Hormonelle Schadstoffen in Zahnpasta und Aftershave? Was abstoßend klingt, ist offenbar bittere Realität. Denn eine Untersuchung der österreichische Umweltschutzorganisation „GLOBAL 2000“ hat ergeben, dass mehr als ein Drittel der konventionellen Körperpflegeartikel laut Herstellerangaben hormonell wirksame Chemikalien enthält. Nun fordert die Organisation einen Verzicht auf die Stoffe.
Umweltschützer untersuchen mehr als 500 Produkte zur Körperpflege
Die Umweltorganisation „GLOBAL 2000“ hat in einem erneuten Test mehr als 500 Körperpflegeprodukte aus Drogeriemärkten und Supermärkten anhand der Herstellerangaben auf hormonell wirksame Inhaltsstoffe überprüft. Dabei kamen die Tester zu einem besorgniserregenden Ergebnis, denn 119 der insgesamt 531 Produkte (22 Prozent) enthielten laut einer aktuellen Mitteilung Substanzen, die auf der EU-Prioritätenliste für hormonell wirksame Chemikalien in den beiden höchsten Kategorien gelistet sind. Nicht ohne Grund, denn die Substanzen würden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem weltweiten Anstieg von z.B. Herz-Kreislauferkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen in Zusammenhang gebracht werden, so die Umweltschutzorganisation weiter.
Teile der Kosmetikindustrie haben bereits auf „hormonfrei“ umgestellt
Bei der ersten Global-2000-Untersuchung von Pflegeprodukten vor zwei Jahren hatte der Anteil noch bei noch 35 Prozent gelegen, mittlerweile hätten jedoch Teile der Kosmetikindustrie damit beginnen, auf die Chemikalien in ihren Körperpflegeprodukten zu verzichten. Den Anfang hatten die drei großen österreichischen Anbieter BIPA (Rewe-Group), Hofer und Spar gemacht, die ihre Eigenmarken seit 2014 vollständig auf “hormonfrei“ umgestellt haben, der GLOBAL 2000-Umweltchemiker Dr. Helmut Burtscher laut der Mitteilung.
„Die größte Hormonbelastung zeigten Rasierwässer, die nach wie vor in rund 40 Prozent der Produkte hormonell wirksame UV-Filter und UV-Absorber aufweisen“, erläutert der Experte weiter. Die Belastung von Bodylotions sei hingegen von 46 auf 21 Prozent sowie die von Zahnpasten von 20 auf elf Prozent zurückgegangen, wobei die hormonelle Belastung von Konservierungsmitteln aus der Gruppe der Parabene ausgegangen sei. In den Rasierwässern war den Angaben zufolge überwiegend der hormonell wirksame UV-Filter Ethylhexy Methoxycinnamate vorhanden.
Schwangere, Kinder und Föten besonders gefährdet
Diese Stoffe haben zwar eine unterschiedliche Struktur und Funktion, beide wirken aber wie das weibliche Sexualhormon Östrogen und führten in Tierversuchen zu hormonschädigenden Effekten, so die Mitteilung. In der Folge wurden sie auf der EU-Verdachtsliste für hormonell wirksame Chemikalien in die Kategorien eins und zwei gelistet. „Hormonell wirksame Chemikalien stören u.a. hormonell gesteuerte Entwicklungsprozesse, die in ganz bestimmten Zeitfenstern des Wachstums ablaufen. Schwangere Frauen, bzw. der heranreifende Fötus, sowie Kleinkinder und Pubertierende sind besonders gefährdet“, wird der Umweltmediziner Assoz. Professor DI Dr. med Hans-Peter Hutter, in der Mitteilung zitiert.
EU-Kommissar soll Vorschlag für eine Änderung der EU-Verordnung vorlegen
Dabei handele es sich laut Helmut Burtscher um eine Fülle von Stoffen – doch die Situation sei unübersichtlich und die Datenlage mangelhaft. Seiner Ansicht nach habe die EU hier nicht rechtzeitig gehandelt, denn die EU-Kommission hätte schon längst Regelungen für den Umgang mit den besorgniserregenden Stoffen erlassen müssen, teilt Global-2000 mit. Zudem hätte die Kommission spätestens im Januar 2015 eine Überprüfung der EU-Kosmetikverordnung hinsichtlich endokrin wirksamer Eigenschaften durchführen müssen.
Auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) sieht laut einer Mitteilung des Ministeriums dingenden Handlungsbedarf und wendet sich an den EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis: „Ich fordere den zuständigen Kommissar mit Nachdruck auf, noch dieses Jahr einen konkreten Vorschlag für eine Änderung der EU- Kosmetikverordnung vorzulegen“, so Oberhauser. Unabhängig davon unterstütze sie „die Bemühungen von Kosmetikunternehmern, freiwillig auf die Verwendung von Stoffen zu verzichten, die möglicherweise endokrin wirksam sind. Solche Unternehmer sollen die Möglichkeit haben ihre Produkte entsprechend zu kennzeichnen”. (nr)
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