Rheuma-Medikamente können COVID-19-Verlauf beeinflussen
Forschende haben die Risiken bei Rheuma und der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 untersucht. Sie berichten nun, dass bestimmte Rheuma-Medikamente vor schwerem Corona-Verlauf schützen könnten.
Allein mit den Impfungen wird die Corona-Pandemie womöglich nicht unter Kontrolle gebracht werden können. Umso wichtiger ist es, dass bald Arzneimittel gegen COVID-19 zur Verfügung stehen. Bestimmte Medikamente gegen Rheuma könnten laut neuesten Erkenntnissen vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen.
Mehrzahl der Arzneimittel sicher einsetzbar
Wie die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, ist die Mehrzahl der Rheuma-Medikamente auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 sicher einsetzbar.
Einige Wirkstoffe scheinen sogar vor schweren COVID-19-Verläufen zu schützen. Einzelne Medikamente gegen entzündlich-rheumatische Erkrankungen stehen aber im Zusammenhang mit komplizierten Verläufen.
Das zeigt eine aktuelle, in der Fachzeitschrift „RMD Open“ veröffentlichte Studie von Forschenden der DGRh und des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) zu Risikofaktoren schwerer COVID-19-Verläufe.
Einfluss auf das Immunsystem
Arzneimittel gegen entzündlich-rheumatische Erkrankungen beeinflussen das Immunsystem. Einige davon erhöhen die Infektanfälligkeit. Das kann auch den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung beeinflussen.
Daher untersuchten PD Dr. med. Anne Regierer und Dr. rer. nat. Martin Schäfer vom Programmbereich Epidemiologie am DRFZ und Dr. med. Rebecca Hasseli, Koordinatorin des COVID19-Rheuma Registers der DGRh, die Daten von 2.274 Patientinnen und Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung und einer SARS-CoV-2-Infektion.
Das Register ist ein gemeinsames Projekt der DGRh sowie der Universität Gießen, dort geleitet von Prof. Dr. med. Ulf Müller-Ladner. Die Kommission COVID-19-Register der DGRh wertet die Registerdaten fortlaufend aus. Auch die neue Studie von Dr. Regierer ist im Rahmen dieser Kommissionstätigkeit entstanden.
Hohe Krankheitsaktivität mit größerem Risiko verbunden
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DRFZ und der DGRh kategorisierten schwere Verläufe in drei Gruppen: ambulant behandelt, stationär aufgenommen sowie invasiv beatmet oder verstorben.
„Bei der großen Mehrheit verlief die Infektion glücklicherweise unkompliziert“, erläutert Dr. Hasseli. Dies waren 78 Prozent. Leider verstarben 83 Erkrankte an COVID-19, dies sind 3,6 Prozent der zu diesem Zeitpunkt im Register Erfassten.
Für die Rheumapatientinnen und -patienten „zeigte sich, dass, wie bei nicht von Rheuma Betroffenen, schwere Verläufe oft mit höherem Alter, männlichem Geschlecht und zusätzlich bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind“, so PD Dr. med. Anne Regierer vom DRFZ.
Erheblichen Einfluss nehme jedoch auch die Aktivität der rheumatischen Erkrankung: Patientinnen und Patienten mit einer mittleren bis hohen Krankheitsaktivität hatten ein deutlich höheres Risiko für einen schwereren COVID-19-Verlauf als solche mit „stabiler“ Erkrankung. Bei denjenigen, die eine hohe Krankheitsaktivität hatten und zusätzlich auch Glukokortikoide einnahmen, war das Risiko für einen komplizierten Infektionsverlauf noch höher.
Interessante Unterschiede
In der Gruppe der sogenannten Immunsuppressiva, die zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt werden, gingen einzelne etwas öfter mit einem schwereren COVID-19 Verlauf einher, andere wiederum nicht.
Die Analyse der einzelnen Substanzen ergab aus Sicht der Fachleute interessante Unterschiede: während das Biologikum Rituximab mit einem schwereren Verlauf von COVID-19 assoziiert war und die sogenannten JAK-Inhibitoren dieses Risiko moderat zu erhöhen scheinen, waren die häufig eingesetzten TNF-Inhibitoren dagegen eher mit einem milderen Verlauf der SARS-CoV-2-Infektion assoziiert.
„Wir müssen diese Daten umsichtig interpretieren, da es sich um eine Querschnittserhebung handelt, die keine unmittelbaren Schlüsse im Sinne von wenn-dann zulässt“, sagt Prof. Dr. med. Christof Specker, Vorstandsmitglied der DGRh und Sprecher der Kommission. So kommen etwa JAK-Inhibitoren und auch Rituximab öfter bei komplizierteren Rheuma-Verläufen zum Einsatz.
Medikamente nicht selbständig absetzen
Als Fazit aus dieser Arbeit zieht Dr. Regierer, dass die von vielen Menschen mit Rheuma eingenommenen TNF-Inhibitoren bei einer COVID-Infektion sicher sind. Sie könnten eventuell sogar vor schweren Verläufen schützen.
Das wichtigste bleibe aber die Kontrolle der Krankheitsaktivität. Daher sollten Betroffene auch auf keinen Fall Medikamente selbständig absetzen. Die behandelnden Rheumatologinnen und Rheumatologen müssen die Therapie sorgfältig abwägen. Hierzu zählt auch die konsequente Aufklärung über die Impfung und eine möglichst hohe Impfrate unter Rheumapatientinnen und -patienten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.: Risiken bei Rheuma und COVID-19 untersucht, (Abruf: 02.11.2021), Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
- Regierer AC, Hasseli R, Schäfer M, et al: TNFi is associated with positive outcome, but JAKi and rituximab are associated with negative outcome of SARS-CoV-2 infection in patients with RMD; in: RMD Open, (veröffentlicht: 20.10.2021), RMD Open
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.