Schlaganfall-Folgen durch Magnetimpulse mildern
Rund jede 40. Person erleidet hierzulande im Laufe des Lebens einen Schlaganfall. Bei circa 70 Prozent der Betroffenen bleiben nach dem Vorfall Lähmungen in Beinen oder Armen zurück. Eine neue Therapie soll durch personalisierte Hirnstimulation die Folgen eines Schlaganfalls mildern.
Eine deutsche Arbeitsgruppe von dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung sowie dem Universitätsklinikum Tübingen um den Neurologen Professor Dr. Ulf Ziemann stellt eine neue Behandlungsmöglichkeit vor, mit der Lähmungen nach einem Schlaganfall reduziert werden sollen.
Verfügbare Behandlungen nur mittelmäßig erfolgreich
Um Lähmungen nach einem Schlaganfall entgegenzuwirken wird derzeit versucht, mithilfe von Physiotherapie die gelähmten Körperteile zu trainieren. Die Behandlungen erstrecken sich über Monate bis Jahre – der Erfolg ist jedoch oftmals nur mittelmäßig.
Im Rahmen einer aktuellen Studie, die mit 1,6 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, soll nun eine neue Therapie gegen Lähmungen nach einem Schlaganfall getestet werden, die den Standard revolutionieren könnte.
Wie funktioniert die Hirnstimulation?
„Bei der Studie verwenden wir transkranielle Magnetstimulation, kurz TMS,“ berichtet Studienärztin Dr. Anne Lieb. Dabei handelt es sich ihr zufolge um ein nicht-invasives, schmerzfreies und komplikationsarmes Verfahren, das als gut erforscht gilt.
Während der Behandlung stimulieren leichte magnetische Impulse die Gehirnzellen, um sie dazu zu bringen, neue Verknüpfungen einzugehen, um die zerstörten Verbindungen zu ersetzen. Im neuen Ansatz des Forschungsteam wurde die Wirkung der Behandlung noch verbessert, indem die Methode exakt auf den Hirnzustand der Betroffenen abgestimmt wurde.
Zuerst wird der Erregungszustand der Patientin oder des Patienten mittels Elektroenzephalogramm (EEG) in Echtzeit aufgezeichnet. Die Magnetimpulse können gekoppelt mit dem EEG auf diese Weise zu einem optimalen Zeitpunkt gesetzt werden.
„Mit dieser sogenannten Closed-Loop-Methode haben wir schon Hand- oder Armlähmungen einzelner Schlaganfallpatientinnen und -patienten erfolgreich behandeln können“, bestätigt Studienleiter Ziemann.
Verfahren wird nun erstmals im akuten Zustand getestet
Der Einsatz des Verfahrens erfolgte bislang erst mehrere Wochen bis Monate nach einem Schlaganfall. Im Rahmen der aktuellen Studie soll die personalisierte Hirnstimulation nun erstmals direkt in der akuten Phasen eines Schlaganfalls eingesetzt werden.
„In den ersten Tagen nach einem Schlaganfall geschieht ganz viel im Gehirn. Durch einen frühzeitigen Beginn der Therapie erhoffen wir uns daher den bestmöglichen Erfolg“, so Professor Ziemann.
Zunächst sollen 70 Patientinnen und Patienten mit der neuen Methode behandelt werden. Weitere 70 Teilnehmende werden als Kontrollgruppe mit herkömmlichen Therapien behandelt.
Hirnstimulation könnte neuer Standard werden
„Sollte die personalisierte Hirnstimulation im Akutstadium nach einem Schlaganfall Erfolg zeigen, ist unser Ziel, dass sie künftig als Verfahren in der Standardbehandlung aufgenommen wird“, resümiert Ziemann.
„Wenn die Therapie Lähmungserscheinungen mindert, so ist das nicht nur ein Hoffnungsschimmer für Betroffene und ihre Angehörigen, sondern entlastet auch langfristig das Gesundheitssystem“, hebt der Forschungsleiter abschließend hervor. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Hertie-Institut für klinische Hirnforschung: Personalisierte Hirnstimulation soll Lähmungen nach Schlaganfall lindern (veröffentlicht: 22.06.2022), hih-tuebingen.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.