Autofahren: Bei Herzerkrankung Fahrtüchtigkeit überprüfen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weit verbreitet. So haben etwa 20 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland Bluthochdruck. Wenn die Blutdruckwerte besonders hoch sind, kann dies ein Grund sein, nicht Autofahren zu dürfen. Auch eine durchgemachte COVID-19-Erkrankung kann eine Gefahr bergen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck (Hypertonie), koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzmuskelschwäche (Herzschwäche, Herzinsuffizienz) können ein Grund für Fahruntauglichkeit sein. Daher sollte bei Betroffenen gegebenenfalls die Fahrtüchtigkeit überprüft werden.
Auswirkungen auf die Sicherheit
Wie es in einer aktuellen Mitteilung der Medizinischen Universität (MedUni) Wien heißt, unterliegen Betroffene verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen einem gewissen Unfallrisiko beim Lenken eines Fahrzeuges im Straßenverkehr.
So können Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Herzmuskelschwäche Gründe für eine (vorübergehende) Fahruntauglichkeit sein. Zahlreiche Krankheiten können Ursache von Verkehrsunfällen sein und haben damit Auswirkungen auf die persönliche und allgemeine Sicherheit.
In einer, in der Fachzeitschrift „Current Problems in Cardiology“ veröffentlichten Publikation hat der Kardiologe Thomas Pezawas von der MedUni Wien die relevanten Erkrankungen zusammengefasst und damit einen Überblick für Betroffene und behandelnde Ärztinnen und Ärzten erstellt.
Kurze Bewusstlosigkeit mit fatalen Folgen
„Herz-Kreislauf-Erkrankungen können dazu führen, dass ein Fahrer ohne Vorwarnung die Kontrolle über ein Fahrzeug verliert und dadurch ein Unfall entsteht“, heißt es in der Veröffentlichung.
„Zwar treten nur ein bis fünf Prozent der plötzlichen Herztode während des Fahrens auf. Aber selbst eine kurze Bewusstlosigkeit am Steuer hat fatale Folgen“, sagt Studienautor Thomas Pezawas von der Universitätsklinik für Innere Medizin II (Klinische Abteilung für Kardiologie).
„Herzkranke Menschen müssen nicht per se fahruntüchtig sein. Sie müssen jedoch darüber informiert sein, ob ihre Erkrankung derzeit das Lenken eines Fahrzeuges erlaubt.“
Versicherungsschutz kann aufgehoben werden
Aufklärung über eine Fahreignung erhalten Patientinnen und Patienten von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt. „Zum Beispiel darf mit einem Bluthochdruck über 180/110 mmHg kein Fahrzeug gelenkt werden oder es gilt nach einer Herzkatheter-Untersuchung mit Stent-Implantation ein vierwöchiges Fahrverbot für Berufsfahrer“, erklärt Pezawas.
Lenkerinnen und Lenker von Kraftfahrzeugen müssen wissen, dass eine dokumentierte Warnung ein Kraftfahrzeug zu lenken bei Unfallfolgen den Versicherungsschutz aufheben kann.
Die Beweislast liegt auf alle Fälle bei der Lenkerin beziehungsweise dem Lenker, da ein Vermeiden eines Arztbesuches keinen Freibrief zum Weiterfahren darstellt.
Herzrasen und Schwindel nach COVID-19-Erkrankung
Die publizierte Arbeit bezieht sich auf konkrete Herz-Kreislauf-Erkrankungen, unter denen für eine bestimmte Zeit oder dauerhaft keine Fahreignung mehr bestehen kann: zum Beispiel nach Einpflanzung eines Defibrillators (ICD), einem Aggregatwechsel oder nach Auslösen einer Schockabgabe durch den ICD.
Das Spektrum der abgebildeten Erkrankungen umfasst alle Herzrhythmusstörungen, anfallsartige kurzzeitige Bewusstlosigkeit (Synkope), koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Hypertonie.
„Es ist für alle Beteiligten von großem Vorteil, die Fahrtüchtigkeit bzw. Wartezeiten bis zur Fahrtüchtigkeit im Arztbrief zu dokumentieren,“ sagt Pezawas.
Neuland sind hierbei noch Post-COVID-19-Erkrankte. „Herzrasen und Schwindel können auch nach einer durchgemachten COVID-19-Erkrankung auftreten“, so Pezawas, „auch hier sollten in Zukunft Regelungen zur Fahrtüchtigkeit eingeführt werden.“
Risiko für Gefahr eines schweren Unfalls berechnen
Das jährliche Risiko (RH=risk of harm) für andere Verkehrsteilnehmende eine Gefahr darzustellen, lässt sich individuell mit der Formel RH=TDxVxSCIxAc (TD=Zeit am Steuer, V=Fahrzeugtyp, SCI=jährliches Risiko der plötzlichen Fahrunfähigkeit, Ac=Wahrscheinlichkeit für einen schweren Unfall) berechnen.
Vorausgesetzt wird, dass eine private Fahrerin oder ein privater Fahrer vier Prozent (1h/Tag) und eine Berufsfahrerin oder ein Berufsfahrer 25 Prozent (6h/Tag) am Steuer verbringt – für letztere müssen daher strengere Regeln gelten.
Allgemein in der Gesellschaft akzeptiert ist laut dem Experten ein jährliches Risiko mit Todesfolge von 1:20.000 (RH=0,25x1x0,01×0,02=0,00005). (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Wien: Autofahren mit einer Herzerkrankung: Fahrtüchtigkeit überprüfen, (Abruf: 31.07.2021), Medizinische Universität Wien
- Thomas Pezawas: Fitness to Drive After Syncope and/or in Cardiovascular Disease – An Overview and Practical Advice; in: Current Problems in Cardiology, (veröffentlicht online: 29.07.2020 und in: Volume 46, Issue 3: März 2021), Current Problems in Cardiology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.