Rheumatische Gelenkentzündungen: Beschwerdefreiheit erreichbar
Laut der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. haben neue Behandlungskonzepte bei rheumatischen Gelenkentzündungen eine völlige Beschwerdefreiheit erreichbar gemacht. Durch eine Reihe neuartiger Wirkstoffe sei es mittlerweile möglich, die Krankheitsaktivität so weit zurückzudrängen, dass ein Großteil der Betroffenen ein beschwerdefreies Leben mit vollständig erhaltener Lebensqualität führen kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) macht in einer Pressemitteilung zum Deutschen Rheumatologiekongress 2021 auf die Fortschritte in der Therapie gegen Rheumatoide Arthritis und Psoriasisarthritis aufmerksam. Die meisten Patientinnen und Patienten können demnach durch neue Behandlungen beschwerdefrei leben.
Wendepunkt in der Rheumatherapie
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen richtet sich das eigene Immunsystem gegen den Körper. Krankheiten dieser Art sind bislang zwar nicht heilbar, können aber durch neue Behandlungen so weit in den Hintergrund treten, dass die Betroffenen ein normales Leben führen können. Ein wichtiger Wendepunkt in der Rheumatherapie war laut der Rheuma-Fachgesellschaft die Einführung der sogenannten Biologika vor rund 20 Jahren.
„Diese Substanzgruppe hat aufgrund ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit die Behandlung der rheumatischen Gelenkentzündungen revolutioniert“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Krause. Er ist der Ärztliche Direktor und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin und Präsident der DGRh.
Neue Wirkstoffe vereinfachen die Anwendung
Erst in den vergangenen Jahren wurden die Behandlungsmöglichkeiten bei reumatoider Arthritis und Psoriasisarthritis um die sogenannten Januskinase-Inhibitoren (JAKi) erweitert. Diese Wirkung der JAKi ist laut DGRh vergleichbar mit den Biologika, die Anwendung sei jedoch deutlich einfacher. Denn im Gegensatz zu den Biologika müssen die Wirkstoffe nicht gespritzt, sondern als Tablette eingenommen werden. „Mithilfe dieser vielfältigen Therapieoptionen können immer mehr Rheuma-Betroffene das Ziel der Remission, also der vollständigen Beschwerdefreiheit, erreichen“, betont der DGRh-Präsident.
Größte Verbesserung bei Psoriasisarthritis
Neben dem klassischen Gelenkrheuma, also der rheumatoiden Arthritis, leiden einige Rheuma-Betroffene auch unter der weniger bekannten Psoriasisarthritis, die in Verbindung mit einer Schuppenflechte (Psoriasis) auftreten kann. „Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für die Psoriasis und die Psoriasisarthritis haben sich in den letzten Jahren so stark verbessert wie für keine andere rheumatische Erkrankung“, unterstreicht Professor Krause.
Die erst letztes Jahr zugelassenen IL-17- und IL-23-Antagonisten ergänzen die bereits länger etablierten TNF-alpha-Inhibitoren nun bei der Behandlung der Psoriasisarthritis. Somit stehen mittlerweile drei Biologikagruppen bei dem Beschwerdebild zur Verfügung.
Die DGRh beruft sich auf Studien, die gezeigt haben, dass sich die beiden neueren Substanzgruppen als besonders effektiv bei der Behandlung der Psoriasis-typischen Hautveränderungen erwiesen haben. Die IL-23-Antagonisten scheinen darüber hinaus sehr gut gegen schmerzhafte Entzündungen der Sehnenansätze zu wirken.
Welche Arznei für wen?
Welche Rheuma-Betroffenen welches Medikament bekommen, richtet sich nach Angaben der DGRh nach der individuellen Ausprägung der Erkrankung. Während manche Betroffene ausschließlich an Hautveränderungen leiden, treten bei anderen auch Entzündungen an Gelenken, Sehnen, Augen oder Darm auf.
Neue Leitlinie in Arbeit
Hier müsse die Stärke der einzelnen Wirkstoffe auf die individuellen Anforderungen des Patienten beziehungsweise der Patientin angepasst werden. „Empfehlungen dazu, welche Befallsmuster mit welchen Medikamenten in welcher Reihenfolge behandelt werden sollten, sind gerade in Arbeit“, erklärt Krause. Voraussichtlich werde im kommenden Jahr hierzu eine Leitlinie veröffentlicht.
Können Rheuma-Therapien nun gelockert werden?
„Sowohl bei Patienten als auch bei den behandelnden Rheumatologen kommt die Frage nach einer möglichen Lockerung der Therapie auf“, so Krause. In Studien habe sich mittlerweile gezeigt, dass es bei vielen Betroffenen mit mindestens sechs Monaten anhaltender Remission möglich sei, die Medikamentendosis zu reduzieren. Auch nach Halbierung der Dosis blieben zwei Drittel dieser Gruppe beschwerdefrei.
„Ein komplettes Absetzen der Medikamente sei dagegen nicht zu empfehlen“, resümiert der Rheuma-Experte. Das Absetzen habe bei zwei von drei Rheuma-Betroffenen zu einem erneuten Aufflammen der Beschwerden geführt. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.: Neue Behandlungskonzepte bei rheumatischen Gelenkentzündungen: völlige Beschwerdefreiheit als erreichbares Ziel (veröffentlicht: 09.09.2021), idw-online.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.