Durchbruch bei der Diagnose von Alzheimer in Aussicht
Eine neu entwickelte, auf Deep Learning basierende Methode kann mögliche Ausbrüche der Alzheimer-Krankheit anhand von Gehirnbildern zuverlässig vorhersagen. Die Genauigkeit der Vorhersage liegt dabei über 99 Prozent.
In Zusammenarbeit der Vytautas Magnus University und der Kaunas University of Technology (KTU) wurde in einer aktuellen Studie eine neuartige Methode zur frühzeitigen Vorhersage von Alzheimer anhand von funktionellen MRT-Bildern entwickelt, welche in Bezug auf Genauigkeit, Empfindlichkeit und Spezifität besser als alle zuvor entwickelten Methoden abschneidet und eine Genauigkeit bei der Alzheimer-Vorhersage von fast 100 Prozent erreicht. Die Studie wurde in dem englischsprachigen Fachblatt „Diagnostics“ veröffentlicht.
Frühzeitige Diagnose von Alzheimer ist wichtig
„Mediziner auf der ganzen Welt versuchen, das Bewusstsein für eine frühzeitige Alzheimer-Diagnose zu schärfen, die den Betroffenen eine bessere Chance auf eine Behandlung bietet“, berichtet Studienautor Rytis Maskeliūnas von der Kaunas University of Technology (KTU) in einer Pressemitteilung.
Alzheimer nach leichten kognitiven Beeinträchtigungen?
Als eines der ersten möglichen ersten Anzeichen von Alzheimer gilt die leichte kognitive Beeinträchtigung (Mild Cognitive Impairment, MCI). Diese stellt das Stadium dar, welches zwischen dem erwarteten kognitiven Abbau im Rahmen des normalen Alterns und der Demenz liegt.
Frühere Forschung habe bereits gezeigt, dass die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) eingesetzt werden kann, um Regionen im Gehirn zu identifizieren, welche mit dem Beginn der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden können, erläutert der Experte.
Vorteile von Neuroimaging
Ein Problem dabei sei allerdings, dass die frühen Stadien einer leichten kognitiven Beeinträchtigung oft fast keine eindeutigen Symptome haben. Doch sei es möglich, sie in einigen Fällen durch sogenanntes Neuroimaging zu identifizieren.
Manuelle Auswertung von MRT-Bildern zu zeitaufwenig
Zwar ist es theoretisch möglich, aber die manuelle Analyse von Bildern der funktionellen Magnetresonanztomographie zur Identifizierung der mit Alzheimer assoziierten Veränderungen erfordere nicht nur spezifisches Wissen, sondern auch viel Zeit. Durch die Verwendung von Deep Learning und anderen KI-Methoden kann der benötigte Zeitraum um ein vielfaches reduziert werden.
Werden Merkmale der leichten kognitiven Beeinträchtigung identifiziert, bedeute dies nicht zwangsläufig, dass wirklich eine Krankheit vorhanden sein muss, da es sich dabei auch um ein Symptom anderer verwandter Krankheiten handeln kann. Daher sei das Auffinden von MCI-Merkmalen eher ein Indikator und eine mögliche Hilfe, für eine Bewertung durch medizinisches Fachpersonal.
Deep Learning spart Zeit
Die Forschenden betonen, dass sich medizinisches Fachpersonal niemals hundertprozentig auf einen Algorithmus verlassen sollte. Doch die neue auf Deep Learning basierende Methode könne die Aufgaben des Sortierens der Daten und die Suche nach besonderen Merkmalen übernehmen.
Fachleute können dann die Fälle genauer untersuchen, welche der Computeralgorithmus zuvor als potenziell betroffen eingestuft hat. Letztendlich profitieren alle davon, da die Diagnose und die Behandlung die betroffenen Menschen viel schneller erreichen, erläutert Maskeliūnas.
Bilder wurden in sechs Kategorien eingeteilt
Bei dem neuen Modell wurde eine Modifikation des bekannten, fein abgestimmten ResNet 18 (residuales neuronales Netzwerk) verwendet, um funktionelle MRT-Bilder von 138 Teilnehmenden zu klassifizieren. Die Bilder fielen in sechs verschiedene Kategorien – von gesund über das Spektrum der leichten kognitiven Beeinträchtigung bis hin zur Alzheimer-Krankheit, berichtet das Team.
Das Modell war in der Lage, die MCI-Merkmale in dem gegebenen Datensatz effektiv zu finden und erreichte dabei als beste Klassifizierungsgenauigkeit 99,99 Prozent.
Genauigkeit des Algorithmus großer Durchbruch bei Alzheimer
„Obwohl dies nicht der erste Versuch war, den frühen Ausbruch der Alzheimer-Krankheit anhand ähnlicher Daten zu diagnostizieren, ist unser größter Durchbruch die Genauigkeit des Algorithmus. Natürlich sind solch hohe Zahlen kein Indikator für die tatsächliche Leistung im wirklichen Leben, aber wir arbeiten mit medizinischen Einrichtungen zusammen, um mehr Daten zu erhalten”, erklärt Maskeliūnas.
Der Experte ist der Meinung, dass der Algorithmus zu einer Software weiterentwickelt werden kann, welche die gesammelten Daten von gefährdeten Gruppen (Personen im Alter über 65 Jahren, mit einer Vorgeschichte von Hirnverletzungen, hohem Blutdruck usw.) analysiert und das medizinische Personal über Anomalien im Zusammenhang mit dem frühen Ausbruch der Alzheimer-Krankheit informiert.
Laut Maskeliūnas muss das Beste aus den gewonnen Daten gemacht werden. Daher setze die zuständige Forschungsgruppe auf das europäische Prinzip der offenen Wissenschaft, damit das Wissen von allen genutzt und weiterentwickelt werden kann.
Das neue Modell könne in ein komplexeres System integriert werden, welches mehrere verschiedene Parameter analysiert. Diese könnten beispielsweise die Verfolgung von Augenbewegungen, das Lesen von Gesichtern und die Analyse der Stimme umfassen. Eine solche Technologie könnte dann zur Selbstkontrolle eingesetzt werden und darauf hinweisen, sich ärztliche Hilfe zu suchen, wenn etwas besorgniserregend erscheint, so der Experte.
Technologie kann echte Fachleute nicht ersetzen
„Technologien können die Medizin zugänglicher und billiger machen. Auch wenn sie niemals (oder zumindest nicht in absehbarer Zeit) den Arzt wirklich ersetzen werden, können sie doch dazu beitragen, dass man rechtzeitig eine Diagnose stellt und Hilfe in Anspruch nimmt”, fügt Maskeliūnas hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Modupe Odusami, Rytis Maskeliūnas, Robertas Damaševičius, Tomas Krilavičius: Analysis of Features of Alzheimer’s Disease: Detection of Early Stage from Functional Brain Changes in Magnetic Resonance Images Using a Finetuned ResNet18 Network; in: Diagnostics (veröffentlicht 10.06.2021), Diagnostics
- Kaunas University of Technology: Algorithm developed by Lithuanian researchers can predict possible Alzheimer’s with nearly 100 per cent accuracy (veröffentlicht 03.09.2021), Kaunas University of Technology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.