Kopfweh bei Kindern: Was helfen kann
Die Zahl der Kinder, die an Kopfschmerzen leiden, nimmt seit Jahren zu. Leider werden die Beschwerden oft nicht ernst genug genommen. Dabei gibt es häufig einfache therapeutische Maßnahmen, die Schmerzen zu lindern. Medikamente sind dabei nicht unbedingt nötig. Auch nicht-medikamentöse Maßnahmen sorgen hier meist für Besserung.
Über zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler haben Studien zufolge regelmäßig Kopfschmerzen, berichtet die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. in einer älteren Mitteilung. Häufig sind Leistungsdruck, emotionaler Stress, zu viel Zeit am Bildschirm und zu wenig Bewegung die Ursache. Wie Schmerzen bei Jüngeren erkannt werden können und was Betroffenen helfen kann, erklärt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Mitteilung.
Diagnose oft nicht einfach
„Die Diagnose von Kopfschmerzen ist bei jüngeren Kindern nicht einfach“, sagt der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „Bei kleinen Kindern, die noch nicht sprechen können, sind Kopfschmerzen nur schwer zu erkennen“, so der Mediziner.
„Häufige Anzeichen sind Reizbarkeit, Unruhe und Überempfindlichkeit gegen Berührungen. Etwas ältere Kinder drücken die Hände an den Kopf oder vor die Augen und zeigen ein schmerzhaftes, geplagtes Gesicht. Verlässliche Beschreibungen sind erst im Vorschul- und frühen Schulalter zu erwarten.”
Migräne und Spannungskopfschmerzen
Die häufigsten Formen von sogenannten primären Kopfschmerzerkrankungen sind auch bei Kindern die Migräne sowie Spannungskopfschmerzen, erläutert die Stiftung Kindergesundheit.
Migräne: Ein Kind, das unter einer akuten Migräneattacke leidet, hört meistens auf, zu spielen oder zu lernen, ist blass, möchte sich hinlegen und möglicherweise auch schlafen. Zudem ist typisch, dass jede Anstrengung vermieden wird und das Kind im Laufe einer Attacke einschläft. Die Beschwerden sind dann beim Aufwachen verschwunden.
Der pulsierende oder pochende Schmerz ist – im Gegensatz zur Migräne bei Erwachsenen – zumeist nicht nur auf eine Kopfseite beschränkt, sondern betrifft beide Seiten und oft auch die Stirn.
Unter den Migräne-typischen Begleiterscheinungen stehen bei Kindern vor allem Übelkeit und Erbrechen, jedoch auch Geräusch- und Lichtempfindlichkeit im Vordergrund. Die Attacken sind kürzer als bei Erwachsenen und dauern nur selten länger als etwa zwei Stunden.
Auch bei Kindern kann es kurz vor einer Attacke zu neurologischen Ausfällen, zu einer sogenannten Aura, kommen. Dazu gehören unter anderem Flimmersehen oder Lichtblitze in den Augen, Gefühlsstörungen in Händen und Armen oder auch Sprachstörungen.
Wichtig zu wissen ist, ist dass die Heftigkeit des Schmerzes und die „komischen“ Begleitsymptome so intensiv sein können, dass das Kind sie mit starker Angst erlebt.
Spannungskopfschmerzen sind dumpf-drückend bis ziehend und nicht pulsierend. Der Schmerz tritt meist auf beiden Seiten des Kopfes auf. Er breitet sich oft vom Nacken zur Stirn oder von der Stirn zum Nacken aus und zieht auch die Augen oder Wangen in Mitleidenschaft.
Der Schmerz ist von leichter bis mäßiger Intensität und wird bei körperlicher Bewegung in aller Regel nicht stärker, sondern sogar eher schwächer: Eine Ablenkung durch Aktivität tut Betroffenen gut. Die bei einer Migräne-Attacke typischen Begleitsymptome fehlen hier.
Manchmal kann schon eine Brille helfen
Neben diesen sogenannten primären Kopfschmerzerkrankungen können Kopfschmerzen aber auch Ausdruck und Warnzeichen anderer körperlicher Krankheiten sein, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit.
