Vorhofflimmern bleibt oft unbemerkt: Erhöhtes Schlaganfallrisiko
Vorhofflimmern zeigt sich häufig durch Herzrasen oder Herzstolpern. Doch nur etwa die Hälfte der Betroffenen spürt Symptome. Die Herzrhythmusstörung bleibt daher oft unbemerkt. Eine Behandlung ist aber wichtig, um das Schlaganfallrisiko zu senken.
Jedes Jahr erleiden mehr als eine Viertelmillion Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Ein Großteil der sogenannten Hirninfarkte geht auf Erkrankungen der Gefäße oder des Herz-Kreislauf-Systems zurück. Unter anderem Vorhofflimmern erhöht die Schlaganfallgefahr deutlich. Die Herzrhythmusstörung bleibt aber bei vielen Betroffenen unbemerkt.
Beschwerden nur bei der Hälfte der Betroffenen
Wie die Deutsche Herzstiftung in einer aktuellen Mitteilung schreibt, trifft ein Schlaganfall oft Menschen mit Vorhofflimmern, die von ihrer Herzrhythmusstörung gar nichts wissen und somit nicht die schützende Therapie erhalten haben.
Rund ein Viertel der Schlaganfälle hierzulande geht auf Vorhofflimmern zurück. Nur bei etwa 50 Prozent der etwa 1,8 Millionen Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern macht sich die Herzrhythmusstörung mit spürbaren Beschwerden wie Herzstolpern und Herzschlag bis zum Hals, Druckgefühl im Brustkorb, Angst, Luftnot, Schwindelgefühl und Leistungsschwäche bemerkbar.
Bei der anderen Hälfte tritt Vorhofflimmern meist nur untypisch oder sogar ganz ohne Symptome auf. „Der Schlaganfall ist die größte Gefahr, die vom Vorhofflimmern ausgeht. Vor allem ältere Patienten ab 60 Jahren, bei denen gehäuft Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheit auftreten, haben ein hohes Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen und sollten sich schützen“, so der Herzspezialist Priv.-Doz. Dr. med. Gerian Grönefeld vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
Deshalb empfiehlt die Stiftung älteren Menschen ab 60 und Herzkranken, auch regelmäßig ihren Puls zu messen. „Ist der Puls unregelmäßig oder liegt er in Ruhe über 100 Schläge pro Minute, sollte man umgehend einen Arzt aufsuchen, um klären zu lassen, ob Vorhofflimmern vorliegt“, sagt Grönefeld.
Schlaganfall-Anzeichen erkennen und Hilfe holen
Der Schlaganfall kommt aber nicht immer aus heiterem Himmel. Häufig treten einzelne Symptome bereits Tage oder Wochen vorher auf, verschwinden aber nach wenigen Minuten wieder. Meistens handelt es sich bei diesen „Vorboten“ um fast die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall.
Anders als bei einem „echten“ Schlaganfall verschwinden diese „Transitorische Ischämische Attacke“ (TIA) genannten Warnsignale nach kurzer Zeit wieder. Eine TIA zeigt sich ebenso wie ein Schlaganfall durch folgende Symptome, die alle kennen sollten:
- Lähmungserscheinungen auf einer Körperhälfte: beispielsweise Lähmung eines Arms oder Beins
- Gesichtssymptome: herabhängender Mundwinkel, Schwierigkeiten beim Lächeln
- Sprachstörungen: plötzlich verwaschene oder undeutliche Sprache, Wortfindungsprobleme, falsche Satzbildung
- plötzliche heftige Kopfschmerzen
- Sehstörungen bis hin zur Erblindung oder Schwindel
Wer eines dieser Symptome bei sich bemerkt, sollte nicht zögern, sondern sofort den Notruf 112 wählen. Denn das Wichtigste ist, keine Zeit zu verlieren.
Grunderkrankung konsequent behandeln
Wichtigste erste Maßnahme nach der Diagnose Vorhofflimmern ist die Behandlung mit einem gerinnungshemmenden Medikament (sogenannte „Blutverdünner“).
Im Herzen, in einer Ausbuchtung im Vorhof, können sich aufgrund des unregelmäßigen Herzschlags bei Vorhofflimmern Blutgerinnsel bilden. Wenn diese ausgeschwemmt werden und mit dem Blutstrom in den Kopf gelangen, können sie ein Hirngefäß verstopfen: Es kommt zum Schlaganfall.
Doch auch andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Vorhofflimmern verursachen können, sind für die Risikovorsorge zu berücksichtigen. Daher ist neben der Einnahme gerinnungshemmender Medikamente ebenso wichtig, die Grunderkrankung der Herzrhythmusstörung konsequent zu behandeln.
Neben Bluthochdruck fallen darunter insbesondere die koronare Herzkrankheit (KHK), Herzklappenerkrankungen, Herzschwäche, Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Fettleibigkeit (Adipositas)/Übergewicht.
Bluthochdruck erhöht das Schlaganfallrisiko
Bei etwa 60 Prozent der Betroffenen mit Vorhofflimmern liegt Bluthochdruck vor. Eine Erweiterung des linken Vorhofs ist ein erstes Zeichen dafür, dass das Herz durch den hohen Blutdruck schon geschädigt ist.
Hochdruckpatientinnen und -patienten sollten daher therapeutisch gut eingestellt sein, um ihr Schlaganfallrisiko zu minimieren. So kann bei einem Bluthochdruck die Senkung des oberen Wertes um nur zehn mmHg das Schlaganfallrisiko um fast 40 Prozent verringern.
„Patienten mit Bluthochdruck und Vorhofflimmern sind zweifach belastet: Zum einen erhöht der Bluthochdruck aufgrund der Gefäßbelastung selbst das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, zum anderen besteht durch das Vorhofflimmern die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel bilden, die wiederum einen Schlaganfall auslösen können“, erläutert Grönefeld.
Risiko verringern
Herz-Kreislauf-Erkrankte sowie Gesunde ab 60 sollten zu Hause ihren Puls messen. So können sie ihr Risiko für einen Schlaganfall reduzieren. Blutdruckmessgeräte zeigen meist auch Unregelmäßigkeiten des Pulses an oder man fühlt selbst seinen Puls.
„Auch Ärzte sollten besonders bei Bluthochdruck- und Herzpatienten beim Praxisbesuch immer zuerst den Puls fühlen und bei Auffälligkeiten ein EKG machen.“ Eine Hilfe können auch sogenannte „Wearables“ oder „Smartwatches“ mit Pulsmess- und EKG-Funktion oder Apps fürs Smartphone mit diesen Funktionen sein.
Allerdings sollte die EKG-Dokumentation der Wearables durch die Ärztin oder den Arzt beurteilt werden, um die richtige Diagnose zu stellen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Herzstiftung: Unbemerktes Vorhofflimmern: Schlaganfallgefahr, (Abruf: 26.09.2021), Deutsche Herzstiftung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.