Rolle des Fettstoffwechsels bei Erkrankungen
Bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes hat der Fettstoffwechsel einen wesentlichen Einfluss. So sind bestimmte neu identifizierte Lipide mit einem erhöhtem Risiko für beide Erkrankungen assoziiert. Diese lassen sich jedoch durch die Ernährung beeinflussen.
Über die molekularen Zusammenhänge zwischen dem Lipidstoffwechsel (Fettstoffwechsel) und der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes war bisher nur wenig bekannt. Eine neue Studie unter Beteiligung von Fachleuten des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) untersuchte jetzt möglichen Verbindungen.
Die Studienergebnisse können in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Circulation“ nachgelesen werden.
Herzinfarkt oder Schlaganfall durch Diabetes
Typ-2-Diabetes erhöht das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall um das Zwei- bis Dreifache, berichten die Forschenden. In früheren Untersuchungen sei zudem deutlich geworden, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes eng mit dem Fettstoffwechsel zusammenhängen.
Was ist die Lipidomik-Analyse?
Um die dafür verantwortlichen Zusammenhänge auf molekularer Ebene besser zu verstehen, wird bereits seit Jahren die sogenannte Lipidomik-Analyse eingesetzt. Diese ermöglicht eine detaillierte Einsicht in die Fettsäureprofile im Blutplasma.
Im Menschen kommen Fettsäuren hauptsächlich als Teil von Lipiden vor, welche in viele verschiedene Lipidklassen und -typen eingeteilt werden. Die Gesamtheit aller Lipide in einem Organismus nennt man Lipidom.
Durch den Einsatz der modernen Analysemethode ist es dem Team nun gelungen, verschiedene Lipide zu identifizieren, welche statistisch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes in Verbindung stehen.
Vorteile von ungesättigten Fettsäuren
Die Forschenden stellten zudem fest, dass eine höherer Anteil von ungesättigten Fettsäuren in der Ernährung dazu beiträgt, dass sich die risikoassoziierten Lipide reduzieren und risikoarme Lipide erhöhen.
Insgesamt wurden die Fettsäureprofile von 2.414 Blutproben ausgewertet, welche aus der EPIC-Potsdam-Studie stammten und in den 1990er Jahren gesammelt wurden. Ein Teil der Proben war von Menschen, die später Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Typ-2-Diabetes entwickelten.
Mit Hilfe der Hochdurchsatz-Lipidomik konnten insgesamt 282 verschiedene Lipide identifiziert werden, von denen 69 mit mindesten einer der beiden Krankheiten (Herz-Kreislauf-Erkrankung und Typ-2-Diabetes) assoziiert waren.
Zwölf Lipide mit Typ-2-Diabetes verbunden
„Ein statistischer Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigte sich bei 49 Lipiden, die hauptsächlich zu den Cholesterinestern und Sphingolipiden zählten. Mit Typ-2-Diabetes waren 12 Lipide assoziiert, wobei es sich mehrheitlich um Glycerin- und Phospholipide handelte“, berichtet Studienautor Dr. Fabian Eichelmann in einer Pressemitteilung.
Ein Zusammenhang mit beiden Erkrankungen sei bei acht Lipiden feststellbar gewesen, unter denen mehrere sogenannte Monoacylglyceride besonders hervorstachen.
Gefahr von gesättigten Fettsäuren
Bei einer weitere Untersuchung auf molekularer Ebene fand die Forschungsgruppe dann heraus, dass Risiko-Lipide dazu tendierten, hauptsächlich gesättigte Fettsäuren zu enthalten, insbesondere Palmitinsäure.
In einem zweiten Teil bei der Studie untersuchte das Team daher, ob eine veränderte Fettsäurezusammensetzung in der Ernährung die risikoassoziierten Lipide beeinflussen kann.
So wurde in Kooperation mit der University of Reading in England eine Interventionsstudie über den Zeitraum von 16 Wochen durchgeführt. Dafür wurden 113 Menschen im Alter von 21 bis 60 Jahren in eine von drei Gruppen eingeteilt.
Die Teilnehmenden in der ersten Gruppe nahmen eine Diät mit einem erhöhten Anteil gesättigter Fettsäuren zu sich. Die zweite Gruppe verzehrte eine Diät, die reich an einfach ungesättigten Fettsäuren war. Die Teilnehmenden der dritten Gruppe folgten einer Diät mit einem hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Fettsäureprofile im Blutplasma bestimmt
In allen drei Gruppe war die Gesamtenergieaufnahme gleich, wodurch Teilnehmende weder ab- noch zunahmen. Durch eine Blutabnahme zu Beginn der Studie und noch einmal vier Monate später konnten die Fettsäureprofile im Blutplasma bestimmt und verglichen werden.
„Wir stellten fest, dass die Diäten mit einem erhöhten Anteil ungesättigter Fettsäuren im Vergleich zur Diät mit erhöhtem Anteil gesättigter Fettsäuren für eine Verringerung der risikoassoziierten Lipide und gleichzeitig für eine Steigerung der risikoarmen Lipide sorgten“, berichtet Studienautorin Julie Lovegrove.
Weniger gesättigte- dafür mehr ungesättigte Fettsäuren
Auf Basis der Ergebnisse raten die Fachleute zu einem Austausch gesättigter Fettsäuren in der Ernährung gegen ungesättigte Fettsäuren. Dies könnte dazu beitragen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes zu verhindern.
Dabei könnten „die identifizierten Lipide als Biomarker für ein erhöhtes Risiko dienen. Zukünftige Risikovorhersage-Modelle könnten darauf aufbauen“, fügt Professor Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Fabian Eichelmann, Laury Sellem, Clemens Wittenbecher, Susanne Jäger, Olga Kuxhaus, et al.: Deep Lipidomics in Human Plasma - Cardiometabolic Disease Risk and Effect of Dietary Fat Modulation; in: Circulation (veröffentlicht 15.04.2022), Circulation
- Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: Lipidomik liefert neue Biomarker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes (veröffentlicht 21.04.2022), DZD
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.