Krebs-Diagnose per Blut-Untersuchung
Eine Krebserkrankung hinterlässt Spuren im Blut, die durch ein neues Verfahren nachweisbar sind. Ein deutsches Forschungsteam stellt einen neuen Ansatz zur Diagnose vor, mit der Krebs durch einen Bluttest frühzeitig aufgedeckt werden kann.
Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) berichten, dass ein Verfahren namens Infrarot-Spektroskopie genutzt werden kann, um molekulare Spuren einer Krebserkrankung im Blut nachzuweisen. Nach Angaben der Arbeitsgruppe rückt damit eine einfach anzuwendende Früherkennung von Krebs in greifbare Nähe. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „eLife“ präsentiert.
Krebs hinterlässt Spuren im Blut
Krebs kann zwar an zahlreichen Stellen des Körpergewebes wachsen, doch Gewebetumore hinterlassen unabhängig von ihrer Position molekulare Spuren im Blutkreislauf. Diese sichtbar zu machen eröffnet einen völlig neuen Weg, Krebserkrankungen aufzuspüren.
Nachteile bisheriger Krebs-Screenings
Viele klassische Methoden zur Krebsdiagnose setzen auf visuelle Nachweise, die entweder auf einem bildgebenden Verfahren oder einer Entnahme einer Gewebeprobe beruhen. Die Nachteile dieser Methoden sind, dass sie zum einen aufwändig und kostspielig in der Durchführung sind und zum anderen nur einen Teilbereich des Körpers abdecken. Wer gerade eine Darmkrebskrebsvorsorge durchlaufen hat, weiß beispielsweise nicht, ob eine Hautkrebserkrankung vorliegt.
Krebs-Spuren lesbar machen
Moderne Diagnoseverfahren zielen deshalb zunehmend auf die Aufdeckung molekularer Veränderungen ab. Denn Tumore sondern eine Vielzahl von abnormalen Stoffwechselprodukten und Botenstoffen in ihrer Umgebung ab. Zudem agieren die Krebszellen mit benachbarten gesunden Zellen sowie im weiteren Verlauf mit Immunzellen und Blutgefäßen. Diese Prozesse beeinflussen viele weitere Moleküle, die schließlich im Blutkreislauf zirkulieren.
Die Identifizierung und die richtige Interpretation dieser Spuren stellt eine völlig neue Möglichkeit zur Aufdeckung von Tumoren dar. Diese Spuren sind bereits nachweisbar, wenn sich ein Tumor nur auf ein Organ beschränkt und sich noch nicht im Körper ausgebreitet hat. Diese Diagnosemöglichkeit stellt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch vor neue Herausforderungen.
Lichtmuster des Blutes dienen als „molekularer Fingerabdruck“
Das Team der LMU stellt nun eine technologische Entwicklung vor, die einen Nachweis der Krebs-Spuren in menschlichen Flüssigkeiten ermöglicht. Eine winzige Menge von Blut reicht laut den Forschenden aus, um mit Infrarotlicht ein Lichtwellenmuster zu erstellen, welches die Identität und die Anzahl von rund hunderttausend verschiedenen Moleküle im Blut ermöglicht. Lernende Algorithmen werten diese Lichtmuster aus und erstellen eine Art „molekularen Fingerabdruck“.
Durch Blutproben-Analysen von knapp 2.000 Personen konnten die Forschenden festlegen, welche Unterschiede zwischen einem durchschnittlich gesunden molekularen Fingerabdruck und einem durchschnittlich kranken Abdruck bestehen. Zudem wurden gezielt Proben ausgewertet, die von Betroffenen mit diagnostiziertem Lungen, Prostata-, Brust- oder Blasenkarzinom stammten. Dabei zeigte sich, dass der Infrarot-Fingerabdruck vom Blut erstaunlich robust den Krebszustand erkennen lässt.
Muster zeigen Art der Krebserkrankung an
Das Verfahren eignet sich der Arbeitsgruppe zufolge nicht nur zur Erkennung von Krebs, sondern auch zur Unterscheidung zwischen verschiedenen Krebsarten. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass jede bislang untersuchte Krebsart anhand eines spezifischen molekularen Veränderungsmusters erkennbar ist.
Wann ist der neue Test verfügbar?
Die Forschenden geben zu bedenken, dass die Methode noch weit von der täglichen Anwendung in den Kliniken entfernt ist. Die Ergebnisse untermauern jedoch, dass das Verfahren zukünftig als komplementärer diagnostischer Test oder sogar zur Krebsvorsorge dienen könnte. Vor allem könnte der Ansatz eingesetzt werden, um niedriggradige Krebserkrankungen aufspüren, die mit derzeitigen Screening-Tests unzureichend aufgedeckt werden.
Zudem könnte das Verfahren noch verbessert werden, wenn ultraschnelle laserbasierte Lichtquellen und hochpräzise feldaufgelöste Messverfahren eingesetzt werden, die derzeit in der Forschung sind. Das Team resümiert, dass der Weg zwar erkennbar ist, aber erst noch gegangen werden muss. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Marinus Huber, Kosmas V Kepesidis, Liudmila Voronina, et al.: Infrared molecular fingerprinting of blood-based liquid biopsies for the detection of cancer; in: eLife, 2021, elifesciences.org
- Ludwig-Maximilians-Universität München: Krebs im Blut aufspüren (veröffentlicht: 05.11.2021), idw-online.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.