Krebs: Spezielle Therapie bei metastasierendem Prostatakrebs
Wenn ein Primärtumor Metastasen ausbildet, ist das für die betroffenen Krebserkrankten häufig eine Hiobsbotschaft. Wenn dann beispielsweise Leber oder Lunge befallen werden, sinkt die Chance, die Krankheit zu besiegen, drastisch. Dies ist auch im Falle eines Prostatatumors so, der in andere Körperregionen streut. Doch es besteht Hoffnung: Mediziner haben nun die Wirksamkeit von einer speziellen Strahlentherapie bei metastasierendem Prostatakrebs nachgewiesen.
Zwei internationale Studien, die vor kurzem veröffentlicht wurden, haben neue Möglichkeiten für eine wirksamere Behandlung von Prostatakrebs gezeigt: Die neuartige 177Lu-PSMA-Radioliganden-Therapie. Nun berichten auch Forschende der Universität des Saarlandes über die Wirksamkeit dieser speziellen Therapie.
Überlebenschance der Erkrankten sinkt
Wenn ein Tumor Metastasen bildet, sinkt die Überlebenschance der Erkrankten beträchtlich. Dies gilt auch für Prostatatumore. Hier gibt es jedoch vielversprechende Therapieansätze.
Laut einer aktuellen Mitteilung der Universität des Saarlandes können Prostatatumore sowie ihre Metastasen mit einer Bestrahlung durch radioaktive Substanzen wie etwa Lutetium-177 zumindest eine Zeitlang unter Kontrolle gebracht werden.
Nuklearmediziner haben dazu jetzt eine der umfangreichsten Studien in der Fachzeitschrift „European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging“ veröffentlicht, die bisher zu diesem Thema durchgeführt wurden.
Tumor und seine „Ableger“ zielgenau und wirksam bekämpfen
Bildet ein Tumor Metastasen aus, sinkt die Chance, die Krankheit zu besiegen. Das ist auch bei Prostatakrebs so, der in andere Körperregionen streut. In diesem speziellen Fall haben Medizinerinnen und Mediziner allerdings ein „Einfallstor“, durch welches sie den Tumor und seine „Ableger“ im Körper zielgenau und wirksam bekämpfen können – zumindest eine Zeitlang.
Im Mittelpunkt steht dabei ein bestimmter Rezeptor auf der Tumoroberfläche: das „Prostataspezifische Membranantigen“ (PSMA), ein Eiweißmolekül, das sehr oft auf der Oberfläche von Prostatatumoren vorkommt.
Über dieses gelingt es Nuklearmedizinerinnen und -medizinern, radioaktiv strahlende Substanzen in die Tumorzelle einzuschmuggeln und so die bösartigen Zellen von innen zu zerstören.
Umliegendes Gewebe wird verschont
„Ein solcher ‚Strahler‘ ist zum Beispiel Lutetium-177“, erklärt Samer Ezziddin, Professor für Nuklearmedizin an der Universität des Saarlandes und Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes.
„So wird umliegendes Gewebe verschont und der Tumor und die Metastasen sehr punktgenau zerstört“, erklärt der Spezialist für die sogenannte Radioligandentherapie, bei der radioaktiven Substanzen wie beispielsweise Lutetium in die Tumore eingeschleust werden und diese von innen millimetergenau bestrahlen.
Mit einer Halbwertszeit von etwa einer Woche strahlt das Lutetium-177 also für zwei bis drei Wochen mit nachlassender Intensität. Eingeschleust in die Tumore wird es über das Antigen PSMA, das vor allem für Prostatatumore kennzeichnend ist.
„Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Substanz nur die schädlichen Tumorzellen bestrahlt und nicht das umliegende gesunde Gewebe“, sagt Prof. Ezziddin.
Weltweit nur wenige Studien
Zur Wirkungsweise von Lutetium-177 gibt es weltweit aber nur wenige Studien mit größeren Patientenkohorten. „Es gibt zwei Studien, eine australische und eine weltweite, mit knapp 100 sowie rund 550 Patienten, die sich mit diesem Thema befassen“, so der Spezialist. Ein Nachteil aus wissenschaftlicher Sicht an diesen Studien ist jedoch, dass die teilnehmenden Patienten sehr stark vorselektiert wurden.
„Wir haben nun eine dritte große Studie verfasst, die sich am klinischen Alltag orientiert. Unser Patientenkollektiv ist nicht vorselektiert worden. Wer an der Studie teilnehmen wollte, wurde aufgenommen.“ So haben die Fachleute eine Datengrundlage geschaffen, die sehr nahe an der klinischen Praxis ist.
Den Angaben zufolge haben 254 Männer aus dem Patientenstamm der Klinik für Nuklearmedizin an der Lutetium-Studie teilgenommen. „Unsere Patienten kamen mit einem sehr fortgeschrittenen Stadium zu uns. Es gab viele mit viszeralen Metastasen in Leber und Lunge, viele hatten eine sehr ungünstige Ausgangsprognose.“
Vielversprechende Studienergebnisse
Die Studienergebnisse sind vielversprechend: „Bei über 50 Prozent der Probanden konnten wir einen PSA-Abfall um mehr als die Hälfte feststellen“, so der Mediziner. Wie in der Mitteilung erklärt wird, ist der PSA-Wert beim Prostatakrebs der Indikator für die Tumormasse, die im Körper vorhanden ist.
Reduziert er sich um über die Hälfte, heißt das, dass der Tumor und seine Metastasen in erheblichem Maße geschrumpft sind. „Bei rund einem weiteren Drittel der Patienten war der PSA-Rückgang zwar geringer als 50 Prozent, aber zumindest konnten wir hier durch das Lutetium-177 ein weiteres Wachstum des Tumors unterdrücken“, erklärt der Nuklearmediziner.
Damit haben die Ärzte die Wirksamkeit einer Lutetium-177-Therapie für Patienten, die konventionell bereits austherapiert waren, untermauern können. Durch die präzise Bestrahlung sowie die Schonung anderer Körperregionen kommt es auch zu so gut wie keinen Nebenwirkungen. Im Schnitt konnten die Fachleute nach zwei Gaben Lutetium die größten Effekte nachweisen.
„Unsere Therapie greift also auch bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium sehr gut. Dadurch, dass sie mit nur sehr wenigen Nebenwirkungen behaftet ist, bleibt für sie auch die Lebensqualität meist unbeeinträchtigt und bessert sich im Gegenteil häufig durch das Zurückdrängen der Metastasen“, so Ezziddin.
Die Therapie erhöhe die Wahrscheinlichkeit einige Monate oder gar Jahre an Lebenszeit gewinnen, ohne Lebensqualität einbüßen zu müssen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität des Saarlandes: Mediziner weisen Wirksamkeit von spezieller Strahlentherapie bei metastasierendem Prostatakrebs nach, (Abruf: 11.09.2021), Universität des Saarlandes
- Khreish, F., Ghazal, Z., Marlowe, R.J. et al.: 177 Lu-PSMA-617 radioligand therapy of metastatic castration-resistant prostate cancer: Initial 254-patient results from a prospective registry (REALITY Study); in: European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging, (veröffentlicht: 07.09.2021), European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.