Essanfälle vermeiden: EEG-Neurofeedback kann helfen
Laut Fachleuten haben Essstörungen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Vielen bekannt sind vor allem Anorexia nervosa (Magersucht) und Bulimia nervosa (Ess-Brechsucht). Aber die sogenannte „Binge-Eating-Störung“ ist international die häufigste Essstörung. Bei dieser kommt es zu intensiven Essanfällen. Diese können laut einer wissenschaftlichen Untersuchung mit EEG-Neurofeedback deutlich reduziert werden.
Wissenschaftlerinnen vom Forschungsbereich Verhaltensmedizin der Universität Leipzig, unter der Leitung von Prof. Dr. Anja Hilbert, haben herausgefunden, dass sich Essanfälle bei Menschen mit Binge-Eating-Störung durch die Behandlung mit EEG-Neurofeedback deutlich verringerten.
Die häufigste Essstörung
Wie es in einer Mitteilung der Uni Leipzig heißt, leiden Menschen mit Binge-Eating-Störung an wiederkehrenden Essanfällen, bei denen sie große Mengen an Nahrungsmitteln verzehren, begleitet von dem Gefühl, die Kontrolle über das Essverhalten zu verlieren.
Ausgleichende Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewichtszunahme, beispielsweise selbst herbeigeführtes Erbrechen, werden nicht regelmäßig genutzt. Den Angaben zufolge ist die Binge-Eating-Störung international die häufigste Essstörung.
Aktuelle Studien haben gezeigt, dass bei Menschen mit Binge-Eating-Störung Veränderungen im Elektroenzephalogramm (EEG), eine Methode zur Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns an der Kopfoberfläche, zu finden sind.
Diese Beobachtung veranlasste die Leipziger Forscherinnen, diese Veränderungen mit EEG-Neurofeedback zu behandeln.
Essanfälle um rund 60 Prozent reduziert
Sowohl das nahrungsspezifische als auch das allgemeine EEG-Neurofeedback verringerten die Essanfälle um rund 60 Prozent und verbesserten Sorgen um Figur, Gewicht oder das Essen sowie Heißhungergefühle stabil über die dreimonatige Nachuntersuchungszeit hinweg.
„Bemerkenswert ist, dass beide EEG-Neurofeedbacktrainings die EEG-Aktivität nach der Behandlung veränderten, was auf spezifische Behandlungswirkungen hinweist, die über einen bloßen Placebo-Effekt hinausgehen“, erläutert Prof. Anja Hilbert, Leiterin der Studie.
Die Ergebnisse sind vor kurzem in dem Fachjournal „Neurotherapeutics“ veröffentlicht worden.
„EEG-Neurofeedback ist eine neurokognitive Intervention, bei der die EEG-Aktivität in Echtzeit analysiert und auf einem Computerbildschirm, zum Beispiel durch einen sich bewegenden Ball, visualisiert wird“, sagt Marie Blume, Doktorandin an der Medizinischen Fakultät und Autorin der Studie
„Dadurch wird die sonst nicht spürbare Gehirnaktivität erlebbar“, erklärt die Forscherin, und Patientinnen und Patienten können lernen, sie gezielt zu verändern.
Keine unerwünschten Nebenwirkungen
An der Studie nahmen insgesamt 39 Erwachsene mit Binge-Eating-Störung und Übergewicht teil. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einem nahrungsspezifischen oder einem allgemeinen EEG-Neurofeedback zugeteilt.
Den Angaben zufolge erfolgte in beiden Fällen zunächst eine Wartezeit von sechs Wochen, gefolgt von sechs Wochen EEG-Neurofeedbacktraining mit zehn Sitzungen à 30 Minuten und einer dreimonatigen Nachuntersuchungszeit.
Die Methode wurde von den Patientinnen und Patienten sehr gut angenommen, es gab keine unerwünschten Nebenwirkungen. Nun sind Studien an größeren Stichproben notwendig, um die Wirksamkeit dieser vielversprechenden Behandlung weiter abzusichern und Wirkmechanismen zu identifizieren. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Leipzig: Wie können Essanfälle vermieden werden?, (Abruf: 12.02.2022), Universität Leipzig
- Marie Blume, Ricarda Schmidt, Jennifer Schmidt, Alexandra Martin & Anja Hilbert: EEG Neurofeedback in the Treatment of Adults with Binge-Eating Disorder: a Randomized Controlled Pilot Study; in: Neurotherapeutics, (veröffentlicht: 20.12.2021), Neurotherapeutics
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.