Cholesterinwerte und Co: Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln?
Pflanzliche Arzneimittel spielen hierzulande schon lange eine wichtige Rolle bei der Behandlung diverser Beschwerden und Erkrankungen. Solche Medikamente, die auch als Phytopharmaka bezeichnet werden, enthalten im Unterschied zu chemisch-synthetischen Präparaten pharmazeutisch bearbeitete Zubereitungen aus Arzneipflanzen. Die Wirkung solcher Mittel sollte weder über- noch unterschätzt werden, meinen Fachleute.
Die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel hat im deutschsprachigen Mitteleuropa eine lange Tradition, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI). Doch oft liegen keine oder nur unzureichende Daten vor, die etwa die Anwendung oder den Nutzen solcher Medikamente bei Kindern und Jugendlichen ausreichend belegen. Und manche Nahrungsergänzungsmittel haben gar keine medizinische Wirkung, sagt Prof. Dr. Robert Fürst, der Pharmazeutische Biologie an der Universität Frankfurt lehrt.
Wirkung nicht über- oder unterschätzen
Richtig ist, dass manche Krankheiten mit bestimmten sanft wirksamen Phytopharmaka ausreichend behandelt werden können, schreibt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf seiner Webseite.
So sprechen beispielsweise Menschen mit Erkältungskrankheiten und leichten Befindlichkeitsstörungen gut auf entsprechende pflanzliche Präparate an.
Doch die Wirkung pflanzlicher Arzneimittel sollte weder über- noch unterschätzt werden, mahnt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in einer aktuellen Mitteilung.
Dies gelte besonders bei Phytopharmaka gegen Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel Fettstoffwechselstörungen, Diabetes oder Gicht.
Unübersichtlicher Markt
„Der Markt ist recht unübersichtlich. Denn neben zugelassenen Arzneimitteln gibt es Nahrungsergänzungsmittel, die keine medizinischen Wirkungen haben“, so Prof. Dr. Robert Fürst.
Der Apotheker referierte beim pharmacon, einem wissenschaftlichen Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer, unter anderem über die drei Arzneipflanzen Indische Flohsamenschalen, Knoblauch sowie Zimt.
Cholesterin senken mit Flohsamenschalen
Indische Flohsamenschalen stecken voller Ballaststoffe und können erhöhte Cholesterinwerte senken. Werden pro Tag bis zu 20 Gramm eingenommen, kann der Cholesterinwert langfristig um vier bis fünf Prozent sinken.
„Verglichen mit synthetischen Arzneimitteln wie Statinen ist das ein kleiner Effekt. Indische Flohsamenschalen sind aber zusammen mit Lebensstiländerungen als erster Schritt sinnvoll, um erhöhte Cholesterinwerte zu behandeln“, so Fürst.
Bei Flohsamenschalen ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu trinken. Um ein Verklumpen zu verhindern, müssen demnach 20 Gramm Flohsamenschalen mit drei großen Gläsern Wasser eingenommen werden.
Weiterer Forschungsbedarf
Traditionell zugelassene Arzneimittel mit Knoblauch werden ebenfalls genutzt, um Cholesterinwerte zu senken.
„Ein bisschen Knoblauch als Gewürz hat keinen Effekt. Knoblauch wirkt nur, wenn große Mengen – mindestens 0,9 Gramm Knoblauchpulver oder entsprechende Extraktmengen – über mehrere Wochen täglich eingenommen werden“, erklärt Fürst.
Arzneimittel mit Zimt sind laut dem Apotheker traditionell zugelassen gegen Magen-Darm-Beschwerden. „Es gibt Hinweise, dass Zimtextrakte auch gegen Diabetes Typ 2 helfen könnten. Wir wissen aus den bisherigen Studien noch zu wenig, um die Wirksamkeit von Zimtextrakten zuverlässig einschätzen zu können. Hier besteht noch dringender Forschungsbedarf“, so Fürst.
Mögliche Nebenwirkungen
Grundsätzlich bedacht werden sollte, dass auch pflanzliche Arzneimittel Nebenwirkungen wie zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden, allergische Reaktionen und Hautprobleme haben können. Darauf weist die Stiftung Gesundheitswissen auf ihrer Webseite hin.
Auch auf die eingenommene Menge kommt es an: So können beispielsweise große Mengen Süßholz den Hormonhaushalt durcheinanderbringen und den Blutdruck erhöhen.
Und pflanzliche Medikamente können auch die Wirkung anderer Arzneimittel im Körper beeinflussen. Johanniskraut zum Beispiel kann dazu führen, dass bestimmte Medikamente schneller abgebaut werden. Dies gilt etwa für bestimmte Gerinnungshemmer oder die Anti-Baby-Pille.
Die Fachleute raten daher, sich vor der Einnahme von Phytopharmaka ärztlich beraten zu lassen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA): Pflanzliche Arzneimittel weder über- noch unterschätzen, (Abruf: 31.05.2022), ABDA
- Robert Koch-Institut: KiGGS-Basiserhebung: Arzneimittelkonsum, (Abruf: 02.06.2023), Robert Koch-Institut
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Pflanzliche Arzneimittel und ihre möglichen Risiken, (Abruf: 31.05.2022), Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
- Stiftung Gesundheitswissen: Pflanzliche Arzneimittel: Nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen, (Abruf: 31.05.2022), Stiftung Gesundheitswissen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.