Neue Methode spürt krankmachende Darmmikroben auf
Es gibt bereits viele Hinweise darauf, dass Darmbakterien an der Entstehung vieler entzündlicher Krankheiten beteiligt sind. Ein amerikanisches Forschungsteam entwickelte nun eine Methode mit der solche krankmachenden Darmmikroben identifiziert werden können. Dies öffnet die Tür für neue Ansätze bei Adipositas, Lebererkrankungen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Krebs und einigen neurologischen Erkrankungen.
Forschende des Cedars-Sinai Medical Center und des National Institute of Allergy and Infectious Diseases entwickelten eine neuartige Methode, mit der Darmbakterien identifiziert werden können, die an der Entstehung von entzündlichen Erkrankungen beteiligt sind. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Science Translational Medicine“ vorgestellt.
Wenn Darmbakterien die Darmbarriere überwinden
Die Forschenden nutzten ein im Blut vorkommendes Protein, mit dessen Hilfe Darmmikroben aufspürt werden können, denen es gelungen ist, die Darmbarriere zu überwinden. Darmbakterien, die den Darm verlassen, können Immunzellen im ganzen Körper aktiveren, wodurch Entzündungsreaktionen hervorgerufen werden.
Darmbakterien sorgen außerhalb des Darms für Immunreaktionen
Durch die neue Methode ist es nun erstmals möglich, solche Bakterien zu identifizieren. Die Kenntnis über die beteiligten Mikroben stellt die Grundlage für therapeutische Ansätze dar, um chronischen Entzündungen entgegenzuwirken.
„Mikroben, die die Darmbarriere überwinden, verursachen in der Regel Entzündungen und eine Aktivierung des Immunsystems, was die Hauptmerkmale vieler entzündlicher Erkrankungen sind“, bestätigt Studienhauptautor Dr. Ivan Vujkovic-Cvijin.
„Wenn wir verstehen, welche spezifischen Mikroben den Darm durchqueren und bei einer Krankheit Entzündungen verursachen, können wir Methoden entwickeln, um diese Mikroben loszuwerden und die Krankheit zu stoppen“, folgert der Wissenschaftler.
Derzeit kaum Möglichkeiten die Bakterien zu identifizieren
Schon lange wird vermutet, dass das Darmmikrobiom bei entzündlichen Krankheiten eine wichtige Rolle spielt. Wenn bestimmte Darmbakterien die Darmbarriere überwinden, wird dadurch in vielen Fällen eine Überaktivierung des Immunsystems ausgelöst.
Wie die Arbeitsgruppe betont, gibt es derzeit jedoch nur wenige Instrumente, um festzustellen, welche Darmbakterien in der Lage sind, die Darmbarriere zu überwinden.
Neue Methode kann Immunreaktionen auf Darmbakterien nachzuvollziehen
Die Forschenden konnten aus Humanserum-Proben, die aus menschlichem Blutplasma gewonnen werden, alle Immunreaktionen quantifizieren, die durch Darmmikroben verursacht wurden. Auf diese Weise war es erstmals möglich, Immunreaktionen auf alle Darmbakterien im ganzen Körper nachzuvollziehen.
Wie das Forschungsteam unterstreicht, kann durch diese Kenntnis besser verstanden werden, ob und welche Darmbakterien an der Entstehung einer Krankheit beteiligt sind.
Neue Einblicke in das Krankheitsgeschehen
„Bakterien können aus dem Darm in andere Gewebe wandern, mit pleiotropen Effekten, die wir noch nicht vollständig verstanden haben“, fügt Professorin Dr. Suzanne Devkota aus der Arbeitsgruppe hinzu. Aus diesem Grund werden ihr zufolge neue Methoden gebraucht, um das Geschehen einschätzen zu können.
Erste Erfolge der neuen Methode
Bei der Anwendung des neuen Verfahrens fanden die Forschenden bei Betroffenen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bereits mehre Bakterien, die das Immunsystem angegriffen haben. Bei Proben von gesunden Personen konnten solche Immunreaktionen nicht nachgewiesen werden.
Vor allem Darmbakterien vom Typ Collinsella, Bifidobacterium, Lachnospiraceae und Ruminococcaceae waren für die Angriffe auf das Immunsystem verantwortlich.
„Viele der von uns identifizierten Bakterien wurden bisher nicht als mögliche Verursacher dieser Krankheit angesehen“, verdeutlicht Vujkovic-Cvijin.
Neue therapeutische Ziele für zahlreiche Erkrankungen
„Diese mikrobielle Aktivität ist wahrscheinlich relevant für das Fortschreiten der Krankheit und könnte ein praktikables therapeutisches Ziel darstellen“, resümiert der Hauptautor der Studie. Das Team plant nun, die Beobachtungen weiter zu verfolgen, um mehr über die Zusammenhänge zwischen den Darmbakterien und den Immunreaktionen zu erfahren. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cedars-Sinai Medical Center: New method detects gut microbes that activate immune cells (veröffentlicht: 17.08.2022), eurekalert.org
- Ivan Vujkovic-Cvijin, Suzanne Devkota, et al.: The systemic anti-microbiota IgG repertoire can identify gut bacteria that translocate across gut barrier surfaces; in: Science Translational Medicine (2022), science.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.