Impfungen zur Prävention von Krebs
Ausgewogene Ernährung, wenig Alkohol, nicht rauchen, regelmäßige Bewegung: Maßnahmen zur Krebsprävention sind oft unbequem und verlangen Disziplin. Dazu bringen nicht alle die genügende Motivation auf. Doch auch niederschwelligere Möglichkeiten, sich effektiv vor Krebs zu schützen, etwa durch Impfungen, werden längst nicht in vollem Umfang genutzt. Darauf weisen Fachleute anlässlich der Nationalen Krebspräventionswoche hin.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 500.000 Menschen neu an Krebs. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Krebsfälle durch einen gesünderen Lebensstil verhindert werden könnten. Und auch Impfen kann zur Krebsprävention beitragen.
Impfung schützt vor HPV-Infektionen
Laut Fachleuten sind Humane Papillomviren (HPV) in Deutschland jedes Jahr für 7.700 Krebsfälle verantwortlich. Schon seit 2006 gibt es eine Impfung, die vor HPV-Infektionen schützt. Sie wird für 9- bis 14-jährige Mädchen und Jungen empfohlen, jedoch bislang nur relativ wenig in Anspruch genommen.
Die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) nehmen die Nationale Krebspräventionswoche vom 13. bis 17. September 2021 zum Anlass, um auf die niedrigen Impfraten in Deutschland hinzuweisen.
Wie es einer gemeinsamen Mitteilung heißt, könne erst ab einer HPV-Impfquote von 80 Prozent das volle Potenzial der Impfung zur Prävention von Krebs ausgeschöpft werden.
Fast 40 Prozent der Krebsfälle vermeidbar
„Durch einen gesundheitsbewussten Lebensstil ließen sich deutschlandweit fast 40 Prozent aller Krebsfälle vermeiden. Ein Zehntel davon, nämlich rund vier Prozent, gehen allein auf das Konto von Infektionen“, erläutert Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ.
„Vielen Menschen fällt es nicht leicht, dauerhaft gesund zu leben. Dagegen sind Impfungen gegen Krebs eine sehr einfache Möglichkeit, das persönliche Krebsrisiko zu senken“, so der Experte. Neben der HPV-Impfung zählt auch die Hepatitis-B-Impfung für Säuglinge zu diesen Impfungen.
„Umso erstaunlicher ist es, dass weniger als 50 Prozent der 15-jährigen Mädchen und nur ein verschwindend geringer Anteil an Jungen vollständig gegen HPV geimpft sind“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
„Mehrere Tausend Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an HPV-bedingtem Krebs, der die Gebärmutter aber auch zum Beispiel den Penis oder den Mund-Rachen-Raum betreffen kann. Das wäre vermeidbar, wenn wir eine Impfquote von 80 Prozent erreichen. Andere Länder machen uns dies mit Erfolg vor. In Deutschland fehlt es bislang an Strukturen und Strategien, die Kinder und Eltern automatisch an die Impfung erinnern.“
Infektion verläuft meist unbemerkt
Wie in der Mitteilung erklärt wird, gibt es über 200 verschiedene HPV Typen, 12 davon werden von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) als krebserregend eingestuft. Die meisten sexuell aktiven Personen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV.
„Die Infektion verläuft in der Regel unbemerkt, sie kann aber auch zu Zellveränderungen, Krebsvorstufen und schließlich Krebs führen“, so Professor Dr. Sigrun Smola, Virologin am Universitätsklinikum des Saarlandes.
„Ich erforsche mit meinem Team, wie HPV-bedingter Krebs entsteht und wie die Krebsprävention verbessert werden kann. Am wichtigsten ist es, dass wir den Krebs verhindern, indem wir dafür Sorge tragen, dass Kinder gegen HPV geimpft werden.“ Laut den Fachleuten ist Gebärmutterhalskrebs die häufigste HPV-bedingte Krebsart.
Niedrige Impfquoten
Nach Einschätzung von Dr. Thomas Fischbach, Präsident vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), sind die zu geringen Teilnehmerraten an den Untersuchungen U10 und U11 für Kinder im Grundschulalter ein Grund für die niedrigen Impfquoten in Deutschland. Diese werden von vielen, jedoch nicht von allen Krankenkassen bezahlt.
„Wir müssen Eltern schon bei der U9 darüber informieren, dass es weitere wichtige Untersuchungen gibt und das zusätzliche Checkheft für die U10, U11 und J2 stärker nutzen. Auch Krankenkassen sind aufgefordert, mehr für diese Untersuchungen zu werben. Zudem richte ich einen Appell an alle Kinder- und Jugendärzte: Unabhängig von den Kinderuntersuchungen sollten sie jede Gelegenheit für die HPV-Impfung nutzen, die sich ergibt.“
Ein weiterer Hebel, um die Impfquote zu steigern, sei die Aufklärung in der Schule. „HPV wird in der Schule im Rahmen der Sexualkunde oft nicht thematisiert“, sagt Dr. Heike Kramer, Vorstandsvorsitzende der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (ÄGGF).
Ärztinnen und Ärzte der ÄGGF besuchen Schulen und führen dort ärztliche Informationsstunden für Schülerinnen und Schüler durch. „Unsere Evaluationen zeigen, dass das Wissen und die Impfmotivation dadurch signifikant und nachhaltig gesteigert werden können“, so Dr. Kramer. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Krebshilfe: Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Krebshilfe, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG): Pikst kurz, schützt lang - Mach dich stark gegen Krebs!, (Abruf: 07.09.2021), Deutsche Krebshilfe
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.