Hilft das Darmmikrobiom gegen Muskelschwund im Alter?
Ein gesundes Darmmikrobiom, auch als Darmflora bekannt, fördert nicht nur den Muskelwachstum nach dem Sport, sondern wirkt allgemein positiv auf die Gesundheit der Skelettmuskulatur. So könnte über eine Stimulierung der Darmfloa gegebenenfalls auch Menschen geholfen werden, die unter Muskelschwund im Alter oder infolge einer Krebserkrankung leiden.
Einige durch das Darmmikrobiom gebildete Substanzen fördern das Muskelwachstum nach dem Training und könnten auch Menschen helfen, die unter Muskelschwund leiden, wie er typischerweise im Alter oder bei Krebs auftritt. Ein Ungleichgewicht der Darmflora kann hingegen das Muskelwachstum und die Gesundheit der Muskulatur beeinträchtigen, so das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung der University of Kentucky. Die entsprechende Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „The Journal of Physiology“ publiziert.
Muskelaufbau dank intaktem Mikrobiom
In verschiedenen Studien der letzten zehn Jahre wurde bereits nachgewiesen, dass die insbesondere Bakterien der Darmflora Stoffe produzieren, welche sehr wichtig für die Gesundheit sind, erläutert das Forschungsteam. In der neuen Forschungsarbeit wurde nun nachgewiesen, dass bei Mäusen ein intaktes Mikrobiom erforderlich ist, damit die Muskeln nach dem Training besser wachsen.
Verbindung zwischen Darmmikrobiom und Skelettmuskulatur?
Einige frühere Untersuchungen lieferten verblüffende Hinweise darauf, dass das Darmmikrobiom auch für die Gesundheit der Skelettmuskulatur wichtig sein könnte. In der neuen Studie wurde jetzt analysiert, inwiefern ein Ungleichgewicht des Darmmikrobioms Auswirkungen darauf hat, wie sich die Skelettmuskeln an Training beziehungsweise Belastung anpassen.
Antibiotika töteten Bakterien des Darmmikrobioms ab
Zur Beantwortung dieser Frage ließen die Forschenden Mäuse auf Laufrädern trainieren und verabreichten einigen der Tiere Antibiotika über das Trinkwasser. Durch die Behandlung mit Antibiotika wurden die Bakterien des Darmmikrobioms abgetötet.
Nach neun Wochen verglichen die Fachleute die Muskeln der gesunden Mäusen mit denen von Tieren ohne intaktes Mikrobiom. So wollten sie herausfinden, ob sich die Muskeln unterschiedlich an das Laufen in den Rädern anpassen.
Muskeln wuchsen besser bei gesundem Mikrobiom
Die Forschenden stellten fest, dass die Muskeln von Mäusen ohne intaktes Mikrobiom nicht so stark wuchsen, wie bei den gesunden Tieren. Diese Auswirkung trat auf, obwohl beide Gruppen von Mäusen in den neun Wochen der Nutzung der Laufräder gleich viel gelaufen waren.
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass ein gesundes Darmmikrobiom notwendig ist, damit die Skelettmuskeln nach dem Training optimal wachsen können. Diese sei ein weiterer Beleg für den Zusammenhang zwischen dem Darmmikrobiom und der Skelettmuskulatur, berichten die Forschenden. Offenbar erzeuge das Darmmikrobiom Substanzen, welche dazu beitragen, dass die Skelettmuskeln nach dem Training größer werden.
Obwohl die Fachleute im Vergleich zu früheren Studien eine relativ niedrige Antibiotikadosis verwendeten, ist eine Einschränkung der Studie darin zu sehen, dass unklar bleibt, ob die Antibiotika die Fähigkeit der Skelettmuskeln, sich an das Training anzupassen, direkt beeinflusst haben könnten.
Zusätzlich wurden in der aktuellen Studie nur weibliche Mäuse untersucht, so dass nicht bekannt ist, ob die Ergebnisse auch auf männliche Mäusen zutreffen. Außerdem sei wie bei allen Untersuchungen an Tieren fraglich, ob sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, berichtet das Team.
Behandlung von Muskelschwund in Aussicht
„Wenn wir die Substanzen identifizieren können, die die Darmbakterien herstellen, um das Muskelwachstum nach dem Training zu unterstützen, könnten wir einige dieser Substanzen nutzen, um das Muskelwachstum bei Menschen zu fördern, die unter Muskelschwund leiden, wie er typischerweise im Alter oder bei Krebs auftritt“, erläutert Studienautor Taylor Valentino von der University of Kentucky in einer Pressemitteilung der Physiological Society.
Bakterien helfen Menschen schneller zu laufen
„Aus sportlicher Sicht wurde festgestellt, dass Weltklasseläufer mehr von einem bestimmten Bakterientyp haben, der eine zusätzliche Energiequelle bereitstellt, die ihnen vermutlich hilft, schneller zu laufen. Das Darmmikrobiom stellt also Substanzen her, die offenbar wichtig sind, damit sich die Skelettmuskeln vollständig an die Belastung anpassen und die sportliche Leistung verbessern können“, fügt Studienautor John McCarthy von der University of Kentucky hinzu.
Das Team möchte auch herausfinden, wie genau Sport die Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms verändert. Zudem sollen die Substanzen identifiziert werden, welche das Darmmikrobiom zum Wachstum der Skelettmuskulatur als Reaktion auf das Training bildet, fügen die Fachleute hinzu. (as)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Taylor R. Valentino, Ivan J. Vechetti Jr, C. Brooks Mobley, Cory M Dungan, Lesley Golden, et al.: Dysbiosis of the gut microbiome impairs mouse skeletal muscle adaptation to exercise; in: The Journal of Physiology (veröffentlicht 26.09.2021), The Journal of Physiology
- The Physiological Society: Using the microbiome to promote muscle growth in muscle loss conditions such as ageing and cancer (veröffentlicht 26.09.2021), The Physiological Society
Wichtiger Hinweis:
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