Was beeinflusst das Risiko für Alzheimer?
Es scheint einen Zusammenhang zwischen der Dauer der reproduktiven Lebensspanne einer Frau und deren Risiko für die Entwicklung von Alzheimer zu geben. Diese Erkenntnis könnte in Zukunft dazu beitragen, Frauen mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer frühzeitig zu identifizieren.
Unter Fachleuten ist die Annahme weitverbreitet, dass Östrogen eine nicht zu unterschätzende Rolle dabei spielt, wie hoch für Frauen das Alzheimer-Risiko ist. Bei der aktuellen Untersuchung wurde nun ein neuer Ansatz zur Identifizierung von Risikofaktoren für Alzheimer verwendet. Die Forschungsgruppe unter Beteiligung von Fachleuten der North American Menopause Society (NAMS) analysierte den Zusammenhang zwischen der reproduktiven Lebensspanne einer Frau als Indikator für die endogene Östrogenexposition und den Spiegeln von sogenannten Liquor-Biomarkern. Die Ergebnisse der Untersuchung können in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Menopause“ nachgelesen werden.
Frauen mit wesentlich höherem Alzheimer-Risiko
Alzheimer stellt die häufigste Form von Demenz dar, wobei etwa 60 bis 70 Prozent der weltweiten Demenz-Diagnosen auf Alzheimer zurückzuführen sind. Die Fachleute berichten weiter, dass etwa zwei Drittel der Alzheimer-Erkrankungen Frauen betreffen. Dies sei nicht wirklich überraschend, da der größte bekannte Risikofaktor für Alzheimer das Alter sei und Frauen tendenziell länger als Männer leben würden.
Auch die Fachleute der Deutschen Alzheimer Gesellschaft bewerten das Alter als den größten Risikofaktor für die Entwicklung von Alzheimer. Die meisten von der Erkrankung betroffenen Personen seien bereits Älter als 80 Jahre, die Krankheit könne jedoch auch in seltenen Fällen bereits vor dem 65. Lebensjahr beginnen.
Wie beeinflussen Geschlechtsunterschiede das Risiko?
Das Alter der Bevölkerung steigt schnell an, was mit einer erhöhten Häufigkeit des Auftretens von Alzheimer verbunden ist, berichten die Forschendne weiter. Zudem seien bereits mehrere Studien durchgeführt worden, welche andere Risikofaktoren identifiziert haben, insbesondere solche, die mögliche Geschlechtsunterschiede erklären könnten.
Äußerst widersprüchliche Ergebnisse bei älteren Studien
In den früheren Untersuchungen sei ein Zusammenhang zwischen sowohl höheren als auch niedrigeren Östradiol-Blutspiegeln und dem Risiko für Demenz festgestellt worden. Andere Studien zeigten dagegen keinen solchen Zusammenhang, berichten die Fachleute. Einige Untersuchungen hätten ergeben, dass eine Hormontherapie nach der Menopause das Demenzrisiko erhöhen könne, wogegen in anderen Studien jedoch ein geringeres Risiko dokumentiert wurde. In ähnlicher Weise wurde auch ein kognitiver Rückgang sowohl mit längeren als auch mit kürzeren reproduktiven Perioden in Verbindung gebracht, fügt das Team hinzu.
Aktuelle Studie untersuchte Zerebrospinalflüssigkeit
Bisher wurde nun in wenige Studien der Zusammenhang zwischen Östrogen und Biomarkern für Alzheimer in der sogenannten Zerebrospinalflüssigkeit untersucht. Diese klare Körperflüssigkeit befindet sich in Geweben, welche das Gehirn und Rückenmark umgeben, erläutern die Forschenden.
In der aktuellen Studie wurde nun eine kleine Stichprobe von Frauen über einen Zeitraum von 25 Jahren medizinisch überwacht. Alle Teilnehmerinnen litten zu Beginn der Studie nicht unter Demenz und durchliefen ihre natürliche Menopause.
Längeres reproduktives Leben erhöht Risiko für Alzheimer?
Basierend auf den Ergebnissen der Liquorproben schlossen die Fachleute, dass ein längeres reproduktives Leben mit erhöhten Spiegeln von Biomarkern für Alzheimer in der präklinischen Phase der Krankheit verbunden war. Das Team betont jedoch, dass in Zukunft größere Studien durchgeführt werden sollten, um diese Ergebnisse zu überprüfen.
„Diese kleine bevölkerungsbasierte Studie zeigte eine Assoziation zwischen der Dauer der reproduktiven Lebensspanne (ein Surrogatmarker für die Exposition gegenüber endogenem Östrogen) und Biomarkern der Alzheimer-Krankheit in der Zerebrospinalflüssigkeit von Frauen ohne Demenz. Dieser Befund muss in größeren Studien bestätigt werden, könnte aber ein weiterer Faktor sein, der zur erhöhten Belastung durch die Alzheimer-Krankheit bei Frauen beiträgt, die zumindest teilweise wahrscheinlich mit dem Älterwerden und der längeren Lebenserwartung von Frauen im Vergleich zu Männern zusammenhängt”, erklärt Studienautorin Dr. Stephanie Faubion, die medizinische Leiterin der North American Menopause Society (NAMS) in einer Pressemitteilung.
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- North American Menopause Society: Could a Longer Reproductive Period Put Women at Greater Risk for Alzheimer Disease? (veröffentlicht 07.07.2021), NAMS
- Deutsche Alzheimer Gesellschaft: Die Alzheimer-Krankheit (abgefragt 07.07.2021), Deutsche Alzheimer Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.