Wie sich Long-COVID auf das Gehirn auswirkt
Viele Menschen leiden nach einer Erkrankung an COVID-19 unter neurologischen Auswirkungen und schneiden in Gedächtnistests schlechter ab. Bei Personen mit Long-COVID sind diese Auswirkungen noch wesentlich ausgeprägter.
In einer Untersuchung unter Beteiligung von Forschenden der University of Cambridge wurde deutlich, dass sich COVID-19 allgemein negativ auf das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit auswirkt. Die aktuelle Zweitauswertung der Daten zeigt, dass die Auswirkungen bei langanhaltenden Symptomen (Long-COVID) jedoch noch wesentlich stärker ausfallen.
Die entsprechenden Studienergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Frontiers in Aging Neuroscience“ veröffentlicht.
COVID-19 mehr als eine Atemwegserkrankung
COVID-19 wurde anfangs häufig als Atemwegserkrankung charakterisiert. Mittlerweile wird die Erkrankung jedoch zunehmend als eine Infektion verstanden, welche mehrere Systeme im Körper betrifft. So berichten viele erkrankte Personen auch über neurologische Symptome.
Neuronale Schäden durch COVID-19
Es gibt laut den Forschenden tatsächlich Hinweise auf neuronale Schäden bei einigen erkrankten Menschen und neuere Untersuchungen deuten auf einen Verlust der grauen Substanz in mehreren Regionen des Gehirns hin, insbesondere in der linken Hemisphären, so das Forschungsteam.
COVID-19 könne über mehrere Mechanismen zu neurologischen Symptomen und strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn führen. Dies spiele vermutlich auch eine Rolle bei Long-COVID.
Kognitive Probleme durch Long-COVID
Long-COVID betrifft zwischen zehn und 25 Prozent der an COVID-19 erkrankten Menschen. Zu den häufigsten Symptomen bei betroffenen Personen gehören dabei kognitive Probleme, berichtet das Team.
Bisher habe es allerdings nur wenige Studien zu den Auswirkungen von Long-COVID auf die Kognition gegeben. Die neu Forschungsarbeit sei eine Querschnitts-/Längsschnittstudie, welche darauf abzielt, kognitive Probleme bei Long-COVID besser zu verstehen.
Gedächtnis und exekutive Funktionen wurden getestet
Zuerst wurden anhand einer Stichprobe von 181 Personen, welche eine Erkrankung an COVID-19 durchlebt hatten, und 185 gesunden Menschen Faktoren untersucht, die anhaltende Symptome und selbstberichtete kognitive Defizite voraussagen.
Dann wurden in dieser Stichprobe Tests zu Gedächtnis, Sprache und exekutiven Funktionen durchgeführt und deren Ergebnisse bewertet.
Gedächtnisdefizite durch COVID-19
Das Team stellte fest, dass bei Menschen, welche COVID-19 durchgemacht haben, ein konsistentes Muster von Gedächtnisdefiziten vorliegt. Der Schweregrad der Defizite nahm dabei mit selbstberichteten anhaltenden Symptomen zu.
Menschen mit lang anhaltenden Symptomen waren in einem Test des verbalen Gedächtnisses weniger genau und langsamer, berichten die Forschenden. Außerdem habe sich gezeigt, dass zum Beispiel Müdigkeit während der Ersterkrankung und anhaltende neurologische Symptome prädiktiv für die kognitive Leistungsfähigkeit sind.
Erhebliche kognitive und neurologische Folgen
In Kombination mit früheren Hinweisen auf kognitive Funktionsstörungen und neuronale Schäden nach COVID-19 deuten die aktuellen Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass COVID-19 eine Erkrankung ist, welche mit erheblichen kognitiven und neurologischen Folgeerscheinungen verbunden sein kann.
Die in der Studie selbstberichtete Gedächtnisprobleme als Folge von COVID-19 waren mit messbaren Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung und zusätzlich auch mit anderen neurologischen Symptomen verbunden. Dies legt laut den Forschenden nahe, dass besonders Menschen mit LONG-COVID, welche über kognitive Defizite berichten, in größerem Umfang eine neurologische und neuropsychologische Untersuchung angeboten bekommen sollte. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Panyuan Guo, Alvaro Benito Ballesteros, Sabine P. Yeung, Ruby Liu, Arka Saha, et al.: COVCOG 2: Cognitive and Memory Deficits in Long COVID: A Second Publication From the COVID and Cognition Study; in: Frontiers in Aging Neuroscience (veröffentlicht 17.03.2022), Frontiers in Aging Neuroscience
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.