COVID-19: „Passive Impfung“ gegen schwere Verläufe
Eine neue, am Universitätsklinikum rechts der Isar in München entwickelte Antikörper-Therapie könnte dabei helfen schwere COVID-19-Fälle und damit viele Krankenhausaufenthalte zu verhindern. Laut den Fachleuten schützt diese Form der Behandlung, eine sogenannte “passive Impfung”, vor allem chronisch kranke Menschen, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, sehr wirksam vor einem schweren Krankheitsverlauf.
Wirksame Medikamente gegen die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 sind noch immer rar. Auch wenn sich der Blick seit Monaten vorrangig auf die Impfungen richtet, wird es künftig zahlreiche Menschen geben, die etwa aufgrund von Vorerkrankungen nicht geimpft werden können oder bei denen die Impfwirkung versagt. Vielen von ihnen und auch anderen Personen könnte durch eine neue Antikörper-Therapie geholfen werden.
Angebot auch für ambulante Erkrankte
In der Corona-Pandemie könnte eine neue Therapie künftig schwere Krankheitsverläufe bei COVID-19 und viele Krankenhausaufenthalte verhindern und somit das Gesundheitssystem entlasten.
Laut einer aktuellen Mitteilung werden die neutralisierenden Antikörper am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) bereits seit Monaten erfolgreich bei stationären Patientinnen und Patienten eingesetzt.
Seit Kurzem wurde das Angebot des Antikörperzentrums auch für ambulante Erkrankte ausgebaut. Diese Form der Behandlung schützt vor allem chronisch kranke Menschen, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, sehr wirksam vor einem schweren COVID-19-Verlauf: Den Angaben zufolge werden solche Verläufe bis zu mehr als 80 Prozent verhindert.
Neutralisierende Antikörper
„Mit der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA am 12. November können die neutralisierenden Antikörper in einem frühen Krankheitsstadium nun breit eingesetzt werden“, erläutern Privatdozent Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Pandemiebeauftragter des Universitätsklinikums rechts der Isar, und sein Kollege, Privatdozent Dr. Jochen Schneider, der am Universitätsklinikum die neue COVID-19-Ambulanz für monoklonale Antikörper-Therapie leitet.
Mit den aktuell stark steigenden Patientinnen- und Patientenzahlen, insbesondere auch in Bayern, ist diese Therapie den Fachleuten zufolge für viele Menschen sinnvoll und soll daher auch möglichst bald breitenwirksam verfügbar gemacht werden.
Dazu wollen sie ihre Kompetenz und ihre Erfahrungen aus der Universitätsmedizin gern mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Krankenhäusern teilen, „um gemeinsam erfolgreich die Pandemie zu bekämpfen.“
Hochspezialisierte Abwehrstoffe
Wie in der Mitteilung erklärt wird, handelt es sich bei der Therapie im Grunde um hochspezialisierte Abwehrstoffe, die als sogenannte „passive Impfung“ eingesetzt werden. „Im Labor hergestellte neutralisierende Antikörper können das Virus SARS-CoV-2 inaktivieren, also de facto Schachmatt setzen“, sagt Spinner.
Sie könne intravenös oder subkutan, sprich unter die Haut, gespritzt werden. Die Antikörper wirken antiviral; sie verhindern, dass die Erreger in menschliche Zellen eindringen und stoppen somit die Virusvermehrung. Fachleuten zufolge ist jedoch entscheidend, dass die Antikörper innerhalb der ersten sieben Tage nach Symptombeginn verabreicht werden, ambulant oder stationär in der Klinik. Denn nur so könnten sie auch ihr volles Wirkungspotential entfalten.
Bei einem späteren Einsatz ist die Wirksamkeit demnach dann nicht mehr sinnvoll. Studien haben hier gezeigt, dass dann das überschießende Immunsystem für die schweren Krankheitsverläufe ursächlich ist, nicht mehr das Coronavirus selbst. Die Patientinnen und Patienten „vertragen die einmalig zu verabreichende Therapie sehr gut“, so Schneider. „Relevante Nebenwirkungen sind äußerst selten.“
Die Abgabe und Verteilung der Antikörper erfolgt über die Apotheken der Universitätskliniken oder über die sogenannten STAKOB-Zentren. Alle anderen Fachärztinnen und Fachärzte können die Antikörper bestellen und ihren Patientinnen und Patienten verabreichen. „Wir als Universitätsklinik wollen unsere Erfahrungen der Hochschulmedizin jetzt rasch teilen, damit möglichst viele Menschen von diesem Wissen und dieser neuen Therapie profitieren“, erklären Spinner und Schneider.
Behandlung kann sogar prophylaktisch erfolgen
Vor allem Personen mit chronischen Erkrankungen oder mit einer Immunschwäche können von der Antikörper-Therapie besonders profitieren, weil sie häufig nicht auf eine aktive Impfung ausreichend ansprechen – aber dennoch ein hohes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu erleiden.
„Die neue Therapie verhindert schwere Verläufe bis zu mehr als 80 Prozent“, sagt Dr. Spinner. Die Behandlung ist letztlich eine passive Impfung, da im Labor hergestellte Antikörper von außen injiziert werden.
Den Angaben zufolge kann diese Therapie sogar prophylaktisch erfolgen oder unmittelbar nach Kontakt mit SARS-CoV-2 – was auch insbesondere für chronisch kranke Menschen ein wichtiger Schutz sein kann.
In der Mitteilung wird ein konkretes Beispiel genannt: Eine Risikopatientin oder ein Risikopatient lebt in dem gleichen Haushalt wie eine Person, die gerade sein positives Testergebnis bekommen hat. Allerdings müssen für den vorbeugenden Einsatz dieser Therapie noch gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: Neue Antikörper-Therapie bei Covid-19: „Schwere Verläufe werden bis zu mehr als 80 Prozent verhindert“, (Abruf: 23.11.2021), Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.