Hepatitis-E-Virus: Mit Alkohol nur schwer kleinzukriegen
In den letzten Jahren war berichtet worden, dass sich immer mehr Menschen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) anstecken. Gegen diesen Erreger gibt es derzeit keinen zugelassenen Impfstoff. Doch durch einige Maßnahmen wie strikte Händehygiene lassen sich Infektionen verhindern. Alkoholische Händedesinfektionsmittel allein reichen hier jedoch meist nicht aus, wie eine neue Studie zeigt.
Das Hepatitis E-Virus kann eine schwere Leberentzündung hervorrufen und ist weltweit die häufigste Ursache einer akuten virusvermittelten Hepatitis. Durch geeignete Hygienemaßnahmen lässt sich die Virus-Infektion verhindern. Forschende, die die Wirksamkeit verschiedener gängiger Händedesinfektionsmittel gegen HEV untersuchten, haben jetzt aber gezeigt, dass die meisten Formulierungen das Virus nicht vollständig inaktivieren. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of Hepatology“ veröffentlicht.
Korrekte hygienische Händedesinfektion
Wie es in einer gemeinsamen Mitteilung von TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH, Medizinischer Hochschule Hannover (MHH) und Ruhr-Universität Bochum (RUB) heißt, hat HEV in Deutschland und Europa sein natürliches Reservoir in Schweinen.
Von den Tieren kann die Infektion auf den Menschen übergehen, hier ist dann von einer Zoonose die Rede. Oft geschieht dies durch nicht vollständig erhitzte oder rohe Fleischerzeugnisse wie zum Beispiel Mett. In tropischen Regionen der Welt kommt es unter anderem über verunreinigtes Wasser zu Infektionen mit teils größeren Ausbrüchen.
„Manche dieser Ansteckungen ließen sich durch die richtigen Hygienemaßnahmen möglicherweise verhindern“, erklärt Dr. Patrick Behrendt, Arzt in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH und Leiter der Nachwuchsforschergruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE. Dazu zählt vor allem im klinischen Alltag im Umgang mit Hepatitis-E-Patientinnen und -Patienten sowie mit infizierten Tieren die korrekte hygienische Händedesinfektion.
Ethanol und Propanol
Gemeinsam mit dem Team von Prof. Dr. Eike Steinmann, Leiter der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie an der RUB, hat Behrendt untersucht, ob gängige Händedesinfektionsmittel das Virus unschädlich machen können.
„Wir haben die Wirkung der Alkohole Ethanol und Propanol, sowohl einzeln als auch in den von der WHO empfohlenen Mischverhältnissen und außerdem kommerzielle Händedesinfektionsmittel getestet“, so Steinmann. „Wirksam war allerdings nur ein Produkt, das noch eine weitere Komponente enthielt.“
HEV kommt normalerweise unbehüllt vor und ist wie alle unbehüllten Viren sehr widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse. Im Blut von Patientinnen und Patienten zirkulieren allerdings auch solche Viruspartikel, die von einer Lipidhülle umgeben sind. „Nicht alle Desinfektionsmittel sind gleichzeitig gegen behüllte und unbehüllte Viren wirksam“, erläutert Steinmann. „Wir haben für unsere Prüfungen beide Formen von HEV verwendet.“
HEV kann vielen Händedesinfektionsmitteln widerstehen
Einige der geprüften Desinfektionsmittel waren zwar für die Inaktivierung von behüllten und unbehüllten Viren zertifiziert, sie waren jedoch gegen HEV nicht ausreichend wirksam. „Die alkoholischen Komponenten lösen zwar die Lipidhülle auf, aber die entstehenden nackten Viren sind immer noch infektiös“, so Behrendt.
HEV ist also sprichwörtlich nur schwer klein zu kriegen. Den entscheidenden Vorteil hatte ein Produkt, welches neben Alkohol auch Phosphorsäure enthält. Damit wurden sämtliche Viruspartikel ausreichend neutralisiert.
„Wir konnten zeigen, dass HEV den meisten gängigen Händedesinfektionsmitteln widerstehen kann“, sagt der Wissenschaftler. „Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse zukünftig in Betracht gezogen werden, wenn Hygienemaßnahmen im Umgang mit kontaminierten Fleischprodukten und HEV-Ausbrüchen empfohlen werden.“
Den Angaben zufolge war die Studie eine Zusammenarbeit von Forschenden im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), im TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, der MHH sowie der RUB und Partnern der Industrie. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Hochschule Hannover: Hepatitis E-Ansteckung verhindern: Alkohol allein reicht nicht, (Abruf: 06.02.2022), Medizinische Hochschule Hannover
- Patrick Behrendt et al.: Hepatitis E virus is highly resistant to alcohol-based disinfectants; in: Journal of Hepatology, (veröffentlicht: 24.01.2022), Journal of Hepatology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.