Herzstillstand: 65.000 Betroffene jährlich in Deutschland
Medizinerinnen und Mediziner klären in einem aktuellen Bericht über den plötzlichen Herzstillstand auf. Rund 65.000 Menschen in Deutschland erleiden einen solchen Vorfall pro Jahr. Nur 5.000 der Betroffenen überleben. Warum hört bei manchen Personen plötzlich das Herz auf zu schlagen?
Forschende stellten auf einer Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (Herztage 2021) die neusten Erkenntnisse zum plötzlichen Herzstillstand vor. Die Suche nach den Ursachen gestaltet sich jedoch oftmals schwierig – vor allem, wenn es sich bei den Betroffenen um junge und gesunde Menschen handelt.
Christian Eriksen erlitt einen plötzlichen Herzstillstand
Dass der plötzliche Herzstillstand auch junge und gesunde Menschen treffen kann, wurde erst kürzlich beim dänischen Fußballspieler Christian Eriksen deutlich. Der 29-Jährige brach am 12. Juni 2021 in Kopenhagen während des EM-Gruppenspiels gegen Finnland zusammen. Nur ein schnelles Eingreifen der bereitstehenden Medizinerinnen und Mediziner rettete dem Fußballer das Leben. Durch Thoraxkompressionen und Defibrillation konnte Eriksen wiederbelebt werden.
Plötzlicher Herzstillstand ist kein Einzelfall
Eriksens Schicksal ist jedoch kein Einzelfall. Jedes Jahr erleiden rund 65.000 Menschen hierzulande den gleichen Vorfall. Die meisten von ihnen haben allerdings nicht das Glück, dass ein voll ausgerüstetes Ärzteteam bereit steht. „Neben der akuten hohen Sterblichkeit eines solchen Ereignisses sind die langfristigen Konsequenzen für das weitere Leben der Betroffenen nur schwer abschätzbar“, erläutert Kardiologe Dr. Alexander Pott.
Diagnose ist oft schwierig
Das Team um Dr. Pott hat im Rahmen einer Studie an der Uniklinik Ulm nach Gründen für plötzliche Herzstillstände geforscht. „Häufig stellt sich die Frage nach der Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes und ob im Laufe des weiteren Lebens erneut ein plötzlicher Herztod droht“, schildert der Studienleiter. Vor allem bei jungen Betroffenen seien die Ursache für Herzstillstände nicht leicht zu diagnostizieren.
Wie die Forschenden berichten, werden im Rahmen von plötzlichen Herzstillständen häufig Veränderungen des Herzmuskels und Herzmuskelentzündungen beobachtet. Die Veränderungen des Reizleitungssystems oder der Herzmuskelzellen können in solchen Fällen zu einem instabilen Herzrhythmus und zu ernsthaften Herzrhythmusstörungen führen.
Welche Behandlungen schützen vor Herzstillstand?
Bei Hochrisiko-Patientinnen und -Patienten, die beispielsweise kürzlich einen Herzinfarkt erlitten haben oder bei denen eine Herzschwäche diagnostiziert wurde, wird oftmals ein Defibrillator eingesetzt. Auch Eriksen erhielt ein solches Gerät, das im Notfall dem Herzen einen Elektroschock versetzt, um es wieder zum Schlagen zu bringen. Das Tragen einer Defibrillatorweste ist zudem eine temporäre Maßnahme zum Schutz vor einem Herzstillstand.
Solche Behandlungsmethoden kommen natürlich nur bei denjenigen in Frage, bei denen das erhöhte Risiko für Herzstillstand bereits aufgedeckt wurde. Bei vielen Betroffenen wurden jedoch im Vorfeld keine Herzbeschwerden erkannt.
Ursachen können oft nicht aufgedeckt werden
In der Studie des Uniklinikums Ulm wurden 150 Teilnehmende untersucht – alle unter 40 Jahre alt. Die Probandinnen und Probanden erlitten zwischen den Jahren 2000 und 2020 einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand und konnten dank schneller Hilfe überleben. Wie die Forschenden feststellten, waren in 73 Fällen unentdeckte Erkrankungen des Herzens für den plötzlichen Herzstillstand verantwortlich. In 17 der 73 Fälle konnte die Art der Herzkrankheit jedoch trotz umfangreicher Untersuchung nicht ermittelt werden.
„Eine strukturierte Aufarbeitung dieser Fälle ist sinnvoll und notwendig, um eine zielgerichtete Therapie zu etablieren und um den Betroffenen eine möglichst gute Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Ereignisses geben zu können“, betont Dr. Pott. Besonders wichtig für Betroffene sei, an regelmäßigen kardiologischen Untersuchungen teilzunehmen und sich sofort beim Kardiologen oder in der Notaufnahme vorzustellen, wenn Beschwerden auftreten.
Was passiert beim plötzlichen Herzstillstand?
Nach Angaben der Herzfachleute ist ein plötzlicher Herzstillstand oft die Folge eines anhaltenden Kammerflimmerns. In diesem Zustand ziehen sich die Herzkammern aufgrund ungeordneter elektrischer Erregungen immer wieder sehr schnell zusammen. Durch die hektischen Zuckungen kann kein Blut mehr durch den Kreislauf gepumpt werden, wodurch die Betroffenen schließlich das Bewusstsein verlieren.
Plötzlicher Herzstillstand: Wie handeln?
Die Überlebenschancen der Betroffenen hängen maßgeblich davon ab, wie schnell und gut erste Maßnahmen zur Wiederbelebung eingeleitet werden. Mit jeder Minute, in denen eine Person mit plötzlichem Herzstillstand nicht mittels Herzdruckmassage versorgt wird, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um rund 10 Prozent, betonen die Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.
Nicht zögern: Herzdruckmassage rettet Leben
In vielen Fällen haben Zeugen des Vorfalls jedoch Hemmungen, mit einer Herzdruckmassage zu beginnen. Die Angst, etwas falsch zu machen, ist meistens der Grund für die unterlassene Hilfe. „Reanimationsunterricht kann hier Abhilfe schaffen“, so die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung habe bereits eine Petition gestartet, die Wiederbelebungsunterricht in den Schulen ab der siebten Klasse fordert. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Kardiologie: Plötzlicher Herzstillstand: 65.000 Menschen pro Jahr in Deutschland betroffen (veröffentlicht: 01.10.2021), dgk.org
- Michael Baumhardt, Alexander Pott: Sekundenherztod überlebt und dann? – Ursache bösartiger Herzrhythmusstörungen bei jungen Patient*innen bleibt trotz erweiterter kardialer Diagnostik oft unklar (Abruf: 01.10.2021), dgk.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.