Influenza bei Schwangeren beeinflusst Nachkommen
Eine Grippeerkrankung ist immer unangenehm, doch kann sie bei manchen Personen mild verlaufen und schnell vorübergehen. Bei Schwangeren hingegen kann Influenza deutlich ernster ausfallen und zu schweren Erkrankungen führen. Doch nicht nur das: Eine Grippe in der Schwangerschaft begünstigt auch eine erhöhte Infektanfälligkeit der Nachkommen.
Während der Schwangerschaft verändern sich Immunsystem, Herz und Lunge vorübergehend, was die betroffenen Frauen im Falle einer Infektion mit Grippeviren anfälliger für schwere Verläufe macht, erklärt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem Faktenblatt. An Influenza erkrankte Schwangere tragen auch ein erhöhtes Risiko, ins Krankenhaus eingewiesen zu werden und sogar zu sterben. Und auch die Gesundheit von ihrem Nachwuchs wird beeinträchtigt.
Im späteren Leben anfälliger für andere Infektionen?
Laut einer aktuellen Mitteilung hat die Abteilung „Virale Zoonosen – One Health“ am Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) in Hamburg unter der Leitung von Prof. Gülşah Gabriel, Professorin an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), mithilfe eines neuen Tiermodells untersucht, ob Nachkommen von Influenza A Virus-infizierten Müttern in ihrem späteren Leben anfälliger für andere Infektionen sind.
Infektanfälligkeit besonders im frühen Leben erhöht
Wie in der Mitteilung erklärt wird, gehören schwangere Frauen zur größten Risikogruppe für schwere, teilweise tödliche Grippeverläufe. Bislang war unbekannt, ob eine durchgemachte Influenza in der Schwangerschaft auch die spätere Gesundheit der Nachkommen beeinflusst.
Die vor kurzem im renommierten Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlichte Studie zeigt mittels eines neuen Two-Hit-Mausmodells, dass eine moderate Influenza in der Schwangerschaft die Infektanfälligkeit der Nachkommen gegenüber anderen Viren sowie Bakterien besonders im frühen Leben erhöht.
Den Fachleuten zufolge sind die hierfür zugrundeliegenden Mechanismen vielfältig. Dabei spielen insbesondere drei Faktoren eine wichtige Rolle:
- eine Grippevirus-induzierte Immunaktivierung in der Lunge
- ein niedriges Geburtsgewicht
- eine funktionelle Beeinträchtigung der fetalen alveolaren Makrophagen, Infektionen zu erkennen und zu eliminieren
Schlüsselmoleküle, welche zu diesem erhöhten Risiko der Nachkommen von Influenza-infizierten Müttern führen, wie zum Beispiel inflammatorische Cytokine in der Lunge der Mutter, werden auch von anderen respiratorischen Viren induziert (unter anderem von SARS-CoV-2).
Schwangere brauchen besonderen Schutz
„Es gibt bereits mehrere unabhängige Hinweise aus humanen Studien, dass Kinder, deren Mütter eine Influenza in der Schwangerschaft hatten, in den ersten Lebensmonaten ein erhöhtes Infektionsrisiko besitzen“ erklärt Prof. Gülşah Gabriel, Leiterin der HPI-Abteilung „Virale Zoonosen – One Health“ und Professorin an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.
„Bislang waren dies Assoziationsstudien. Die Befunde in dem neuen Tiermodell zeigen nun zum ersten Mal, dass es hier eine klare Kausalität zwischen der Virusinfektion in der Schwangerschaft und der erhöhten Vulnerabilität der Nachkommen gegenüber Infektionen gibt“, so die Wissenschaftlerin.
„Diese Studien zeigen wiederholt, dass schwangere Frauen einen besonderen Schutz in Epidemien und Pandemien brauchen, um sich selbst, aber auch die nächste Generation zu schützen“, sagt Prof. Gülşah Gabriel.
An der HPI/TiHo-geleiteten Studie waren zahlreiche wissenschaftliche Institutionen beteiligt, unter anderem das Imperial College London, das Helmholtz Zentrum München sowie das Forschungszentrum Borstel. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Heinrich-Pette-Institut – Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie: Influenza in der Schwangerschaft begünstigt erhöhte Infektanfälligkeit der Nachkommen, (Abruf: 16.08.2021), Heinrich-Pette-Institut – Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie
- Henning Jacobsen, Kerstin Walendy-Gnirß, Nilgün Tekin-Bubenheim, Nancy Mounogou Kouassi, Isabel Ben-Batalla, Nikolaus Berenbrok, Martin Wolff, Vinicius Pinho dos Reis, Martin Zickler, Lucas Scholl, Annette Gries, Hanna Jania, Arne Düsedau, Gundula Pilnitz-Stolze, Aicha Jeridi, Ali Önder Yildirim, Helmut Fuchs, Valerie Gailus-Durner, Claudia Stoeger, Martin Hrabe de Angelis,Tatjana Manuylova, Karin Klingel, Fiona J. Culley, Jochen Behrends, Sonja Loges, Bianca Schneider, Susanne Krauss-Etschmann, Peter Openshaw & Gülsah Gabriel: Offspring born to influenza A virus infected pregnant mice have increased susceptibility to viral and bacterial infections in early life; in: Nature Communications, (veröffentlicht: 16.08.2021), Nature Communications
- Weltgesundheitsorganisation (WHO) - Regionalbüro für Europa: Faktenblatt: Influenza und Schwangerschaft, (Abruf: 16.08.2021)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.