Stickstoffoxid hilft bei Immunabwehr gegen Krankheitserreger
Weltweit sind Infektionskrankheiten eine der häufigsten Todesursachen. Sie werden durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht. Eine menschliche Ansteckung kann über direkten (etwa durch Anhusten) oder indirekten Kontakt (beispielsweise über Händeschütteln oder den Genuss von Lebensmitteln) erfolgen. Nun haben Forschende neue Erkenntnisse gewonnen, die entscheidend für die Entwicklung neuer Therapieansätze zur Behandlung von solchen Erkrankungen sein könnten.
Laut einer aktuellen Mitteilung haben Immunologinnen und Immunologen der Universitätsmedizin Magdeburg eine neue Rolle von Stickstoffoxid bei der Abwehr von Krankheitserregern entschlüsselt. Ihre Ergebnisse wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Immunity“ veröffentlicht.
Genaue Wirkungsweise aufgedeckt
Wie in der Mitteilung erklärt wird, kommt Stickstoffoxid (NO) im menschlichen Körper als natürlicher Botenstoff vor. Es gilt als Alleskönner, weil es zahlreiche wichtige regulative Funktionen übernimmt, auch bei der Immunabwehr gegen Krankheitserreger.
Die genaue Wirkungsweise dieses Moleküls hat der Immunologe Prof. Dr. Andreas Müller vom Institut für Molekulare und Klinische Immunologie der Universitätsmedizin Magdeburg gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung Braunschweig jetzt aufgedeckt.
Die Erkenntnisse sind laut den Fachleuten entscheidend für die Entwicklung neuer Therapieansätze zur Behandlung von Infektionskrankheiten, aber auch von Erkrankungen, die durch übermäßige Entzündung verursacht werden.
Zwei sehr unterschiedliche Wirkungen
„NO hat zwei sehr unterschiedliche Wirkungen während einer Infektion: Einerseits kann es Krankheitserreger, die von Fresszellen aufgenommen wurden, direkt zerstören“, erklärt Prof. Müller.
„Andererseits verhindert NO ab einer gewissen Konzentration die Rekrutierung weiterer Fresszellen zum Ort der Infektion und verhindert so eine unnötige Gewebeschädigung, die durch eine überschießende Immunantwort verursacht würde.“
Die Forschenden haben am Beispiel von Leishmania major, der Erreger einer bislang schwer zu behandelnden Tropenkrankheit, die beiden Wirkungsweisen von NO über den gesamten Verlauf einer Immunantwort vermessen und modelliert.
Sie konnten dabei zeigen, dass das direkte Zerstören des Krankheitserregers durch NO nur während eines relativ kurzen Zeitraums der wichtigste Verteidigungsmechanismus des Immunsystems gegen Leishmania major darstellt.
„Viel effektiver ist NO stattdessen darin, die Fresszellen, in denen sich Leishmania major vermehren kann, davon abzuhalten, an die Infektionsstelle zu gelangen. Da NO die Rekrutierung dieser Fresszellen hemmt, entzieht es dem Erreger die Grundlage zur Vermehrung“, so Prof. Müller.
Neue Behandlungsansätze gegen Infektionskrankheiten
Für ihre Experimente haben die Forscherinnen und Forscher ein eigenes Messsystem entwickelt, um auch die Wachstumsgeschwindigkeit und Lebensfähigkeit der Erreger während der Infektion bestimmen zu können.
„Mit der so genannten intravitalen 2-Photonenmikroskopie konnten wir die Erreger während einer Infektion im lebenden Gewebe beobachten und ihre Vermehrung bzw. Zerstörung durch das Immunsystem vermessen. Die so gewonnenen Daten wurden genutzt, um die Voraussagen mathematischer Modelle, die wir zur Arbeitsweise des Immunsystems aufgestellt hatten, zu überprüfen und diese Prognosen stimmten exakt mit unseren Daten überein.“
Mit diesem besseren Verständnis über das Zusammenspiel der verschiedenen Mechanismen der Immunabwehr sei es jetzt möglich, gezielt in die Regulation des Immunsystems einzugreifen und damit neue Behandlungsansätze im Kampf gegen Infektionskrankheiten zu entwickeln. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsmedizin Magdeburg: Ein winziges Molekül mit großer Wirkung, (Abruf: 25.10.2021), Universitätsmedizin Magdeburg
- Pauline Formaglio, Mohamad Alabdullah, Anastasios Siokis, Juliane Handschuh, Ina Sauerland, Yan Fu, Anna Krone, Patricia Gintschel, Juliane Stettin, Sandrina Heyde, Juliane Mohr, Lars Philipsen, Anja Schröder, Philippe A. Robert, Gang Zhao, Sahamoddin Khailaie, Anne Dudeck, Jessica Bertrand, Gerald F. Späth, Sascha Kahlfuß, Philippe Bousso, Burkhart Schraven, Jochen Huehn, Sebastian Binder, Michael Meyer-Hermann, Andreas J. Müller: Nitric oxide controls proliferation of Leishmania major by inhibiting the recruitment of permissive host cells; in: Immunity, (veröffentlicht: 22.10.2021), Immunity
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.