Diabetes: Mehr Bewegung in den Alltag bringen
Millionen Menschen leiden an Diabetes. Vor allem diejenigen, bei denen die Diagnose noch nicht lange zurückliegt, wissen oft nicht wie sie mit der sogenannten Zuckerkrankheit umgehen sollen. Fachleute erklären, wie Betroffene ihren Glukosespiegel unter Kontrolle halten und mehr Bewegung in ihren Alltag bringen können.
Weniger Sportmöglichkeiten, der Wegfall von Arbeitswegen und öfters Frustessen bei der Arbeit im Homeoffice: Die Lockdowns während der Corona-Pandemie haben bei vielen Menschen zu Bewegungsmangel und Gewichtszunahme geführt. Für Diabetikerinnen und Diabetiker wirkt sich dieser ungesunde Lebensstil negativ auf den Glukosespiegel (Blutzuckerspiegel) aus. Fachleute der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) geben in einer aktuellen Mitteilung Tipps, wie man trotz Kontaktbeschränkungen ohne großen Aufwand mehr Bewegung in den Alltag bringt.
Weniger bewegt und Gewicht zugelegt
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin haben sich in der Corona-Pandemie über die Hälfte der Menschen in Deutschland weniger bewegt und 39 Prozent im Durchschnitt 5,6 Kilo zugenommen.
„Kein Wunder, denn viele von uns haben im Homeoffice zu viel gesessen. Der wichtigste Tipp aus der Corona-Zeit lautet daher: das Sitzen regelmäßig unterbrechen“, so Dr. med. Stephan Kress, 1. Vorsitzender der DDG Arbeitsgemeinschaft Diabetes, Sport und Bewegung.
„Es reicht schon, während eines Telefonats herumzulaufen, eine Konferenz mit Headset in Bewegung durchzuführen oder am Schreibtisch zu stehen“, erklärt der DDG-Experte.
Das Sitzen unterbrechen
Der DDG zufolge belegen zahlreiche Untersuchungen die Wichtigkeit kurzzeitiger Sitzunterbrechungen.
So verbesserte Stehen und leichtes Gehen den 24-Stunden-Glukosespiegel und die Insulinsensitivität bei Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes in größerem Maße als ein strukturiertes Training.
„Interessanterweise lässt sich besonders bei adipösen Menschen schon durch kurzzeitige bewegte Sitzunterbrechungen der Glukosewert nach einer Mahlzeit senken“, sagt Kress. „Dafür reicht ein Spaziergang um den Block.“
Jeden Tag eine Viertelstunde Laufen ohne Schnaufen
Für den positiven Effekt körperlicher Aktivität gibt es keinen Schwellenwert. „Jede Aktivität ist besser als keine, und der Nutzen von nichts machen hin zu ein bisschen Bewegung ist der größte“, bringt der DDG-Experte aktuelle Forschungsergebnisse auf den Punkt.
In diesem Sinne zählt also buchstäblich jeder Schritt. „Täglich 15 Minuten Laufen ohne Schnaufen ist ein guter Einstieg, um die Gesundheit zu fördern und Fett zu verbrennen“, erläutert Kress. „Jeden Tag eine kleine Portion Bewegung verhindert, dass der Körper in den Energiesparmodus fährt.“
Auf motivierende Kraft von Schrittzählern setzen
Personen, die erst mit dem Training beginnen, empfiehlt der Diabetologe, mit 2.500 Schritten zu starten, am nächsten Tag auf 5.000 Schritte zu erhöhen und sukzessive auf 10.000 Schritte täglich zu steigern.
Er rät, dabei auf die motivierende Kraft von Schrittzählern zu setzen, die einen bis zu 2.000 Schritte mehr gehen lassen.
„Neu ist, dass Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) fallende Glukosewerte bei Bewegung in Echtzeit zeigen – das wirkt sich sehr positiv auf die Motivation und den Blutzuckerspiegel aus, wie wir wissen“, sagt der Mediziner.
Zusammen mit anderen bewegen
Wer allein zu wenig Motivation aufbringt und Tiere mag, kann sich einen Hund zulegen. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die Hunde besitzen, mindestens 30 Minuten mehr körperliche Aktivität in der Woche im Vergleich zu Spaziergängerinnen und Spaziergängern ohne Hunde erzielen.
„Andere wiederum haben in Covidzeiten das Wandern mit Familie, Freunden oder Partner neu entdeckt“, so Kress. Gesundheitswandern trainiert neben der Ausdauerfitness je nach Untergrund zusätzlich auch noch Gleichgewicht und Bewegungskoordination – eine sehr gute Kombination.
„Nordic Walking ist unter Pandemiebedingungen ebenfalls eine geeignete sportliche Aktivität, auch für Menschen mit Gehbehinderung“, fügt der Fachmann hinzu.
Im Homeoffice Sport mit Arbeit verbinden
Darüber hinaus ist es auch möglich, im Homeoffice Sport mit Arbeit verbinden. „Dies gelingt, indem man ein Deskbike oder einen Pedaltrainer unter den Schreibtisch stellt“, empfiehlt Kress.
In einer Studie zeigte sich, dass zuvor inaktive Büroangestellte mit der Kombination von Gehpausen und Fahrradfahren auf einem Pedaldesk über drei Monate das viszerale Fettgewebe und den Blutzucker im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich reduzieren konnten.
Im Übrigen gilt laut der DDG: Jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen – morgens auf einem Bein stehend Zähne putzen, eine Haltestelle früher aussteigen, auf Mäh- oder Saug-Roboter verzichten.
Auch der Staat ist gefordert
Um Übergewicht vorzubeugen oder abzubauen, ist jedoch auch der Staat gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu schaffen – und dies umfasst die Lebensfelder Bewegung sowie Ernährung gleichermaßen.
„Wir fordern daher den Ausbau sicherer Geh- und Radwege sowie täglich eine verpflichtende Stunde Bewegung in der Schule ebenso wie eine Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel bei gleichzeitiger Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für ungesunde Produkte“, erklärt DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Das Sitzen unterbrechen und täglich 15 Minuten Laufen ohne Schnaufen, (Abruf: 21.08.2021), Deutsche Diabetes Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.