Krebs: Wem könnten Immuntherapien besonders helfen?
In der Bekämpfung von Krebs hat in den vergangenen Jahren die Immuntherapie für Schlagzeilen gesorgt. Diese Behandlung soll die körpereigene Immunabwehr gezielt unterstützen oder aktivieren, um Krebszellen aufzuspüren und anzugreifen. Forschende berichten nun über die Möglichkeit vorherzusagen, ob betroffene Patientinnen und Patienten auf eine solche Therapie ansprechen.
Als Immuntherapien werden alle Methoden bezeichnet, die das körpereigene Immunsystem nutzen, um Krebs zu bekämpfen, erklärt der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) auf seiner Webseite. Dafür kommen laut den Fachleuten ganz unterschiedliche Ansätze infrage. Ihnen gemeinsam ist, dass schon bestehende Abwehrmechanismen des Körpers verstärkt und gezielt auf die Krebszellen gerichtet werden. Doch welchen Krebspatientinnen und -patienten könnten Immuntherapien besonders helfen?
Epigenetische Muster identifiziert
Wie das Universitätsklinikum Frankfurt in einer aktuellen Mitteilung schreibt, werden bei der sogenannten DNA-Methylierung Grundbausteine der Erbsubstanz einer Zelle chemisch zeitweise verändert.
Dieser epigenetische Mechanismus ermöglicht der Zelle eine selektive Nutzung bestimmter DNA-Bereiche, wodurch sich die Zelle zum Beispiel an ihre Umgebung anpassen kann. Dies geschieht im menschlichen Körper Tag für Tag.
Bei der Entstehung von Krebserkrankungen spielen Veränderungen der DNA-Methylierung eine Rolle. So weisen Tumorzellen häufig Methylierungsmuster auf, die von denen gesunden Gewebes abweichen.
Eine interdisziplinäre Studie des Universitätsklinikum Frankfurt hat jetzt bestimmte epigenetische Muster bei Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Hautkrebs identifiziert. Diese erlauben eine Prognose, ob betroffene Erkrankte auf eine Immuntherapie ansprechen. Die Ergebnisse könnten laut den Fachleuten auch für andere Tumore relevant sein.
Eine der häufigsten Krebsarten
Das maligne Melanom („schwarzer Hautkrebs“) ist eine der häufigsten Krebsarten und weist in den vergangenen Jahren eine steigende Inzidenz auf. Die Prognose und Therapie hängen stark vom Stadium der Erkrankung ab. Gerade beim fortgeschrittenen Hautkrebs des Stadiums IV ist die Prognose wesentlich schlechter als bei niedrigeren Stadien.
Hier haben neuartige Therapieoptionen teilweise zu einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit geführt. So haben sich etwa die sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) zu einer vielversprechenden Behandlungsoption entwickelt.
Tumore setzen die Immunantwort des Körpers zum Teil außer Kraft. Bei den ICI handelt es sich um Arzneimittel, die diesem Effekt entgegenwirken.
„Immun-Checkpoint-Inhibitoren heben eine zum Beispiel von Krebszellen ausgehende Hemmung des Immunsystems auf und sorgen somit für eine bessere Anti-Tumor-Immunantwort. Sie gehören zur Standardtherapie beim metastasierten Melanom und haben dort die Behandlung revolutioniert. Allerdings sind die Therapien nicht immer erfolgreich“, erläutert PD Dr. Patrick N. Harter, Leitender Oberarzt am Neurologischen Institut (Edinger Institut) des Universitätsklinikum Frankfurt und Leiter der Studie.
Bisher fehlen sogenannte Biomarker, charakteristische und messbare molekulare Marker, die ein langfristiges Therapieansprechen vorhersagen können.
„Wir haben im Rahmen unserer Studie ein Werkzeug entwickelt, mit dem wir Prognosen treffen können, ob und wie eine Patientin oder ein Patient mit metastasiertem Melanom auf eine Immuntherapie anspricht. Dafür haben wir so genannte DNA-Methylierungssignaturen von Tumorgewebe identifiziert, die als Biomarker dienen können“, so Dr. Harter.
Die Studie ist vor kurzem im „Journal for ImmunoTherapy of Cancer“, der Fachzeitschrift der Society for Immunotherapy of Cancer, veröffentlicht worden.
Einsatzmöglichkeiten bei anderen Krankheitsbildern
Bislang konnten globale Analysen von DNA-Methylierungsdaten keine zuverlässigen prognostischen Muster unterscheiden. Die in der Studie angewendete Analysetechnologie hat nun den DNA-Methylierungsstatus an mehr als 800.000 Stellen des Tumorerbguts untersucht.
Dies wurde möglich durch einen verfeinerten Algorithmus, den die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie entwickelt haben. So konnten Methylierungsmuster entschlüsselt werden, welche eine Klassifikation der immuntherapierten Melanome im Stadium IV ermöglichen.
„Wir konnten den Algorithmus für die Auswertung der Methylierungsdaten so verfeinern, dass er uns eine präzisierte Sicht auf die epigenetischen Tumorprofile gewährt“, erklärt Dr. Katharina Filipski, eine der Erstautorinnen der Studie, die am Neurologischen Institut und am Frankfurt Cancer Institute (FCI) forscht.
„Diese epigenetischen Muster und die damit mögliche Klassifizierung können uns Informationen darüber geben, welche Patientinnen und Patienten voraussichtlich gut auf eine Immuntherapie ansprechen.“
Der bioinformatische Algorithmus, den die Forschenden entwickelt haben, kann prinzipiell bei allen soliden Tumoren getestet werden. Er eröffnet somit auch weitere Einsatzmöglichkeiten bei anderen Krankheitsbildern. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Frankfurt: Welchen Krebspatienten könnten Immuntherapien besonders helfen?, (Abruf: 04.08.2021), Universitätsklinikum Frankfurt
- Filipski, K., Scherer, M., Zeiner, K.N., Bucher, A., Kleemann, J., Jurmeister, P., Hartung, T.I., Meissner, M., Plate, K.H., Fenton, T.R., Walter, J., Tierling, S., Schilling, B., Zeiner, P.S., Harter, P.N.: DNA methylation-based prediction of response to immune checkpoint inhibition in metastatic melanoma; in: Journal for ImmunoTherapy of Cancer, (veröffentlicht: 19.07.2021), Journal for ImmunoTherapy of Cancer
- Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums: Immuntherapie gegen Krebs: Impfungen, Antikörper, neue Wirkstoffe, (Abruf: 04.08.2021), Krebsinformationsdienst
Wichtiger Hinweis:
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