Protein aus Zeckenspeichel soll Schmerzen und Juckreiz unterdrücken
Ein im Zeckenspeichel enthaltenes Protein könnte laut einer aktuellen Studie für neuartige Medikamente genutzt werden, die chronische Schmerzen und Juckreiz lindern. Offenbar gelingt es den Zecken mithilfe des Proteins den Wirt unbemerkt zu beißen.
Großbritannien: Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Universitäten Durham und Newcastle hat das Protein Votucalis im Speichel der braunen Ohrzecke (Rhipicephalus appendiculatus) als neues potenzielles Schmerzmittel identifiziert. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Frontiers in Pharmacology“ vorgestellt
Natürliches Schmerzmittel im Zeckenspeichel entdeckt
Votucalis ist ein Protein, dass aus dem Speichel von Zecken gewonnen werden kann. Die Tiere sondern das Protein beim Biss in die Wunde ab, um Schmerzen und Juckreiz zu unterdrücken, damit der Wirt den Biss nicht bemerkt.
Zecken-Protein bindet Histamin
Dieses Prinzip lässt sich laut den Forschenden für Medikamente gegen Schmerzen und Juckreiz ausnutzen. Votucalis ist ein natürlicher Wirkstoff, der das Gewebshormon Histamin effektiv bindet. Dadurch wird verhindert, dass das Hormon bestimmte Rezeptoren an den Zelloberflächen aktiviert, wodurch im Normalfall Schmerz oder Juckreiz ausgelöst werden würde.
Vielfältige Einsatzgebiete
Der neue Wirkstoff könnte laut der Forschungsgruppe bei vielen weit verbreiteten Erkrankungen Linderung verschaffen, darunter beispielsweise bei
- atopischer Dermatitis,
- Schuppenflechte (Psoriasis),
- Arthritis,
- Diabetes,
- Ischias,
- Rückenschmerzen.
Jede fünfte Person leidet unter chronischen Schmerzen
„Anhaltende oder chronische Schmerzen sind ein großes globales Gesundheitsproblem, von dem über 20 Prozent der Bevölkerung betroffen sind“, betont Dr. Paul Chazot von der Durham University.
Alternative für Opioide
Wirksame Schmerzmittel wie Opioide können aber starke Nebenwirkungen haben oder eine Sucht auslösen, warnt Chazot. Deshalb gibt es ihm zufolge großen Bedarf für sichere und wirksame Alternativen.
„Unsere Studie ist die erste, die das juckreizstillende und schmerzlindernde Potenzial von Votucalis nachweist“, hebt Dr. Chazot hervor. Es könnte sich hierbei um eine brauchbare Alternative zu Opioiden und Gabapentinoiden handeln.
Votucalis gelangt nicht ins Gehirn
Im Gegensatz zu auf Morphin basierenden Schmerzmitteln gelangt Votucalis nicht ins Gehirn. Nach Angaben der Arbeitsgruppe ist somit eine Sucht ausgeschlossen und gleichzeitig sind Nebenwirkungen weniger wahrscheinlich. Darüber hinaus sei es verhältnismäßig einfach, das Protein in großen Mengen herzustellen.
„Votucalis wurde bereits an Menschen mit anderen Erkrankungen, einschließlich Bindehautentzündung, ohne größere Nebenwirkungen getestet“, fügt Dr. Ilona Obara von der Newcastle University hinzu.
„Es ist erstaunlich, dass ein Protein, das im Speichel dieser winzigen Kreatur gefunden wird, chronische Schmerzen und Juckreiz bei Menschen verhindern kann“, resümiert Dr. Obara. Im nächsten Schritt wollen die Forschenden nun testen, in welcher Form das Protein am besten verabreicht werden kann. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Durham University: Tick saliva could ease chronic pain and itching (veröffentlicht: 08.03.2022), durham.ac.uk
- Ibrahim Alrashdi, Amal Alsubaiyel, Michele Chan, et al.: Votucalis, a Novel Centrally Sparing Histamine-Binding Protein, Attenuates Histaminergic Itch and Neuropathic Pain in Mice: in: Frontiers in Pharmacology (2022), frontiersin.org
Wichtiger Hinweis:
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