Immunaktivierung durch Ausschalten eines speziellen Proteins
In der Krebstherapie beruhen große Hoffnungen auf individualisierten Behandlungsansätze, die gezielt das Immunsystem gegen die Krebszellen aktivieren. In einer Studie der Medizinischen Universität Wien und des AKH Wien wird nun eine neuartige Zelltherapie untersucht, die eine solche gezielte Immunaktivierung ermöglichen soll und laut Aussage der Forschenden einen Paradigmenwechsel in der Behandlung solider Tumoren einleiten könnte.
Insbesondere für schwerkranke Patientinnen und Patienten mit bisher schlecht therapierbaren Krebserkrankungen könne die spezielle Zelltherapie neue individualisierte Therapieoptionen eröffnen, berichtet das Forschungsteam. Bei der Therapie werde ein bestimmtes Protein ausgeschaltet, wodurch die körpereigenen Immunzellen verstärkt aktiviert werden. Ziel der laufenden Studie sei es, die Wirksamkeit, Verträglichkeit und die immunologischen Effekte der neuen Zelltherapie zu überprüfen.
Individualisierte Krebstherapien als Hoffnung
In Deutschland erkranken laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) pro Jahr mehr als 480.000 Menschen an Krebs und Krebserkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen. Zwar haben sich die Behandlungsmöglichkeiten bei einigen Krebsarten bis heute deutlich verbessert, doch noch immer bleiben viele Krebserkrankungen nur begrenzt therapierbar.
Individualisierte Behandlungskonzepte, die das körpereigene Immunsystem gegen den Krebs aktivieren, bieten allerdings auch für die bislang schwer therapierbaren Fälle vielversprechende Ansätze. Dies gilt auch für die neue Zelltherapie, die jetzt in Wien erprobt werden soll.
Wie verläuft die Zelltherapie
Für die Zelltherapie werden den Patientinnen und Patienten Immunzellen (weiße Blutkörperchen) entnommen, wobei die Entnahme meist über die Armvenen erfolgt. Und im Labor wird bei den entnommenen Zellen anschließend das Protein Cbl-b ausgeschaltet, erläutern die Forschenden.
„Dieses Protein ist dafür verantwortlich, dass die Antwort des Immunsystems gegen Tumorzellen unterdrückt wird“, so Nina Worel von der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin und Prüfärztin der aktuellen Studie. Das Protein verringere die Aktivität der meisten Immunzellen und früherer Forschungsarbeiten hätten bereits gezeigt, dass Immunzellen verstärkt gegen Tumorzellen arbeiten, wenn Cbl-b ausgeschaltet wird.
Vielversprechender Ansatz
„Mittels Zelltherapie das Immunsystem der PatientInnen in die Lage zu versetzen, den Tumor direkt anzugreifen, ist ein vielversprechender Ansatz. Insbesondere für PatientInnen mit soliden Tumoren im fortgeschrittenen Stadium werden dringend sichere und wirksame neue Therapieoptionen benötigt“, ergänzt Worel.
Ambulante Behandlung möglich
Der innovative Herstellungs- und Behandlungsprozess ermögliche eine ambulante Behandlung innerhalb eines Tages von der Zellentnahme bis zur Reinfusion. Durch die Zelltherapie werden die körpereigenen Immunzellen so modifiziert, dass sie Krebszellen erkennen und zerstören können, ohne dabei dauerhaft gentechnisch verändert zu werden, berichtet die Medizinische Universität Wien in einer Pressemitteilung zu der Studie. Nach der Reinfusion kämpfe das Immunsystem verstärkt gegen die Tumoren.
„Diese neue Zelltherapie könnte durch ihre schnelle Anwendbarkeit und zentrale Immunaktivierung den bisher verfügbaren Zelltherapien in Sicherheit und Wirksamkeit überlegen werden. Wir freuen uns, diese Studie für den europäischen Raum hier in Wien zu starten und neue Erkenntnisse zu gewinnen“, betont Worel. In der klinischen Studie werden die immunologischen Effekte der Behandlung mit dem Produktkandidaten APN401 (Firma APEIRON Biologics AG) sowie seine Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit untersucht. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Wien: Innovative Zelltherapie könnte schwerkranken PatientInnen neue Therapieoptionen eröffnen (veröffentlicht 24.08.2021), meduniwien.ac.at
Wichtiger Hinweis:
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