Risiko für plötzlichen Herztod am Herzstoffwechsel erkennbar
Bei einem plötzlichen Herztod hört das Herz ohne Vorwarnung innerhalb von Sekunden auf zu schlagen. Aufgrund des plötzlichen Auftretens lässt sich so ein Vorfall bislang schlecht voraussagen. Ein amerikanisches Forschungsteam entdeckte nun eine Methode, mit der das Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen anhand des Herzstoffwechsels vorhergesagt werden kann.
Forschende der Johns Hopkins University School of Medicine (USA) haben festgestellt, dass ein abnormaler Herzstoffwechsel mit einem bis zu dreimal höheren Risiko für lebensbedrohliche Arrhythmien und plötzlichem Herztod verbunden ist. Mithilfe eines MRTs kann der Herzstoffwechsel überprüft werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich im den Fachjournal „JCI Insight“ präsentiert.
Wenn das Herz plötzlich aufhört zu schlagen
Von einem plötzlichen Herztod ist die Rede, wenn das Herz innerhalb weniger Sekunden aufhört zu schlagen und der Blutdruck gegen Null sinkt. Dies kann auch bei Menschen passieren, die noch ein Tag zuvor als vermeintlich gesund galten.
Rund 66.000 Personen in Deutschland sterben pro Jahr an einem plötzlichen Herztod. Die Ursachen für einen solchen kardiovaskulären Vorfall können unterschiedlicher Natur sein. Oft liegt eine koronare Herzkrankheit (KHK) zugrunde.
Erste Methode zur Vorhersagung eines plötzlichen Herztodes
„Wir glauben, dass dies das erste Mal ist, dass ein gestörter Herzstoffwechsel bei Menschen mit einem erhöhten Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen oder plötzlichen Herztod in Verbindung gebracht wurde“, erläutert Studienhauptautor Professor Dr. Robert Weiss.
Die Erkenntnisse eröffnen ihm zufolge einen völlig neuen Ansatz zur Vorbeugung und Behandlung schwerer Herzrhythmusstörungen, den es so in der Kardiologie derzeit nicht gibt.
Jeder zweite kardiovaskuläre Todesfall ein plötzlicher Herztod
Laut der American Heart Association ist der plötzliche Herztod für rund 50 Prozent aller kardiovaskulären Todesfälle in den Vereinigten Staaten verantwortlich. In den USA sterben jährlich mehr als 300.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod.
Implantierte Defibrillatoren können vor Herztod schützen
Das wichtigste Mittel zur Verhinderung des plötzlichen Herztods bei Hochrisiko-Betroffenen ist ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD). Das in die Brust eingesetzte Gerät überwacht kontinuierlich den Herzrhythmus und gibt bei Bedarf Elektroschocks ab, um einen regelmäßigen Herzrhythmus wiederherzustellen.
Doch viele der implantierten Geräte werden eigentlich nicht benötigt. Sie entladen sich kein einziges Mal, berichtet Studienerstautor Dr. T. Jake Samuel. Das Einsetzen der Defibrillatoren sei allerdings mit einem gewissen Risiko sowie mit enormen Kosten verbunden.
Daher bestehe ein großer Bedarf an neuen und nicht-invasiven Ansätzen, um besser einschätzen zu können, wer wirklich ein ICD benötigt und wer nicht.
Wie funktioniert der neue Ansatz
Im Rahmen der Studie hat die Arbeitsgruppe der Johns Hopkins University den Gehalt an Adenosintriphosphat (ATP) in den Herzen von 46 Teilnehmenden mit Herzschwäche gemessen. ATP ist die primäre chemische Energiequelle der Zellen.
Die Forschenden haben die ATP-Werte mit einem klinischen Magnetresonanztomographen (MRT) ermittelt. Das Verfahren wurde durch eine Methode namens Magnetresonanzspektroskopie (MRS) verfeinert.
Auf diese Weise konnte das Team feststellen, bei welchen Patientinnen und Patienten der ATP-Stoffwechsel gestört war. Die Teilnehmenden wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich zehn Jahren überwacht. Alle drei bis sechs Monate fand eine Untersuchung statt.
Die Auswertung der Daten zeigt, dass Teilnehmende mit einem niedrigen ATP-Spiegel im Herzen ein dreifach erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod hatten gegenüber Personen mit normalen ATP-Werten.
Bei 80 Prozent war kein ICD erforderlich
„Bei etwa 80 Prozent der Personen mit normalen ATP-Werten im Herzen war in den zehn Jahren des Studienzeitraums nie ein ICD erforderlich“, folgert Samuel. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Personen, die ein ICD benötigen, besser zu identifizieren. Vorher müssten die Erkenntnisse jedoch an einer größeren Gruppe überprüft werden.
Risiko für plötzlichen Herztod besser einschätzbar
„Wir sind begeistert von diesen wirklich neuen Erkenntnissen, die wohl die ersten bei Menschen sind, und glauben, dass sie die Art und Weise, wie Ärzte das Risiko eines plötzlichen Herztodes einschätzen, verändern können“, resümiert Professor Weiss.
Medikamente zum Schutz vor plötzlichem Herztod in Aussicht
„Sobald wir bestätigt haben, dass zwischen Stoffwechsel und plötzlichem Herztod ein Zusammenhang besteht, wollen wir untersuchen, welche Medikamente den ATP-Stoffwechsel erhalten und verbessern und ob sie das Risiko für plötzlichen Herztod verringern können“, erörtert der Forschungsleiter die nun folgenden Schritte. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Johns Hopkins University School of Medicine: Abnormal Heart Metabolism May Predict Future Sudden Cardiac Death (veröffentlicht: 11.07.2022), hopkinsmedicine.org
- T. Jake Samuel, Shenghan Lai, Michael Schär, et al.: Myocardial ATP depletion detected noninvasively predicts sudden cardiac death risk in patients with heart failure; in: JCI Insight (2022), insight.jci.org
- Deutsche Herzstiftung: Alle Fakten zum plötzlichen Herztod (Abruf: 12.07.2022), herzstiftung.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.