festgestellt, dass αCD40 zwar die TLS-Bildung ankurbelt, aber auch kontraproduktiv die tumortötende Fähigkeit der T-Lymphozyten hemmt. Die aktuelle Studie liefere damit bereits wichtige Erkenntnisse über die vielfältigen Effekte der αCD40-Therapie, fügt das Team hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Luuk van Hooren, Alessandra Vaccaro, Mohanraj Ramachandran, Konstantinos Vazaios, Sylwia Libard et al.: Agonistic CD40 therapy induces tertiary lymphoid structures but impairs responses to checkpoint blockade in glioma, in Nature Communications (veröffentlicht 05.07.2021), Nature Communications
- Uppsala University: Structures discovered in brain cancer patients can help fight tumors (veröffentlicht 05.07.2021), Uppsala University
Wichtiger Hinweis:
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