Gibt Schrumpfen ein Hinweis auf das Sterberisiko?
Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr beginnt der Mensch zu schrumpfen – im Durchschnitt einen knappen Zentimeter pro Jahrzehnt. Grund hierfür ist unter anderem die abnehmende Elastizität der Bandscheiben. Ein schwedisches Forschungsteam entdeckte nun, dass die Geschwindigkeit, mit der ein Mensch ab dem mittleren Alter schrumpft, Hinweise auf die Langlebigkeit einer Person gibt. Schnell schrumpfende Menschen haben demnach ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod, vor allem durch Herzkrankheiten und Schlaganfall.
Forschende der University of Gothenburg zeigten, dass der Größenverlust im mittleren Alter in Verbindung mit dem Risiko für einen vorzeitigen Tod steht – zumindest bei nordeuropäischen Frauen. Regelmäßige körperliche Betätigung könne dazu beitragen, den Größenverlust im mittleren Lebensalter aufzuhalten und somit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Die Studie wurde kürzlich in dem renommierten Fachjournal „BMJ Open“ vorgestellt.
Der Mensch schrumpft mit zunehmendem Alter
Menschen neigen dazu, ab dem mittleren Lebensalter an Körpergröße zu verlieren. Ab einem Alter um die 70 Jahre wird der Prozess beschleunigt. Laut der Arbeitsgruppe wird der Körpergrößenverlust in der Regel durch das Schrumpfen der Bandscheiben, durch Wirbelsäulenkompressionsfrakturen und durch Veränderungen der Körperhaltung verursacht. Dieses Schrumpfen ist zwar normal, kann aber auf bestimmte Risiken hinweisen, wenn der Prozess überdurchschnittlich schnell abläuft.
Zeigt der Verlust der Körpergröße Gesundheitsrisiken an?
Wie sich der Höhenverlust auf die Gesundheit auswirkt, haben die Forschenden an 2406 schwedischen und dänischen Frauen untersucht, die zwischen den Jahren 1908 und 1952 geboren wurden. Die Arbeitsgruppe wollte herausfinden, ob das Schrumpfen mit dem Risiko für einen vorzeitigen Tod korreliert, insbesondere durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall.
Über die Probandinnen
Die Daten der 1147 schwedischen Frauen wurden im Rahmen einer schwedischen prospektiven Bevölkerungsstudie in Göteborg gesammelt. Die 1259 dänischen Frauen nahmen an der sogenannten MONItoring-Studie (MONICA) über Trends und Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen teil.
Die Körpergröße aller Frauen wurde jeweils zu Beginn der Studie sowie im Alter von 30 und 60 Jahren ermittelt. Die letzte Messung erfolgte 10 bis 13 Jahre später. Zudem wurden potenzielle Risikoaktoren wie Gewicht, Raucherstatus, Menge der körperlichen Aktivität in der Freizeit, Alkoholkonsum und Bildungsstand dokumentiert. Bis zum Ende des gesamten Beobachtungszeitraums starben 625 der Frauen. 157 Probandinnen starben an Herzkrankheiten, 37 davon an Schlaganfällen.
Größenverlust mit erhöhtem Sterberisiko verbunden
Die Auswertung der Daten zeigt, dass jeder Zentimeter Größenverlust bei den Teilnehmerinnen mit einem 14 bis 21 Prozent erhöhtem Risiko einherging, an einer beliebigen Ursache zu sterben. Diese Korrelation blieb auch bei der Berücksichtigung aller bekannten Risikoaktoren erhalten.
Eine geringe Körpergröße sowie eine hohe körperliche Aktivität zu Studienbeginn waren mit dem geringsten Größenverlust verbunden. Dieser Trend war unabhängig von dem Alter der Probandinnen. Diejenigen, die im Laufe der Studie mehr als zwei Zentimeter an Körpergröße verloren, hatten gegenüber der Gruppe mit dem geringsten Verlust an Größe ein um 74 bis 80 Prozent erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod.
Risiko für Herzkrankheiten verdoppelte sich
Das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfall verdoppelte sich bei Frauen mit einem starken Verlust der Körpergröße gegenüber Frauen, die nur wenig schrumpften. Die Ergebnisse blieben auch nach Berücksichtigung des Alters, der Zeit zwischen den Größenmessungen, der Nationalität und der Ausgangswerte für Größe, Gewicht, Bildungsstand und Lebensstil erhalten.
Einschränkungen der Studie
Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, kann die Ursache für die Verbindung nicht festgestellt werden. Außerdem weisen die Forschenden darauf hin, dass die Anzahl der Todesfälle durch Schlaganfall gering war. Für eine generelle Aussage erfordere es eine größere Gruppe von Teilnehmenden. Zudem wurde der Zusammenhang in der Studie nur bei Frauen untersucht, weshalb eine Übertragung auf Männer nicht ohne weiteres möglich ist. Darüber hinaus könne es unbekannte Faktoren geben, die die Ergebnisse beeinflusst haben.
Risikogruppen für Herzkrankheiten identifizieren
Dennoch legen die Forschungsergebnisse nahe, dass der Verlust der Körpergröße ein Risikomarker für eine verfrühte Sterblichkeit bei nordeuropäischen Frauen ist. Die Arbeitsgruppe hält es für sinnvoll, dem Größenverlust über die Jahre eine höhere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies könne eine einfache Möglichkeit darstellen, Personen mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten zu identifizieren. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Klingberg S, Mehlig K, Dangol R, et alLoss of height predicts total and cardiovascular mortality: a cohort study of northern European women; in: BMJ Open, 2021., bmjopen.bmj.com
- University of Gothenburg: Middle-age height loss linked to heightened death risk in northern European women (veröffentlicht: 09.08.2021), eurekalert.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.