Entwicklung neuer Medikamente gegen Krebs
Krebserkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Dank intensiver Forschung stehen im Kampf gegen Krebs immer mehr und immer bessere Medikamente zur Verfügung. Auch Forschende aus Würzburg arbeiten an der Entwicklung neuer Wirkstoffe. Sie konzentrieren sich dabei besonders auf das sogenannte Aurora-A Protein.
Krebs bekämpfen, indem eine von ihnen entwickelte Substanz Krebs erregende Aurora-Proteine schreddert: Dies ist das Ziel einer neuen Ausgründung, die Forschende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) jetzt in Angriff genommen haben.
Krebszellen an ihrer ungebremsten Vermehrung hindern
Wie es in einer aktuellen Mitteilung der Uni heißt, klingt der Ansatz in der Theorie ganz einfach: Es wird ein Protein gesucht, das Krebszellen zum Überleben zwingend benötigen, und dann ein Wirkstoff entwickelt, der die Zerstörung dieses Proteins in die Wege leitet – fertig ist das perfekte Krebsmedikament.
Dass dieser Ansatz im Prinzip funktioniert, hat ein Forschungsteam der JMU schon bewiesen. Da die Umsetzung in die Praxis aber nicht ganz so einfach ist, wie es sich anhört, und weil dies dazu den Rahmen eines typischen Forschungsprojekts in einem Universitätslabor sprengen würde, haben die Beteiligten jetzt eine Unternehmensgründung in Angriff genommen.
„Wir konzentrieren uns auf das sogenannte Aurora-A Protein – eine Proteinkinase und ein vielversprechender Angriffspunkt in der zielgerichteten Krebstherapie“, erläutert Elmar Wolf, Professur für Tumorsystembiologie am Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie der JMU.
Frühere Studien haben gezeigt, dass in vielen Tumoren Aurora quasi den Startschuss für eine Krebserkrankung gibt und damit einer der Hauptverantwortlichen für die Entwicklung von Leukämien und vielen Kindertumoren wie zum Beispiel Neuroblastomen ist.
Daher wird weltweit intensiv nach einem Stoff gesucht, der Aurora ausschalten und die Krebszellen an ihrer ungebremsten Vermehrung hindern kann. Der Erfolg dabei hielt sich bislang aber in Grenzen: „Fast alle großen Pharmafirmen haben sogenannte Kinase-Inhibitoren für Aurora-A entwickelt. Fast alle klinischen Studien mit diesen Inhibitoren waren nicht erfolgreich“, so Wolf.
Protein muss komplett verschwinden
Der Wissenschaftler ist davon überzeugt, den Grund für dieses Scheitern zu kennen: „Wir und andere konnten zeigen, dass Aurora-A in Krebszellen wichtige Kinase-unabhängige Funktionen hat, die sich durch diese Inhibitoren nicht hemmen lassen.“
Wer Aurora-A stoppen will, muss also nicht nur dessen Kinase-Funktion blockieren, sondern das Protein komplett zum Verschwinden bringen. Der entsprechende Wirkstoff soll nun entwickelt werden.
Die Forschenden setzen dafür auf sogenannte PROTACs (proteolysis targeting chimeras). Bei ihnen handelt es sich um kleine Moleküle, die an Zielproteine binden und diese der zellulären Abbaumaschinerie – einer Art „Schredder“ im Zellinneren – zuführen.
Für Aurora-A haben Wolf und sein Kollaborationspartner, Professor Stefan Knapp von der Goethe-Universität Frankfurt, das entsprechende Molekül vor einigen Jahren entwickelt. JB170 – so dessen wissenschaftlicher Name – ist demnach eines der ersten Moleküle der PROTAC-Substanzklasse, das in Deutschland hergestellt wurde.
Vielversprechende Ergebnisse
„Die bisherigen Ergebnisse mit JB170 als neuer therapeutischer Strategie sind sehr vielversprechend und interessant“, erklärt Wolf. Auf dem Weg zur Kommerzialisierung seien aber noch entscheidende Experimente zu machen, die eine Machbarkeit eindeutig belegen.
Diese Machbarkeitsphase wird vermutlich zwei Jahre dauern; ein marktreifes Produkt wird dann allerdings noch nicht in den Apothekenregalen liegen. „Nach Ende der Machbarkeitsphase im Jahr 2023 planen wir etwa drei Jahre für weitere Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit und für die Optimierung des Herstellungsprozesses und der Formulierung“, so Wolf.
Danach könne dann mit klinischen Studien und dem Zulassungsverfahren begonnen werden. Mit dem Markteintritt sei im Erfolgsfall erst zwischen 2030 und 2032 zu rechnen.
Falls es gelingt, JB170 zu einem Medikament weiterzuentwickeln, geht Wolf von einer breiten Einsetzbarkeit aus.
„Wir haben die Wirkung von JB170 bislang mit großem Erfolg in Leukämie- und Lungenkarzinomzellen nachweisen können. Darüber hinaus legen etliche Studien anderer Arbeitsgruppen nahe, dass Tumoren des Darms, der Brust und der Leber ebenfalls stark von der Funktion des Aurora-A Proteins abhängen“, erläutert Wolf. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Julius-Maximilians-Universität Würzburg: Neue Wirkstoffe gegen Krebs, (Abruf: 16.03.2022), Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.