Entzündungsparameter bei Magenkrebs entscheidend für die Prognose
Die Entzündungsreaktion im Körper hat laut einer aktuellen Studie bei Magenkrebs einen entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Auch bei anderen Krebserkrankungen könnte ein vergleichbarer Zusammenhang bestehen.
Ein Forschungsteam der Universität Leipzig und der tschechischen Masaryk-Universität hat untersucht, welche Faktoren Einfluss auf die Lebenserwartung von Patientinnen und Patienten mit Magenkrebs im fortgeschrittenen Stadium haben. Den Ergebnissen zufolge ist vor allem die Entzündungsreaktion im Blut entscheidend. Veröffentlicht wurde die Studie in dem Fachmagazin „Annals of Oncology“.
Sarkopenie – Abbau der Muskukatur
Bei Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium galt bisher der Abbau von Muskelmasse und -qualität als wesentliche Einflussgröße für den Krankheitsverlauf. Entsprechende Einbußen der Muskulatur sind auch im Rahmen der natürlichen Alterung festzustellen und werden und dem Begriff Sarkopenie zusammengefasst.
Diesen Muskelparametern wurde bisher ein großer Stellenwert mit Blick auf die Prognose des Krebsverlaufs zugeschrieben und daraus die Hypothese abgeleitet, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Muskulatur die Lebenserwartung von Krebskranken verbessern könnten, erläutern die Forschenden.
Welche Rolle spielen Entzündungsreaktionen?
Da Entzündungen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Sarkopenie spielen, hat das Forschungsteam nun untersucht, ob anhand bestimmter Entzündungsparameter im Blut das Auftreten einer Sarkopenie und der Krankheitsverlauf bei Magenkrebs prognostiziert werden können.
Anhand der Daten von über 500 Personen mit inoperablem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Magen- und Speiseröhrenkrebs, die vor einigen Jahren innerhalb einer klinischen Studie behandelt worden waren, suchten die Forschenden nach Zusammenhängen zwischen bestimmten Laborwerten im Blut, Messwerten zur Muskelqualität und dem Krankheitsverlauf.
Zu Studienbeginn und nach zwölf Wochen wurden bei den Teilnehmenden die Entzündungswerte mittels Blutuntersuchung sowie die Muskelparameter mittels einer Computertomographie festgestellt, berichten die Forschenden.
Muskelabbau und Entzündungsparameter eng verbunden
Bei der anschließenden Datenanalyse habe sich gezeigt, dass die Ausgangswerte der Entzündungsparameter signifikant mit dem Ausgangswert der mittleren Muskelabschwächung korrelierten. So hingen die Entzündungswerte im Blut und die Sarkopenie eng zusammen.
Doch ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen Sarkopenie und dem Überleben war laut den Forschenden nicht erkennbar.
„Entgegen unserer Ergebnisse einer vorherigen Studie wissen wir nun, dass die Muskelqualität als Faktor nicht ausschlaggebend für die Lebenserwartung der Patient:innen mit fortgeschrittenem Magenkrebs ist“, so Studienleiter Professor Dr. Ulrich Hacker.
Entzündungsreaktion der treibende Faktor
Aus den Befunden könne geschlussfolgert werden, dass bei aggressiven, fortgeschrittenen Tumorerkrankungen wie zum Beispiel den Magenkarzinomen die Entzündungsreaktion im Blut der treibende Faktor für das Krankheitsgeschehen ist.
„Das hängt eng mit der Ausbildung einer Sarkopenie, einem Verlust von Muskelmasse und -qualität, zusammen“, ergänzt Professor Hacker, Oberarzt am Universitätsklinikum Leipzig. Die Beeinflussung der Entzündungsreaktion könne ein zentraler Angriffspunkt sein, um sowohl die Prognose als auch die Sarkopenie zu verbessern.
Neue therapeutische Ansatzpunkte
Die therapeutische Beeinflussung der systemischen Entzündung erscheint als vielversprechende Strategie zur Verbesserung sowohl der Sarkopenie als auch der Wirksamkeit und Verträglichkeit der Krebsbehandlung und sollte in zukünftigen Studien weiter erforscht werden, so das Team.
Bisher werden vor allem körperliches Training und Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung zur Behandlung einer Sarkopenie vorgeschlagen, wobei die Ernährungsmaßnahmen jedoch oftmals nicht gut anschlagen, wenn erhöhte Entzündungswerte im Blut vorliegen, erläutert Professor Hacker.
In der Studie konnten die Forschenden zudem beobachten, dass bei Patientinnen und Patienten, die eine Chemotherapie erhalten hatten und deren Erkrankung nicht weiter fortschritt, die Entzündungsparameter im Blut deutlich zurückgingen.
Dies deute laut Professor Hacker darauf hin, dass eine wirksame Tumortherapie die Entzündungsreaktionen reduziert und damit eine gute Grundlage für wirksame Maßnahmen im Ernährungsbereich legen könnte.
In zukünftigen Studien müsse nun geklärt werden, ob die Befunde auch auf andere Tumorarten übertragbar sind und wie sich unterschiedliche Tumortherapien oder andere Behandlungen auf die Entzündungsreaktionen im Blut auswirken. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Leipzig: Bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen: Entzündungsreaktion im Blut ist der treibende Faktor (veröffentlicht 11.07.2022), uni-leipzig.de
- Ulrich Hacker, Dirk Hasenclever, R. Baber, Nicolas Linder, Harald Busse, Radka Obermannova, Lenka Zdrazilova-Dubska, D. Valik, Florian Lordick: Modified Glasgow prognostic score (mGPS) is correlated with sarcopenia and dominates the prognostic role of baseline body composition parameters in advanced gastric and esophagogastric junction cancer patients undergoing first-line treatment from the phase III EXPAND trial; in: Annals of Oncology (veröffentlicht 04.04.2022), annalsofoncology.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.