Forschende lösen Rätsel der Herz-Regeneration
Nach einem Herzinfarkt stirbt ein Teil des Muskelgewebes im Herzen ab und es bilden sich Narben. Dadurch kann die Leistungskraft des Herzens abnehmen. Anders als die Leber kann sich das Herz jedoch kaum regenerieren. Jetzt entschlüsselte ein deutsches Forschungsteam ein bislang wenig verstandenen Reparaturprozess im Herz, mit dem eine Heilung gezielt gefördert werden könnte.
Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Professor Dr. Kai Wollert haben herausgefunden, welche Zellen an der Reparatur des Herzens beteiligt sind. Die Erkenntnisse, die kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Science“ vorgestellt wurden, bieten die Grundlage, um die Heilung des Herzens nach kardiovaskulären Vorfällen gezielt zu unterstützen.
Mehr als 300.000 Herzinfarkte pro Jahr
Jedes Jahr erleiden über 300.000 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt. Dabei kommt es zu einer mangelnden Versorgung mit Sauerstoff im Herzen, wodurch Herzzellen absterben. Erwachsene Personen können solche Schäden nicht mehr regenerieren, obwohl das Herz versuche zur Reparatur unternimmt.
Keine Medikamente zur Unterstützung der Herz-Regeneration
Die Prozesse, die dabei ablaufen, galten bislang als nicht ausreichend verstanden, weshalb auch noch keine Medikamente zur Verfügung stehen, die eine Heilung des Herzens fördern. Dies könnte sich nun allerdings ändern.
Denn die Arbeitsgruppe der MHH konnte entschlüsseln, welche Zellen an der Herzreparatur beteiligt sind und wie diese Zellen miteinander kommunizieren. Dabei entdeckte das Team auch einen neuen Botenstoff, der die Wundheilung steuert.
KIT-Rezeptor spielt eine wichtige Rolle bei der Herz-Reparatur
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit steht ein Rezeptor namens KIT. Das Protein wird nach Angaben der Forschenden von verschiedenen Zellen gebildet, unter anderem den blutbildenden Stammzellen im Knochenmark.
Das Protein KIT fungiert als Bindungsstelle für den sogenannten Stammzellfaktor. Dieser Botenstoff aktiviert die KIT-positiven Stammzellen und führt dazu, dass sich aus ihnen die verschiedenen Zellen des Blutes entwickeln. Diese KIT-positive Zellen kommen auch im Herz vor.
„Das sind allerdings keine Stammzellen, wie lange vermutet, sondern Gefäßzellen“, erläutert Studienerstautor Dr. Marc Reboll. Diese KIT-positiven Gefäßzellen sorgen Reboll zufolge nach einem Infarkt dafür, dass sich neue Herzgefäße ausbilden.
Neuentdeckter Botenstoff steuert die Herz-Wundheilung
Im Rahmen der aktuellen Studie entdeckte die MHH-Arbeitsgruppe einen neuen Botenstoff, der passgenau an den KIT-Rezeptor binden kann und den Reparaturprozess in Gang setzt: ein Protein namens Meteorin-like (METRNL).
„Nach einem Infarkt reagiert das Immunsystem mit einer Entzündungsreaktion“, erklärt Professor Wollert. „Die Entzündungszellen produzieren METRNL, welches die KIT-positiven Gefäßzellen zur Bildung neuer Blutgefäße anregt“, so der Forschungsleiter.
Grundlage für neue Behandlungsansätze bei Herzinfarkt
Im Mausmodell konnte das Team belegen, dass ohne das METRNL-Protein die Reparatur des Herzens nicht funktioniert. Nach einer Gabe von METRNL waren die Tiere hingegen in der Lage, neue Gefäße nach einem Herzinfarkt zu bilden.
„Dadurch wird die Narbenbildung gemildert und eine schwere Herzinsuffizienz verhindert“, resümiert Kardiologe Wollert. Der neu entdeckte Botenstoff könnte zu einem wichtigen Baustein für kommende Medikamente werden, die die Herzreparatur nach einem Herzinfarkt gezielt unterstützen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Hochschule Hannover: Rätsel der Herzreparatur gelöst (veröffentlicht: 17.06.2022), mhh.de
- Marc Reboll, Kai Wollert, et al.: Meteorin-like promotes heart repair through endothelial KIT receptor tyrosine kinase; in: Science (2022), science.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.