Appetitzügler: Überprüfung der Sicherheit
Amfepramon ist ein synthetisch hergestelltes Amphetamin, das wegen seiner appetithemmenden Wirkung zur Behandlung von starkem Übergewicht (Fettleibigkeit) eingesetzt wird. Doch der Appetitzügler kann schwere Nebenwirkungen haben. Nun wird empfohlen, die Zulassungen von Arzneimitteln mit diesem Wirkstoff zur Behandlung von Adipositas zu widerrufen.
Im vergangenen Jahr wurde berichtet, dass durch Medikamente mit dem Wirkstoff Amfepramon gesundheitliche Gefahren wie Herzprobleme und Lungenhochdruck drohen. Nun hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) empfohlen, die Zulassungen amfepramonhaltiger Arzneimittel gegen Adipositas (Fettleibigkeit) in der EU zu widerrufen.
Risiko schwerer Nebenwirkungen
Laut einer aktuellen Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) folgt die Empfehlung einer Überprüfung, bei der festgestellt wurde, dass die aus Sicherheitsgründen angeordneten Maßnahmen zur Beschränkung der Anwendung dieser Arzneimittel nicht vollständig wirksam waren.
Dabei wurde festgestellt, dass die Medikamente länger als die empfohlene maximale Dauer von drei Monaten angewendet wurden, wodurch sich das Risiko schwerer Nebenwirkungen wie pulmonale arterielle Hypertonie (hoher Blutdruck in den Lungenarterien) und Abhängigkeit erhöhen kann.
Die Arzneimittel wurden auch bei Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen oder psychiatrischen Störungen in der Vorgeschichte angewendet, wodurch sich das Risiko für Herzkrankheiten beziehungsweise psychiatrische Probleme bei diesen Personen erhöhte.
Zudem gab es Hinweise auf eine Anwendung während der Schwangerschaft, die Risiken für das ungeborene Kind mit sich bringen könnte.
Nutzen überwiegt Risiken nicht
Den Angaben zufolge wurden bei der Überprüfung alle verfügbaren Informationen zu diesen Bedenken berücksichtigt, einschließlich der Daten aus zwei Studien zur Anwendung amfepramonhaltiger Arzneimittel in Deutschland und Dänemark.
Der PRAC, der von einer Gruppe von Fachleuten beraten wurde, zog die Einführung weiterer Maßnahmen zur Minimierung des Risikos von Nebenwirkungen in Betracht, konnte aber keine hinreichend wirksamen Maßnahmen identifizieren.
Daher kam der Ausschuss zu dem Schluss, dass der Nutzen amfepramonhaltiger Arzneimittel ihre Risiken nicht überwiegt, und empfahl, dass diese Arzneimittel in der Europäischen Union (EU) nicht mehr verfügbar sein sollten.
Das BfArM hat einige Informationen für Patientinnen und Patienten aufgelistet:
- Die EMA empfiehlt, dass amfepramonhaltige Medikamente gegen Adipositas in der EU nicht mehr erhältlich sein sollten, weil sie nicht immer wie empfohlen angewendet werden.
- Eine unsachgemäße Anwendung dieser Arzneimittel kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie erhöhtem Blutdruck in den Lungenarterien (Lungenhochdruck), Herzerkrankungen, Abhängigkeit, psychiatrischen Problemen und Schäden für das ungeborene Kind führen.
- Der Nutzen dieser Medikamente ist begrenzt, da die Menschen nach Kurzzeitbehandlung wieder an Gewicht zunehmen.
- Es gibt auch andere Behandlungsmöglichkeiten gegen starkes Übergewicht. Wenden Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt, um zu besprechen, welche Behandlung für Sie in Frage kommt.
Auch hierzulande zugelassen
Wie das BfArM erklärt, ist Amfepramon ein Sympathomimetikum, das im Gehirn Wirkungen verursacht, die denen von Adrenalin ähneln. Solche Mittel verringern das Hungergefühl.
Amfepramonhaltige Medikamente wurden in Dänemark, Deutschland und Rumänien zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Adipositas (Body-Mass-Index von mindestens 30 kg/m2) zugelassen, bei denen andere Methoden zur Gewichtsreduzierung nicht ausgereicht haben.
Amfepramonhaltige Arzneimittel wurden für eine Anwendungsdauer von vier bis sechs Wochen und nicht länger als drei Monate zugelassen.
In der EU waren amfepramonhaltige Arzneimittel bisher unter verschiedenen Handelsnamen zugelassen, in Deutschland als Amfepramon Hormosan 25 mg Weichkapseln, Amfepramon Hormosan 60 mg Retardkapseln, Tenuate® Retard. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Amfepramon: Überprüfung der Sicherheit, (Abruf: 14.06.2022), Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.