Risiko für Fettleber an der Darmflora erkennbar
Das menschliche Mikrobiom im Darm, oft als Darmflora bezeichnet, kann laut aktueller Studie Auskunft geben, ob eine Person unter bestimmten Krankheiten wie beispielsweise einer Fettleber leidet. Das internationale Forschungsteam sieht in der sogenannten Mikrobiom-basierten Diagnostik großes Potenzial, welches sich in den kommenden Jahren entfalten wird.
Forschende des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena haben ein Methode entwickelt, mit der anhand des Darmmikrobioms das Risiko für Fettleber vorhergesagt werden kann. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Science Translational Medicine“ vorgestellt.
Fettleber Risikofaktor für schwere Lebererkrankungen
Rund jede vierte Person weltweit ist an einer nichtalkoholischen Fettleber (NAFLD) erkrankt. In den Industriestaaten ist die Fettleber die häufigste chronische Lebererkrankung. In Deutschland wird die Zahl der Betroffenen auf 12 Millionen geschätzt.
Besonders häufig entwickeln Personen mit Vorerkrankungen eine Fettleber, vor allem wenn Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Adipositas, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen vorliegen.
Eine Fettleber verursacht jedoch keine oder nur geringe Beschwerden und bleibt daher oft unbemerkt. Sie kann sich jedoch zu schweren Lebererkrankungen wie beispielsweise Leberzirrhose oder Leberkrebs weiterentwickeln.
Darmbakterien sind an der Fettleber-Entstehung beteiligt
„Es ist bereits erwiesen, dass die Mikroorganismen im Darm des Menschen zur Entwicklung von NAFLD beitragen“, betont Forschungsleiter Gianni Panagiotou in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
„Wir wollten herausfinden, ob sich anhand des Mikrobioms eines gesunden Menschen prognostizieren lässt, ob dieser zukünftig an NAFLD erkranken wird oder nicht“, so Panagiotou.
Darmflora von NAFLD-Betroffenen analysiert
In Rahmen einer Langzeitstudie analysierte das Team Stuhl- und Blutproben von 1200 Probandinnen und Probanden. Zu Beginn der Studie lag bei keiner beteiligten Personen eine Fettlebererkrankung vor. Vier Jahre später hatten 90 Teilnehmende eine NAFLD entwickelt.
Den Betroffenen wurden erneut Stuhlproben entnommen und die Darmflora mit denen von gesunden Teilnehmenden verglichen.
„Mithilfe verschiedener Methoden konnten wir sehr feine Unterschiede in den vier Jahre zuvor abgegebenen Proben finden“ betont Studienerstautor Howell Leung.
Fettleber mit 80-prozentiger Genauigkeit prognostiziert
Laut Leung entstand so ein Modell, dass anhand einer Stuhl- und Blutprobe mit 80-prozentiger Sicherheit prognostizieren kann, wer zukünftig an einer nichtalkoholischen Fettleber erkranken wird. Bislang verfügbare Methoden, bei denen nur das Blut untersucht wird, erreichen eine maximale Genauigkeit von 60 Prozent.
Die aus der Darmflora gewonnenen Daten können somit „die Zuverlässigkeit enorm erhöhen“, hebt Studienleiter Panagiotou hervor.
Großes Potenzial der Mikrobiom-basierten Diagnostik
Mit maschinellem Lernen können Computer Muster in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms wiedererkennen, die mit der Entstehung einer Fettleber verbunden sind. Solche Muster könnten in Zukunft zur Diagnose von Krankheiten herangezogen werden.
„Ich sehe die Mikrobiom-basierte Diagnostik als etwas, das in den nächsten zehn Jahren die klinische Praxis erreichen und ein großes Potenzial entfalten wird“, resümiert Panagiotou. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Leibniz-HKI: Das Darm-Mikrobiom als Gesundheitskompass (veröffentlicht: 09.06.2022), leibniz-hki.de
- Leung H, Jia W, Panagiotou G, et al.: Risk assessment with gut microbiome and metabolite markers in NAFLD development; in: Science Translational Medicine (2022), doi: 10.1126/scitranslmed.abk0855, science.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.