Entstehung von Lebererkrankungen durch Alkohol
Alkoholbedingte Lebererkrankungen sind in Deutschland sowie im Rest der Welt weit verbreitet. Das Spektrum der Krankheitsbilder umfasst Hepatitis, Fibrose, Zirrhose und Leberkrebs. Dass Alkohol die Leber schädigt, ist zwar schon lange bekannt, doch ein amerikanisches Forschungsteam entschlüsselte nun erstmals den grundlegenden Mechanismus für die Schädigung und legt so gleichzeitig den Grundstein für neue Therapieansätze.
Forschende des Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles (USA) fanden heraus, warum übermäßiger Alkoholkonsum die Leber schädigt. Offenbar aktiviert der Alkohol ein Protein, das letztendlich dazu führt, dass die Zellen in der Leber nicht mehr mit den nötigen Nährstoffen versorgt werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Leberzirrhose oft durch Alkoholmissbrauch
Allein die Leberzirrhose verursacht nach Angaben der Arbeitsgruppe jedes Jahr 1,6 Millionen Todesfälle weltweit. In mehr als die Hälfte der Fälle sei Alkoholismus für die Entstehung verantwortlich. Außer einer Alkoholabstinenz gebe es derzeit keine wirksame Therapien zur Behandlung der Krankheit.
Alkohol hemmt die Kraftwerke in den Leberzellen
Doch warum schadet Alkohol der Leber eigentlich? Frühere Forschungsergebnisse haben bereits gezeigt, dass ein übermäßiger Alkoholkonsum mit einer sogenannten mitochondrialen Dysfunktion in der Leber verbunden ist. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen, die ATP (Adenosintriphosphat) bereitstellen, einen universellen Energielieferanten, der für zahlreiche grundlegende Prozesse im Körper benötigt wird.
„Alkoholbedingte Lebererkrankungen sind ein großes Problem in der Welt“, bestätigt Studienhauptautorin Dr. Shelly C. Lu. „Wir wissen seit langem, dass Alkohol die Mitochondrien in irgendeiner Weise schädigt, aber bis jetzt war nicht klar, über welche Mechanismen dieser Schaden entsteht“, so die Wissenschaftlerin.
Wie die Leber mit Nährstoffen versorgt wird
Das Team um Dr. Lu untersuchte im Rahmen der Studie ein Enzym namens MATα1, welches für die Versorgung der Leber mit lebenswichtigen Nährstoffen verantwortlich ist. Im Lebergewebe von Betroffenen mit alkoholbedingten Lebererkrankungen fanden die Forschenden die Ursache für die Leberschädigungen.
Sie stellten zunächst fest, dass das Enzym MATα1 bei einer vorliegenden alkoholbedingten Lebererkrankung in geringerer Konzentration vorliegt als bei gesunden Personen. „Nachdem wir den Mangel an MATα1 festgestellt hatten, mussten wir herausfinden, was dafür verantwortlich ist“, ergänzt Studienerstautorin Lucia Barbier-Torres.
Durch Alkohol aktiviertes Protein hemmt Nährstoffversorgung
Im nächsten Schritt fanden die Forschenden heraus, dass Alkohol ein Protein namens Caseinkinase 2 (CK2) aktiviert. Dieses Protein setzt wiederum einen bestimmten Prozess (Phosphorylierung) in Gang, der dazu führt, dass MATα1 die Nährstoffe nicht mehr in die Leberzellen transportieren kann.
„Sobald diese Interaktion stattfindet, kann MATα1 nicht in die Mitochondrien gelangen, um den essentiellen Nährstoff zu liefern, und wird stattdessen abgebaut“, resümiert Barbier-Torres.
Zwei neue Ansätze bei alkoholbedingten Lebererkrankungen
Auf Grundlage der erworbenen Erkenntnisse testete das Team zwei Methoden, um die Blockierung von MATα1 zu verhindern. Zum einen veränderte die Arbeitsgruppe das Enzym so, dass eine Interaktion mit den hemmenden Proteinen nicht stattfinden kann, wodurch die Funktion von MATα1 in den Mitochondrien erhalten blieb.
Eine weitere Methode besteht laut den Forschenden darin, die CK2-Expression zu reduzierten, um die Interaktionen mit MATα1 zu verringern. „Unsere Ergebnisse unterstützen einen neuartigen und zielgerichteten Mechanismus zur Behandlung alkoholbedingter Lebererkrankungen“, betont Dr. Lu. Das Team will nun einen Wirkstoff entwickeln, der die Mitochondrien in der Leber vor den Auswirkungen des Alkohols schützen soll. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cedars-Sinai Medical Center: New Study Reveals Potential Target for Alcohol-Associated Liver Disease (veröffentlicht: 14.02.2022), cedars-sinai.org
- Barbier-Torres, L., Murray, B., Yang, J.W. et al. Depletion of mitochondrial methionine adenosyltransferase α1 triggers mitochondrial dysfunction in alcohol-associated liver disease. Nat Commun 13, 557 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-28201-2, nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.