So werden sowohl fieberhafte Infekte als auch Störungen des Blutdrucks oft von Kopfschmerzen begleitet. Mögliche Beispiele sind: Kieferhöhlenentzündungen, Ohrentzündungen, Halsentzündungen oder Mandelentzündungen.
In seltenen Fällen können die heftigen, immer weiter zunehmenden Beschwerden auf eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder einen Hirntumor hindeuten. Und auch eine Gehirnerschütterung verursacht häufig Kopfschmerzen.
Es kann jedoch auch etwas ganz anderes hinter dem Kopfweh stecken: ein Sehfehler etwa, der zu einer Überanstrengung der Augen führt. Er kann mit der richtigen Brille korrigiert werden. Auch zu viel direkte Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf kann zu einem schmerzenden Kopf führen.
Mobbing und Ausgrenzung tun weh
Wenn die aufgezählten Ursachen durch eine Untersuchung bei der Kinder- und Jugendärztin oder -arzt ausgeschlossen worden sind, wird weiter nach möglichen seelischen Gründen der Schmerzen gefahndet.
Auf bei Kindern liegen Kopfschmerzen und das Erleben von Stress nahe beieinander: Mobbing, Ausgrenzung oder Herabsetzung tun auch ihnen weh. Wichtig dabei ist, die tieferen Ursachen und schweren Konflikte (in der Familie oder in der Schule) zu erkennen, die dem Kind im wahrsten Sinne des Wortes „Kopfzerbrechen“ bereiten.
Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte können hier oft weiterhelfen, nachdem sie das Kind gründlich untersucht und die Eltern ausführlich befragt haben.
„Das Kind oder der Jugendliche erfährt in einem guten Aufklärungsgespräch, was sich hinter seinen Kopfschmerzen verbirgt und erhält seine persönlichen Empfehlungen zu Schlaf, Sport, Ernährung, Trinkmenge und zu den oft dringend notwendigen Pausen vom Medienkonsum“, so der Kopfschmerzspezialist und Kinderneurologe Professor Dr. Florian Heinen, Direktor des Sozialpädiatrischen Zentrums im von Haunerschen Kinderspital der Universität München.
Um die Kopfschmerzen besser zu verstehen, können Kind und Eltern für zwei bis drei Wochen einen Kopfschmerzkalender führen, in dem Dauer und Stärke der Schmerzen, die Begleitsymptome, mögliche Auslöser und auch die eingenommenen Medikamente festhalten werden. Allein dadurch werden die individuellen Auslöser oft entdeckt.
Nicht sofort Schmerzmittel nehmen
Kinder, die öfter Kopfschmerzen haben, sollten sich mehr im Freien bewegen, regelmäßig Sport treiben und ausreichend Wasser trinken, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. „Sie sollten außerdem weniger Zeit mit Computerspielen und Fernsehen verbringen und auf geregelte Mahlzeiten und auf ausreichenden Schlaf achten“, so Professor Berthold Koletzko.
„Die Einhaltung fester Zeiten des Schlafengehens und des Aufwachens und das Vermeiden von Coffein am Nachmittag – also von Cola, Kaffee und Energydrinks – haben sich in Studien als gute Ansätze gegen Kopfweh erwiesen.“
Zur medikamentösen Akut-Behandlung der Schmerzen werden manchmal Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol verordnet. Acetylsalicylsäure (ASS, „Aspirin“) sollte erst ab zwölf Jahren eingesetzt werden.
Eine Alternative zu der Behandlung von leichten oder mittelschweren Kopfschmerzen vom Spannungstyp bietet die äußere Anwendung einer zehnprozentigen Pfefferminzöl-Lösung aus der Apotheke, die auf die Stirn und Nackenmuskeln aufgetragen werden kann.
Als hilfreich gegen Kopfweh haben sich auch nichtmedikamentöse Maßnahmen und Hausmittel erwiesen. Dazu gehören unter anderem Entspannungsübungen, Physiotherapie und eine Anpassung des Tagesrhythmus, sowie reflektierende Gespräche mit dem an Kopfschmerzen erkrankten Kind über Dinge, die es belasten oder ihm eher guttun. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Stiftung Kindergesundheit: Kopfschmerzen bei Kindern – was hilft?, (Abruf: 14.06.2022), Stiftung Kindergesundheit
- Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.: Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen ernst nehmen, (Abruf: 14.06.2022), Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.