Klimaziele erreichen durch Nudging?
Sogenanntes Nudging ist eine einfache, effektive und kostengünstige Methode, um Menschen zu einem gewünschten Verhalten zu motivieren. So lässt sich auch die Ernährung mit der Hilfe von Nudging in eine nachhaltigere und gleichzeitig gesündere Richtung umstellen.
In einer aktuellen Pressemitteilung des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) wird dargelegt, wie Nudging zu einer nachhaltigen Ernährung und zum Erreichen von Klimazielen beitragen kann.
Was ist Nudging?
Nudging steht in der englischen Sprache für Anstoßen oder Stupsen. Es bezeichnet den Vorgang, wenn Personen auf mehr oder weniger subtile Weise dazu bewegt werden, etwas Bestimmtes zu tun. In Studien habe sich bereits gezeigt, dass Nudging eine großen Unterschied machen kann, wenn es darum geht Personen zu einem gewünschten Verhalten zu bringen, berichtet das BZfE.
Als Beispiel nennen die Fachleute eine Studie aus Kopenhagen. In dieser wurde untersucht, wie bei Konferenzeinladungen Menschen durch Nudging dazu gebracht werden können, statt einem Buffet mit Fleisch ein vegetarische Buffet zu wählen.
97 Prozent wählten durch Nudging vegetarisches Essen
Durch Nudging wählten 87 Prozent der Teilnehmenden das vegetarische Buffet und lediglich 13 Prozent bestellten Fleisch. Ohne Nudging wollten dagegen 94 Prozent nicht auf Fleisch verzichten und nur sechs Prozent entschieden sich für vegetarische Nahrung. Diese deutet drauf hin, wie einfach Menschen zu einem gewünschten Verhalten motiviert werden können, trotz völliger Wahlfreiheit.
Trotzdem sei noch weitere empirische Forschung nötig, um die wirksamsten Methoden zu identifizieren und ihre genauen Effekte zu beziffern. Denn der erzielte Erfolg bei der Beeinflussung der Nahrungsauswahl aus lediglich zwei Optionen sei wesentlich einfacher, als der Einkauf für eine ganze Familie in einem Supermarkt, erläutert Dr. Jan Michael Bauer von der Copenhagen Business School
Anders ausgedrückt: Umso komplexer ein Entscheidungsprozess ausfällt, umso schwieriger ist es, das genaue Verhalten vorherzusagen und die sogenannte Entscheidungsarchitektur gezielt in Richtung Nachhaltigkeit zu beeinflussen.
Dennoch sieht der Fachmann ein großes Potenzial im Nudging und einer nachhaltigkeitsorientierten Ausrichtung des Ernährungsumfelds. Dies könne helfen, das weitgehend impulsgesteuerten und gewohnheitsmäßigen Verhalten von Menschen mit höheren Zielen, wie beispielsweise Nachhaltigkeit und Gesundheit, in Einklang zu bringen.
Allerdings sei Nudging alleine keineswegs die Lösung, um Menschen zu einer nachhaltigen Ernährung zu motivieren. Nudging könne jedoch zusammen mit Verboten, Steuern, Preisanreizen, Information und Bildung zum Erfolg führen.
Auswirkungen von Nudging
Die Fachleute erklären, dass Nudges, welche explizit am Verhalten ansetzen, in Untersuchungen den meisten Erfolg brachten. In der Meta-Analyse von 90 Studien wurde festgestellt, dass sich der Kalorienverbrauch der Teilnehmenden durch kleinere Portionen um 18,4 Prozent verringerte. Durch eine bessere Erreichbarkeit von kalorienärmeren Alternativen reduzierte sich der Kalorienverbrauch um 11,6 Prozent.
Durch ein Hervorheben sogenannter hedonistischer Aspekte (beispielsweise guter Geschmack) reduzierte sich die Aufnahme von Kalorien um zehn Prozent und durch das Hervorheben von vorteilhaften Aspekten der Gesundheit sank die Kalorienaufnahme um 7,5 Prozent.
Nachteile von Nudging?
Ein häufig geäußerte Kritik bei diesem Verfahren ist laut BZfE eine mögliche Bevormundung oder Manipulation von betroffenen Personen. Dies scheinen von Nudging betroffene Menschen selbst aber nicht zwangsläufig genau so zu sehen.
Eine repräsentative Umfrage aus Deutschland zu diesem Thema zeige, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmenden einzelne Nudges und Eingriffe in die Entscheidungsarchitektur als Maßnahme der Gesundheitsintervention eher befürwortete. Zu diesen gehörten beispielsweise eine Abschaffung der Platzierung von Süßigkeiten im Kassenbereich von Supermärkten sowie die verpflichtende Auflistung von enthaltenen Kalorien in Speisen in Schnellrestaurants. Selbst einen in den Medien stark kritisierten Vorschlag eines sogenannten Veggie-Days in öffentlichen Kantinen befürworteten in der Befragung etwas mehr als 50 Prozent der Teilnehmenden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundeszentrum für Ernährung: Nachhaltige Ernährung als neuer Standard (Stand: 27.10.2021), BZfE
- Pelle G. Hansen, Mathilde Schilling, Mia S. Malthesen: Nudging healthy and sustainable food choices: three randomized controlled field experiments using a vegetarian lunch-default as a normative signal; in: Journal of Public Health (veröffentlicht 30.11.2019), Journal of Public Health
- Romain Cadario, Pierre Chandon: Which Healthy Eating Nudges Work Best? A Meta-Analysis of Field Experiments; in: Marketing Science (veröffentlicht Vol. 39, No. 3, 19.06.2019), Marketing Science
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.