Osteoporose-Medikamente stärken die Immunantwort in der Lunge
Bisphosphonate sind Wirkstoffe, die zur Behandlung und Vorbeugung der Osteoporose und anderen Erkrankungen eingesetzt werden. Forschende aus Australien berichten nun, dass solche Medikamente auch bei der Bekämpfung von Atemwegsinfektionen helfen können.
Laut einer aktuellen Mitteilung haben Forscherinnen und Forscher des Garvan Institute of Medical Research in Australien gezeigt, dass gängige Osteoporose-Medikamente Immunzellen in der Lunge stärken. Diese Zellen bilden eine der ersten Verteidigungslinien gegen Krankheitserreger.
Reduzierung des Lungenentzündungsrisikos
In experimentellen Modellen stimulierte die Behandlung mit Bisphosphonaten Lungenmakrophagen, um eine stärkere Reaktion auf eine Immunherausforderung aufzubauen. Die in der Fachzeitschrift „eLife“ veröffentlichten Ergebnisse folgen auf Beobachtungen aus früheren klinischen Studien, die zeigten, dass Personen, die Bisphosphonate einnahmen, ein verringertes Lungenentzündungsrisiko hatten.
„Bisphosphonate sind eine sichere und wirksame Klasse von Osteoporose-Medikamenten, die seit den 1990er Jahren der Standard der Behandlung sind, um Knochenschwund zu verhindern und das Risiko von Frakturen zu verringern“, sagt der leitende Autor Professor Mike Rogers.
„Wir haben einen zusätzlichen potenziellen Nutzen dieser Behandlung festgestellt – sie kann die Immunfunktion von Lungenzellen stärken, die vor Atemwegsinfektionen und Lungenentzündung schützen können. Unsere Beweise rechtfertigen weitere Untersuchungen, von denen wir hoffen, dass sie zu verbesserten Gesundheitsergebnissen bei der älteren Bevölkerung führen, die einem höheren Risiko für Lungenentzündung und Osteoporose ausgesetzt ist.“
Bisphosphonate nicht nur gegen Knochenabbau
Atemwegsinfektionen wie akute Lungenentzündungen sind weltweit eine der Haupttodesursachen durch Infektionen. Sie betreffen zunehmend die ältere Bevölkerung, da unsere Fähigkeit, schützende Immunantworten gegen Infektionskrankheiten zu erzeugen, mit zunehmendem Alter abnimmt.
„Frühere klinische Studien haben gezeigt, dass die Behandlung mit Bisphosphonaten einen positiven Effekt auf den Schutz vor Lungenentzündung hat“, erläutert Dr. Marcia Munoz, Erstautorin des Artikels. „In unserer Forschung wollten wir verstehen, warum das so ist.“
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verabreichten Mäusen ein Bisphosphonat namens Zoledronsäure und verfolgten, wie das Medikament in verschiedene Zellen eindrang.
„Früher dachte man, dass Bisphosphonate nur in den Knochen wirken, aber wir fanden heraus, dass sie von Makrophagen in der Lunge aufgenommen werden, die als Erstreaktionszellen einen Krankheitserreger während einer Immunantwort erkennen, verschlingen und zerstören können“, so Dr. Munoz.
Immunantwort wird verstärkt
Anschließend testete das Team die Immunantwort des Modells, indem sie die Mäuse LPS aussetzten, einem Molekül, das sich auf der Oberfläche von Bakterien befindet und häufig verwendet wird, um die Reaktion auf Infektionen zu beurteilen.
Sie fanden heraus, dass die Aktivität von Makrophagen in der Lunge dieser Tiere bereits nach einer einzigen Bisphosphonat-Dosis im Vergleich zu Mäusen, die die Behandlung nicht erhalten hatten, zugenommen hatte.
„Im Skelett verhindern Bisphosphonate den Knochenabbau, indem sie ein Enzym blockieren, das von den spezialisierten Zellen benötigt wird, die den Knochen abbauen“, erklärt die Doktorandin Emma Fletcher, Zweitautorin der Arbeit. „In Immunzellen in der Lunge haben wir festgestellt, dass die Behandlung das gleiche Enzym blockiert, was in diesem Fall die Immunantwort verstärkt.“
Auswirkungen auf die Gesundheit
„Makrophagen sind eine der ersten Verteidigungslinien gegen Infektionen“, sagt Professor Rogers. „Wenn Bisphosphonate die Fähigkeit dieser Zellen erhöhen, auf eine virale oder bakterielle Infektion zu reagieren, kann eine stärkere anfängliche Immunantwort dazu beitragen, die Infektion zu beseitigen und zu einem besseren Ergebnis zu führen. Das werden wir als nächstes untersuchen.“
Allein in Australien haben 3,7 Millionen Menschen über 50 Jahren ein hohes Frakturrisiko und kommen für eine Bisphosphonat-Behandlung in Frage. Allerdings werden derzeit weniger als 30 Prozent der Personen, die solche Medikamente nach den bestehenden klinischen Leitlinien erhalten sollten, damit behandelt.
Professor Rogers: „Klinische Studien sind gerechtfertigt, um festzustellen, ob Bisphosphonate, abgesehen von der Vorbeugung von Knochenschwund, bei gefährdeten Personen, zum Beispiel Patienten in Altenpflegeheimen, Schutz vor einer Lungenentzündung bieten können.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Garvan Institute of Medical Research: Common osteoporosis medication boosts immune response in lungs, (Abruf: 09.01.2022)
- Marcia A Munoz, Emma K Fletcher, Oliver P Skinner, Julie Jurczyluk, Esther Kristianto, Mark P Hodson, Shuting Sun, Frank H Ebetino, David R Croucher, Philip M Hansbro, Jacqueline R Center, Michael J Rogers: Bisphosphonate drugs have actions in the lung and inhibit the mevalonate pathway in alveolar macrophages; in: eLife, (veröffentlicht: 30.12.2021), eLife
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.