Trotz Adipositas: Bestimmte Gene schützen vor Diabetes und Herzkrankheiten
Warum manche Menschen mit starkem Übergewicht relativ gesund bleiben, während andere lebenslange Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Herzleiden entwickeln, konnte nun ein englisches Forschungsteam herausfinden. Offenbar besitzen manche Menschen eine vorteilhafte Genetik, die sie im Fall von Adipositas vor den krankhaften Folgen auf den Stoffwechsel schützt.
Forschende der University of Exeter fanden heraus, dass einige Menschen Gene besitzen, die sie teilweise vor den schädlichen Folgen von Adipositas schützen. Diese Personen bleiben trotz starkem Übergewicht relativ gesund, im Vergleich zu anderen Menschen in der gleichen Gewichtsklasse. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „eLife“ vorgestellt.
Hoher BMI ist nicht bei allen Menschen gleich schädlich
Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30 gilt eine Person als adipös. Dieses ungünstige Verhältnis zwischen Gewicht und Körpergröße gilt allgemein als ungesund und wird als Risikofaktor für zahlreiche Volkskrankheiten wie beispielsweise Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes gewertet. Doch laut der aktuellen Untersuchung an der University of Exeter scheint ein hoher BMI nicht bei allen Personen gleich schädlich zu sein.
Gene entscheiden, wo Fett im Körper gespeichert wird
Laut der Arbeitsgruppe hängen die gesundheitlichen Folgen vor allem davon ab, wie das Fett am Körper verteilt ist. Fett, das unter der Haut gespeichert ist, sei weniger schädlich als Fett, welches sich um Organe wie Leber und Herz ansammlt. Wo das Fett gespeichert wird, hänge wiederum überwiegend von den Genen ab. Die Forschenden unterscheiden erstmals zwischen einer „günstigen“ und „ungünstigen“ Adipositas.
„Manche Menschen haben ungünstige Fettgene, das heißt, sie speichern überall mehr Fett, auch unter der Haut, in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse“, bestätigt Forschungsleiterin Dr. Hanieh Yaghootkar. Andere Personen haben ihr zufolge mehr Glück. Sie besitzen Gene, die dafür sorgen, dass das Fett vermehrt unter der Haut und weniger an den Organen angelagert wird. Diese Personengruppe habe folglich bei Adipositas ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes.
12 von 37 Adipositas-Krankheiten durch Gene beeinflusst
Die Forschenden ermittelten, dass 12 von 37 Krankheiten, die mit Adipositas in Verbindung stehen, mit den Genen zusammenhängen. Zu diesen 12 Erkrankungen zählen relevante Volkskrankheiten wie koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Typ-2-Diabetes. Weitere neun der 37 Krankheiten, die im Zusammenhang mit Adipositas stehen, seien zudem nur auf das mechanische Gewicht zurückzuführen, und nicht auf Stoffwechselvorgänge. Dazu zählten beispielsweise Venenthrombosen oder arthritische Knie.
Das Forschungsteam weist aber darauf hin, dass auch für Menschen mit günstigen Genen Adipositas eine Gesundheitsgefahr darstellt. Bei einigen Erkrankungen steige das Risiko unabhängig von der Genetik, darunter Gallensteine, Asthma und Psoriasis (Schuppenflechte). „Unsere Ergebnisse belegen auch, dass jeder davon profitiert, sein zusätzliches Fett zu verlieren, selbst wenn er metabolisch gesund ist“, betont Dr. Yaghootkar.
Adipositas ist nicht gleich Adipositas
Die Ergebnisse ermöglichen unter anderem eine bessere Risikoeinschätzung von Personen mit Adipositas und eröffnen neue Behandlungsansätze. „Es gibt zum Beispiel viele Behandlungen, die den hohen Fettgehalt im Blut und in den Organen senken können, ohne das zusätzliche Gewicht einer Person zu beeinflussen“, fügt Professor Timothy Frayling aus dem Studienteam hinzu. Im Gegensatz dazu könne es bei anderen Erkrankungen wichtiger sein, das zusätzliche Gewicht zu reduzieren als die hohen Zucker- und Fettwerte im Blut.
Gene kein Ersatz für gesunden Lebensstil
„Es ist zwar wichtig, dass wir die Ursachen für Krankheiten im Zusammenhang mit Fettleibigkeit herausfinden, aber gute Gene sind immer noch kein Ersatz für einen gesunden Lebensstil“, hebt Dr. Susan Martin aus der Arbeitsgruppe abschließend hervor. Eine Gewichtsreduzierung bei Adipositas sei immer förderlich für die Gesundheit. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Exeter: Lucky genes can help protect people with obesity from some disease (veröffentlicht: 25.01.2022), exeter.ac.uk
- Susan Martin, Jessica Tyrrell, E Louise Thomas, et al.: Disease consequences of higher adiposity uncoupled from its adverse metabolic effects using Mendelian randomisation; in: eLife, 2022., elifesciences.org
Wichtiger Hinweis:
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