Corona: Neue Erkenntnisse zu Thrombosen nach einer Impfung
In der Europäischen Union sind derzeit vier Impfstoffe gegen die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit COVID-19 zugelassen, die alle auch in Deutschland zum Einsatz kommen. Einer davon ist Vaxzevria® von AstraZeneca. Dieses Vakzin ist jedoch stark in die Kritik geraten, da es nach Impfungen damit in seltenen Fällen zu Hirnvenenthrombosen kam. Nun berichten Forschende über neue Erkenntnisse.
Nach Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff des Pharmaunternehmens AstraZeneca sind bei einigen Menschen Hirnvenenthrombosen aufgetreten. Diese führten in manchen Fällen zum Tod der Geimpften. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Abteilung Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald haben nun in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ neue Erkenntnisse dazu veröffentlicht.
Abstand zur Zweitimpfung von drei Monaten empfohlen
„Die gefährlichen Anti-PF4-Antikörper, die zu Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung gegen Covid-19 führen können, verschwinden bei den meisten Patienten innerhalb von drei Monaten wieder“, erklärt der Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin, Prof. Dr. Andreas Greinacher, in einer Mitteilung.
„Die Betroffenen können ohne Risiko ein zweites Mal geimpft werden, ohne dass die Antikörper wieder gebildet werden“, so der Mediziner. „Daher ist ein Abstand zur Zweitimpfung von drei Monaten klar zu empfehlen.“
Keine langfristige Gefährdung
„Betroffene sind nicht langfristig gefährdet, immer wieder neue Thrombosen zu bekommen. Die Antikörper aktivieren die Blutgerinnung nur eine kurze Zeit nach der Impfung. Dies ist eine unglaublich gute Nachricht für alle Betroffenen und ihre Familien“, sagt die Erstautorin Dr. Linda Schönborn.
„Menschen, die nach der ersten Impfung die schwere Nebenwirkung Vakzin-induzierte Immunthrombozytopenie und Thrombosen (VITT) entwickelt haben, können ein zweites Mal geimpft und so vor Covid-19 geschützt werden.“
Keine Komplikationen nach der zweiten Impfung
Auf der Basis der Untersuchungen der Arbeitsgruppe des Transfusionsmediziners Prof. Dr. Andreas Greinacher und des Experten für Bioinformatik, Prof. Dr. Lars Kaderali, in Greifswald wurden viele der betroffenen VITT-Betroffenen bereits ein zweites Mal geimpft, um einen vollen Schutz gegen COVID-19 zu erhalten.
Den Angaben zufolge hat die zweite Impfung mit einem mRNA-Impfstoff von BioNTech Pfizer oder Moderna bei keinem zu Komplikationen geführt. „Diese Ergebnisse sind weltweit von größter Bedeutung. In den meisten Ländern stehen nur Adenovirus-basierte Impfstoffe, wie die Impfstoffe von AstraZeneca oder Johnson&Johnson, zur Verfügung“, erklärt Greinacher.
„Die Greifswalder Erkenntnisse helfen dabei, die Impfung für hunderte Millionen Menschen sicherer zu machen“, so der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Unimedizin Greifswald, Mathias Brodkorb.
Antikörper als Ursache für schwere Impfnebenwirkung
Bereits im März 2021 hat die Arbeitsgruppe um Professor Andreas Greinacher die Ursachen für die Entstehung von Hirnvenenthrombosen nach einer COVID-19-Impfung aufgeklärt, einen Labortest zum Nachweis sowie eine Behandlungsmöglichkeit entwickelt.
Die Ursache für die schwere Impfnebenwirkung VITT sind laut den Fachleuten Antikörper gegen das Thrombozytenprotein Plättchenfaktor 4 (PF4), die die Blutgerinnung stark aktivieren. Die Antikörper werden durch Bestandteile im Vakzin, die sich an PF4 binden, ausgelöst.
Diese Ergebnisse wurden inzwischen von mehreren Arbeitsgruppen international bestätigt. Laut der Mitteilung arbeitet das Greifswalder Wissenschaftsteam weiter mit Hochdruck an der Erforschung der Impfnebenwirkungen und wird zeitnah über neue Ergebnisse berichten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Greifswald: Neue Erkenntnisse zu seltenen Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung, (Abruf: 12.09.2021), Universität Greifswald
- Linda Schönborn, M.D., Thomas Thiele, M.D., Lars Kaderali, Ph.D., Andreas Greinacher, M.D.: Decline in Pathogenic Antibodies over Time in VITT; in: New England Journal of Medicine, (veröffentlicht: 08.09.2021), New England Journal of Medicine
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.