Verbindung zwischen PFAS, Ernährung und Prostatakrebs
Die Exposition gegenüber in vielen Haushaltsprodukten vorkommenden Chemikalien (PFAS) zusammen mit einer fettreichen Ernährung erhöht das Krebsrisiko in normalen Prostatazellen und beschleunigt gleichzeitig das Fortschreiten von Tumoren in bösartigen Zellen.
In einer aktuellen Studie unter Beteiligung von Forschenden der University of Illinois Urbana-Champaign und der University of Illinois Chicago wurde an Mäusen festgestellt, dass eine Exposition gegenüber PFAS den Stoffwechsel gutartiger und bösartiger menschlicher Prostatazellen auf einen energieeffizienteren Zustand umprogrammiert. So können sich die Zellen dreimal so schnell vermehren und wenn die Tiere zusätzlich eine fettreiche Ernährung einnahmen, beschleunigte dies die Entwicklung von Tumoren bei den PFAS-exponierten Mäusen erheblich, berichtet das Team. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachmagazin „Nutrients“ publiziert.
Was sind PFAS?
Die Abkürzung steht für Perfluoralkyl- und Polyfluoralkylsubstanzen. Die Besonderheit von PFAS ist, dass diese sich nicht natürlich abbauen und somit als Umweltschadstoffe bestehen bleiben. PFAS werden beispielsweise in alltäglichen Lebensmittelverpackungen, Antihaft-Kochgeschirr und anderen Produkten verwendet. Es gab bereits verschiedene Studien, in denen PFAS mit schädlichen Auswirkungen bei Labortieren in Verbindung gebracht wurden, berichten die Forschenden.
Auswirkungen von PFAS und Nahrungsfett
„Unsere Daten deuten nun darauf hin, dass die Exposition gegenüber PFAS in Verbindung mit Nahrungsfett das proteincodierende Gen PPARa aktiviert und den Stoffwechsel der Zellen auf eine Weise verändert, die das Krebsrisiko in normalen Prostatazellen erhöht und gleichzeitig das Fortschreiten des Tumors in bösartigen Zellen vorantreibt”, erklärt Studienautorin Professorin Zeynep Madak-Erdogan von der University of Illinois Chicago in einer Pressemitteilung.
„Diese Veränderungen im Zellstoffwechsel, die nach der PPARa-Aktivierung auftreten, könnten das erhöhte Prostatakrebsrisiko bei Männern, die PFAS ausgesetzt sind, begründen”, fügt Professorin Madak-Erdogan hinzu.
Aufgabe von PPARa
Bei Analysen der sogenannten Gentranskriptionsaktivität stellte das Team fest, dass PPARa in den Tumorzellen der PFAS-exponierten Mäuse, die sich fettreich ernährten, in deutlich höherem Maße exprimiert wurde. PPARa steuert die Zellproliferation und -differenzierung, unterstützt Immun- und Entzündungsreaktionen und spielt laut den Forschenden eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leber- und Nierenkrebs.
In der aktuellen Untersuchung injizierten die Fachleute eine aggressive Form bösartiger menschlicher Prostatazellen in männliche Mäuse. Die Tiere erhielten entweder fettreiche Nahrung, welche die typische westliche Ernährung nachahmen sollte, oder sie gehörten zur Kontrollgruppe und bekamen eine normale Ernährung. Einige der Mäuse erhielten außerdem orale Dosen von Perfluoroctansulfonat (PFOS), eine der häufigsten Formen von PFAS, welche mit verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht wird, berichten die Forschenden.
Tumorvolumen nahm durch fettreiche Nahrung oder PFOS zu
„Wir beobachteten eine Zunahme des Tumorvolumens, wenn die Mäuse entweder der fettreichen Ernährung oder dem PFOS ausgesetzt waren. 40 Tage nach der Injektion beobachteten wir jedoch, dass das schnellste Tumorwachstum in der Gruppe von Mäusen auftrat, die sowohl die fettreiche Ernährung zu sich nahmen als auch PFOS ausgesetzt war, was auf eine synergistische Wechselwirkung hindeutet“, erklärt Studienautor Michael J. Spinella.
Das Team begann daraufhin in Zellkulturen gutartige Prostatazellen und eine abgeleitete Linie aggressiver bösartiger Zellen PFOS auszusetzen. So wurde festgestellt, dass sich die bösartigen Zellen dreimal so schnell vermehrten wie die Zellen der Kontrollgruppe.
Als die gutartigen und die bösartigen Zellen einer anderen Form von PFAS (Perfluorbutansulfonsäure; PFBS) ausgesetzt wurden, war die Lebensfähigkeit der bösartigen Zellen zudem fünfmal höher als die der Zellen in der Kontrollgruppe. Studien haben die PFBS-Exposition, welche durch verschmutzte Luft oder verschmutztes Trinkwasser erfolgen kann, bereits mit Erkrankungen der Schilddrüse und anderer Organe in Verbindung gebracht, berichten die Fachleute weiter.
Veränderter Stoffwechselphänotyp der Prostatakrebszellen
Das Team stellte die Hypothese auf, dass sich die Energiestoffwechselwege innerhalb der Zellen veränderten, um das beobachtete schnelle Wachstum zu ermöglichen. „Wir analysierten die Metaboliten, die sich als Reaktion auf die PFOS-Behandlung veränderten, und stellten fest, dass der Stoffwechselphänotyp der Prostatakrebszellen verändert war und die proliferativen Energiestoffwechselwege hochreguliert waren”, erläutert Studienautor Joseph Irudayaraj von der University of Illinois.
„Die Exposition gegenüber PFOS führte zu einer signifikanten Hochregulierung von Genen, die mit dem Stoffwechsel in Verbindung stehen, insbesondere des Moleküls Pyruvat, dass am Glukosestoffwechsel beteiligt ist, und des Vorläufermoleküls Acetyl-Coenzym A, dass den Stoffwechsel von Fettsäuren und Steroiden erleichtert”, fügt der Mediziner hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Illinois Chicago: PFAS exposure, high-fat diet drive prostate cells’ metabolism into pro-cancer state (veröffentlicht 11.11.2021), University of Illinois Chicago
- Ozan Berk Imir, Alanna Zoe Kaminsky, Qian-Ying Zuo, Yu-Jeh Liu, Ratnakar Singh, et al.: Per- and Polyfluoroalkyl Substance Exposure Combined with High-Fat Diet Supports Prostate Cancer Progression; in: Nutrients (veröffentlicht , Nutrients
Wichtiger Hinweis:
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